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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 24. Juni 2003; 11:57
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Lechts und Rinks:

In akin 13/03 (akin-pd 25.4.2003) war ein Offener Brief von
Claudia Volgger (aus dem Widerst@nds-MUND) an die Gesellschaft
fuer bedrohte Voelker - Oesterreich zu lesen, in der diese zu einer
Stellungnahme aufgefordert worden war, weil der Obmann des deutschen
Schwesternvereins Tilman Zuelch einen Preis des als rechtslastig bekannten
Sudetendeutschen Landsmannschaft entgegengenommen hatte.
Nachfolgend die Antwort der GfbV:

> Zu den Vorwuerfen von Claudia Volgger

Ich weise mit aller Entschiedenheit den Vorwurf, die Gesellschaft fuer
bedrohte Voelker (GfbV) unterhalte rechte Verbindungen, zurueck. Ich
verurteile selbstverstaendlich, und da bin ich mir der Zustimmung der
gesamten GfbV-Gemeinde sicher, die abscheulichen Verbrechen des Nazi-Regimes
aufs Schaerfste, und gleichzeitig verurteile ich alle Aussagen - auch die
von VertreterInnen Sudetendeutscher Landsmannschaften oder aehnlicher
Verbindungen, die solche Verbrechen in irgendeiner Weise rechtfertigen.
Gleichzeitig moechte ich aber betonen, dass die GfbV ihr Motto "Auf keinem
Auge blind" sehr ernst nimmt und alle an Minderheiten und ethnischen oder
religioesen Gruppen veruebte Verbrechen verurteilt. Dabei prangert die GfbV
grundsaetzlich ALLE dafuer verantwortlichen Regime, eben auch linke
(sozialistische und kommunistische), an. In diesem Zusammenhang ist auch
festzuhalten, dass hinsichtlich der Opferzahlen die "linken" den "rechten"
Verbrecherregimen um nichts nachstehen bzw. diese sogar uebertreffen. Aus
diesem Grund schaetze ich die Anzahl der verbalen rassistischen Ausfaelle
auch im "linken" Lager sehr hoch ein, denn damit wird ja der Boden fuer die
Verbrechen aufbereitet. Frau Volgger waere daher gut beraten, auch in diesem
Spektrum alle Aussagen diverser Funktionaere auf die Goldwaage zu legen.

In Oesterreich hat die GfbV weder zur FPOe, noch zu rechten bzw.
rechtsradikalen Organisationen Kontakte: Diese Tatsache ist jederzeit
ueberpruefbar. Im Gegenteil: Die GfbV hat z.B. wiederholt die FPOe wegen
auslaender-, minderheitenfeindlicher und rassistischer Politik scharf
kritisiert. Wir waeren auch schlecht beraten, wenn wir das Erbe unseres
verstorbenen juedischen Praesidenten, des renommierten Zukunftsforschers und
engagierten Kaempfers fuer die Menschenrechte, Prof. Robert Jungk, entehren
wuerden.

Was den Anlassfall betrifft, naemlich die Entgegennahme des
Menschenrechtspreises der deutschen Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL) an
den Generalsekretaer der GfbV-D, Tilman Zuelch, moechte ich feststellen:

a) Da ich die Situation in Deutschland nicht so genau kenne, habe ich mich
in der Zwischenzeit naeher informiert. Tilman Zuelch ist als Preistraeger
fuer den Menschenrechtspreis der deutschen SL der Nachfolger der in der
Zwischenzeit verstorbenen Emilie Schindler, der Ehefrau von Oskar Schindler.
Letzterer hat bekanntlich Tausenden Juden das Leben gerettet, indem er sie
dem Zugriff der Nazi-Schergen entzog. Diese Preisverleihung spricht
offensichtlich fuer die Lernfaehigkeit der deutschen SL. Einer Organisation,
die eine solche Entscheidung trifft (naemlich eine Auszeichnung fuer die
Rettung von Juden) kann ich daher beim besten Willen aktuell keine
Nazi-Verherrlichung oder Aehnliches vorwerfen. Auch die Nachfolge von Tilman
Zuelch sehe ich unter diesem Aspekt. Der Generalsekretaer der GfbV-D war
einer der massgeblichsten Initiatoren fuer die Anerkennung der Sinti & Roma
als Nazi-Opfer, er hat stets mit aller Entschiedenheit die Verbrechen des
Hitler-Regimes verurteilt. Bis heute arbeitet er mit juedischen
Organisationen zusammen (z.B. aktuell mit "Jews against Genocide"), und er
steht seit Jahren mit Marek Edelmann (in leitender Funktion beim Aufstand im
Warschauer Ghetto) und insbesondere mit Simon Wiesenthal in engstem Kontakt.
Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Der Vorwurf rechter Verbindungen
der GfbV ist daher auch in diesem Lichte absurd.

