**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 2. September 2003; 16:44
**********************************************************
Wickel/Glosse:
> Beide nur bescheuert?
OeKOLI gegen AIK: Antisemitismus!
Vor dem heurigen Volksstimmenfest gab es offenbar Zoff: Die KPOe wuerde
anti-imperialistische Politik zensurieren, hiess es. Der KPOe-Bundesvorstand
haette hochoffiziell der AIK (Antiimperialistische Koordination) sowie
anderen Organisationen die Verwendung der offiziellen irakischen Fahne bei
ihren Staenden untersagt. So liessen DHKC, Infoverteiler, Frauenstammtisch
Ottakring, Aug und Ohr, Ast-LFI (ArbeiterInnenstandpunkt) und einige andere
verlauten. Es waere dies ein Nachgeben gegenueber den Antinationalen. Diese
wuerden durch "ihre" Medien "Volksstimme" und "MUND", sowie durch "ihre"
Institution, dem "DOeW" (Dokumentationsarchiv des Oesterreichischen
Widerstandes" Druck auf fortschrittliche Medien ausueben, um
antiimerpialistische Positionen auszugrenzen.
Abgesehen von der Geschmacksfrage der irakischen Fahne am Fest, laesst die
OeKOLI durch Thomas Schmiedinger der AIK noch einiges ausrichten. Sie warne
vor "Mogelpackungen am Volksstimmenfest: auch der rot lackierte Haufen
bleibt innen braun." In ihren Augen waeren das Drumherum der AIK ausgemachte
Parteigaenger des arabischen Faschismus und der islamisch-antisemitischen
Mordbrennerei. Also zuerstmal natuerlich die AIK selbst, dann deren Vorfeld-
und Tarnorganisationen: die Bewegung fuer soziale Befreiung, die
Internationalen Studierenden gegen den Krieg, die RKL, die
Jugoslawisch-Oesterreichische Solidaritaetsbewegung und einige
weltanschaulich verwandte Gruppen wie der Kulturverein Kanafani, der
ArbeiterInnenstandpunkt, die Linkswende und die KOMAK-ML. Auch die KPOe
bekam ihr Fett ab: sie sei selbst tief im nationalbolschewistischen Morast
versunken.
Die Erklaerung, warum dies betrueblicherweise so geschehe, folgt auf dem
Fuss: Die Linken seien auf ihrer Sucht nach Massenwirksamkeit und einfachen
Welterklaerungen auf den Antiimperialismus gekommen. Bekaempft wuerden aber
nicht der Imperialismus als globales, warenfoermiges System von Unrecht und
Ausbeutung, sondern bloss die USA und Israel als Hort des Boesen. Diese
Weltanschauung koenne nicht anders als faschistisch bezeichnet werden. Sei
sich doch gepraegt von Antisemitismus, Nationalismus und plumper
Schwarz-Weiss-Malerei. Gewaltverherrlichung, ein finsterer Kult des Todes
wuerde selbst bei Neonazis offenen Zuspruch finden. Angesichts dieser
Erkenntnisse gelte es: keine Konzessionen der faschistischen
Konterrevolution! Hugh!
Dass die so angesprochene AIK aber auch nicht gerade als die vollkommenen
Unschuldslaemmer der linken Szene zu bezeichnen sind, zeigt ihr Thueringer
Ableger der Campo Antiimperialista vom 21.Mai 2003. Diese reden Klartext:
von entmenschten Schlaechtern des Imperiums und Albanern, die dem
faschistischen Vertreibungsterror gegen ihre serbischen Nachbarn nichts
entgegenstellten. Damit habe der Kampf serbischer Patrioten eine Bedeutung
erlangt, die die ihres eigenen Landes weit uebersteigen wuerde. Am Vidovdan,
dem 28.Juni 2003 und Jahrestag der Schlacht auf dem Amselfeld, wuerden sich
zwar notwendigerweise wenige Serben in Den Haag einfinden, um fuer die
Freiheit und Ehre ihres Volks zu demonstrieren, aber kein Problem. So werde
es wenigstens fuer die Nichtserben Gelegenheit geben zu zeigen, wie gross
die Bedeutung des serbischen Abwehrkampfes der Jahre 1986 bis 2000 sei.
Ein laut Sicht der Ossi-AIK aeusserst ruhmreicher Abwehrkampf, der noch dazu
solche herausragende Persoenlichkeiten hervorgebracht haette wie Slobodan
Milosevic, Vojislav Seselj, Momcilo Krajisnik, Radovan Karadzic, Ratko
Mladic und anderer. Die geistigen Heldentaten der Thueringer einmal auf die
weite Welt angewandt, liest sich das so: die grossen Ergebnisse serbischen
Heldentums wuerden in Form der Zersetzung des Imperiums... laber, laber.