Auch in seiner Preisrede hat Tilman Zuelch in keiner Weise den Holocaust
oder sonstige Verbrechen der Nazis verharmlost bzw. Sympathien fuer rechtes
Gedankengut erkennen lassen, sondern im Gegenteil auch hier die Verbrechen
der Nazis in aller Schaerfe verurteilt. Im Bayrischen Fernsehen war
uebrigens am 30. Mai ein Bericht ueber den 54. Sudetendeutschen Tag (mit
80.000 TeilnehmerInnen) zu sehen. Unter anderem wurde dort auf einer
Grossbildleinwand eine Gruss- und Unterstuetzungsbotschaft des Praesidenten
des Europaeischen Parlaments Pat Cox gezeigt. Und es ist ausserdem kein
Geheimnis, dass zahlreiche SPD/CDU/CSU-PolitikerInnen Mitglieder und
Funktionaere in der deutschen SL sind.

b) Die GfbV-Oe wurde uebrigens 1991 fuer Verdienste um die Menschenrechte
von der Dr. Bruno Kreisky Stiftung mit einem Geldpreis ausgezeichnet; also
von einer "linken" Organisation. Kein Medium abseits des linken mainstream
ist dabei auf die groteske Idee gekommen, uns deswegen
"linksradikal-rassistische" Verbindungen oder Aehnliches vorzuwerfen.
Gesetze, Dekrete und Verordnungen bleiben Unrecht, auch wenn die Motivation
zur Erlassung von frueherem Unrecht herruehrt. Jede andere Handhabung waere
absurd (meine bescheidene Meinung als Jurist). Das heisst im Fall der
Benes-Dekrete, dass sie nicht besser oder akzeptabel werden, weil es unter
der Sudetendeutschen Volksgruppe - leider - noch immer Menschen gibt, die
der Nazi-Ideologie nahe stehen oder weil der Kaerntner Landeshauptmann Joerg
Haider, deren Aufhebung fordert (so schraeg hat Frau Volgger argumentiert).
Uebrigens hat auch das Europaeische Parlament die Existenzberechtigung der
Benes-Dekrete fuer nichtig erklaert, da sie mit den Menschenrechtsprinzipien
unvereinbar sind. Und am 19.6. hat selbst die tschechische Regierung die
Erklaerung abgegeben, dass aus heutiger Sicht Vorkommnisse im II.Weltkrieg
inakzeptabel sind und nahm damit offensichtlich Bezug auf die Vertreibung
der Sudetendeutschen.

Hans Bogenreiter, Geschaeftsfuehrer und leitender Redakteur der
Vereinszeitung BEDROHTE VOeLKER (gek.)

Kontakt:
Gesellschaft fuer bedrohte Voelker
Untere Viaduktg.53/7A
A-1030 Wien
Tel+ Fax.: +43/1/503 1336
gfbv.austria@chello.at
http://www.gfbv.at

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Die angesprochene MUND-Redakteurin Claudia Volgger hatte von Hans
Bogenreiter ebenfalls diese Entgegnung erhalten. Daraufhin schickte sie uns
statt einer weiteren Antwort folgende zitatensammlung

> einige belege fuer die "lernfaehigkeit" der sudetendeutschen
landsmannschaft

herr horst rudolf uebelacker ist vorsitzender des witiko-bundes und
bundesvorstandsmitglied der sl. zitate aus seiner rede im rahmen des
sudetendeutschen tages 2002:

zum massaker von lidice:

"Die Reaktionen auf die Ermordung Heydrichs waren vorausberechnet, und sie
fanden auch so statt. Natuerlich. Sollte, muss man sich mal fragen, die
Reichsregierung ein Dankschreiben an die Moerder richten?"

zu den verbrechen sudetendeutscher ss- und wehrmachstangehoeriger:

"Und da gibt's Leute, die sagen, die Sudetendeutschen waren beim Einmarsch
in Prag dabei. Waren sie beim Einmarsch in Prag denn dabei auf
sudetendeutschen Befehl? Nein, sie waren, wenn ueberhaupt, dabei auf
Berliner Befehl. Was hat ein Sudetendeutscher, eine sudetendeutsche
Volksgruppe damit zu tun? Nichts hat der damit zu tun. Und wieso muessen
sich sudetendeutsche Spitzenpolitiker entschuldigen fuer die angebliche -
ich sage angebliche! - Teilnahme von Sudetendeutschen an NS-Verbrechen? Das
ist unerfindlich, und das entspricht nicht ihren Aufgaben, die sie als
Spitzenfunktionaere uebernommen haben. Die sollen in sich gehen und sollen
das ueberpruefen und sollen das kuenftig unterlassen."

zum muenchner abkommen:

"Es ist geradezu eine Notwendigkeit gewesen im Jahre 1938, dass die
Sudetendeutschen die Vereinigung mit Deutschland gewollt und erhalten
haben."

zur annexion der tschechoslowakei durch hitler:

"Uebrigens, ich habe heute gehoert - es hat mich fast vom Stuhl gerissen -
dass Deutschland die Rest-Tschechei annektierte. Die haben noch nichts davon
gehoert, dass es ein selbstaendiger Staat war, der lediglich kein
Kriegsministerium und kein Aussenministerium hatte, dessen er beim
Protektoratsstatus auch nicht bedurfte. Damit war er aussenpolitisch keine
Gefahr, und innenpolitisch lief alles so hervorragend, dass die Londoner
Exilregierung Benes Moerder ausbilden lassen musste und ueber Prag oder in
der Naehe von Prag abspringen lassen musste, um Reinhard Heydrich zu
ermorden, damit endlich etwas Zwist zwischen die Deutschen und Tschechen
kommt".

und zum schluss noch ein zitat des bundesobmanns der sl in oesterreich,
gerhard zeihsel, vormaliger fpoe-landtagsabgeordneter in wien:

"Die seinerzeitige CSR haette Hitlers Eingreifen verhindern koennen, wenn
sie einerseits ihren Versprechen ueber die Behandlung der Deutschen in der
CSR gegenueber der Friedenskonferenz im Jahr 1918 und andererseits der
Autonomieforderung der Sudetendeutschen - wie Italien mit Suedtirol -
nachgekommen waere... die CSR (hat) mit ihrem starren Verhalten Hitler die
Tore geoeffnet, sich als Konfliktloeser einzuschalten". ###


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