Dieses koenne natuerlich nur geschen, wenn der Untergrundkampf der
Baath-Partei unter Fuehrung von Saddam Hussein (!), der Kampf koreanischer
Wissenschaftler und Techniker um strategische Raketen und Kernenergie und so
weiter und so fort sich daran segensreich beteiligen wuerden. So ganz
zaghaft mag einer ja verstehen, dass so Sprueche fallen wie:
"Nationalistischen Gruppen wurde es moeglich gemacht; auch heute wieder ihre
antisemitische und antiamerikanische Hetze am Volksstimmenfest zu
verbreiten..."
Das Verstaendnis an der Kritik dieser einfachen Sicht der Dinge durch die
Ossi-AIK relativiert sich schnell wieder, fuehrt man sich ebenso platte
Interpretationen der anderen Seite à la Pfeifer zugute: "Die AIK ist
natuerlich begeistert, wenn sich serbische Faschisten der Amerikanisierung
entgegenstellen, sie preist auch solche herausragende Persoenlichkeiten an
wie Slobodan Milosevic, Vojislav Seselj...". Dazwischen wieder der zu Beginn
erwaehnte offene Brief Wohlmeinender an Wolfgang Neugebauer vom DOeW am
12.6.2003, da heisst es etwas distanzierter: Man weise die Gleichsetzung von
Kritik an Israel mit Antisemitismus zurueck. "Diejenigen, die jede Kritik an
Israel verurteilen, schaden Israel damit. Wenn die Solidaritaetsbewegung mit
dem palaestinensischen Volk in Europa eine klare Linie ziehen zwischen ihrem
gerechten Kampf auf der einen und jedweder Art von Ablehnung von Rassismus
und Faschismus auf der anderen Seite ... so ist dies das groesste Geschenk,
das sie dem israelischen Volk machen koennen...". Im uebrigen faenden sie
die AIK vom DOeW einfach ungerecht als boese Antisemiten beurteilt.
Worauf am 3.7. eine Stellungnahme von Neugebauer erfolgt. Kernpunkt war der
Hinweis, dass eine Solidaritaetserkaerung der AIK fuer den jordanischen
Revisionisten Alloush erfolgt sei, einem ueblen Holocaustleugner. Die DOeW
laesst die AIK-Homepage als Beweis auffuehren. Darin steht, Alloushs
Beweggruende "sind vollkommen andere als jede der europaeischen
Revisionisten. Er nimmt das zionistische Argument, der Holocaust wuerde
ihnen das Recht auf Palaestina geben, ernst und begegnet ihnen durch das
Leugnen des Faktums der Judenvernichtung selbst." Mit dieser doch etwas
zynischen Geschichtsaufarbeitung konfrontiert, habe die AIK-Redaktion den
Artikel mit einer Erklaerung zurueckgezogen, "dass wir keine
revisionistischen Positionen dulden." Aber so Neugebauer, die AIK-Homepage
weiter zitierend: "Mit Recht meinten in der Folge Stimmen von arabischer und
antiimperialistischer Seite, dass es eurozentristisch waere, die Dinge so
einfach gleichzusetzen... nicht die Araber seien fuer den Holocaust
verantwortlich...".
Abgesehen von einer zugegebenermassen leichten Belustigung ueber die
beschriebenen Hick-Hacks dieser Polit-Gruppen stellt sich nach kurzer Zeit
Unbehagen ein. Ernsthafte Kritik an Israel und an den militaerischen
Vorgaengen in Palaestina muss fuer Linke moeglich sein - ohne als Antisemit
oder gar Holocaust-Leugner gepruegelt zu werden. Die massive Kritik an Fidel
Castros "Medienpolitik", den hohen Gefaengnisstrafen fuer Dissidenten und
den Hinrichtungen muss ebenso moeglich sein - ohne als unsolidarisch oder
als Nicht-Linker und als Erfuellungsgehilfe der USA gebrandmarkt zu sein.
Die gaengigen Muster erinnern an Infantilitaet und Kindergaerten, sind
jedoch bedrueckend schwarz-weiss: du bist der Antisemit, du bist der
Saddam-Freund! Das eigene Denkvermoegen wird schnellstmoeglich zugunsten der
Gruppe ausgeschaltet und praegt somit den politischen Horizont. In Europa
zwar bloss als elitaere Versuchsanstalt, aber nach diesen Mustern wird in
anderen Breitengraden tatsaechlich munter gestorben. *Fritz Pletzl*
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
eMail redaktion und termine: akin.buero@gmx.at
eMail abo: akin.abo@gmx.at
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin