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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Mai 2003; 14:49
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Schwulesbisch/FPOe:

> Offener Brief

an die Beratungsstelle COURAGE fuer gleichgeschlechtliche und transGender
Lebensweisen


Werte MitarbeiterInnen von Courage!

Vor einiger Zeit wurde ich eingeladen, dem Unterstuetzungskomitee COURAGE
beizutreten. Ich habe diese Einladung angenommen, da ich die Arbeit von
COURAGE kenne und schaetze und fuer unterstuetzungswert befinde.

Nachdem mir mittlerweile die Namensliste der anderen UnterstuetzerInnen
vorliegt, ziehe ich jedoch mit diesem Schreiben meine Mitgliedschaft in
diesem Unterstuetzungskomitee zurueck.

Ich begruende meinen Austritt aus dem Unterstuetzungskomitee COURAGE wie
folgt:

Als Aktivistin der Lesben- und Schwulenbewegung sowie als oesterreichische
Wissenschafterin und Hochschullehrerin aus dem Fachgebiet der Lesben- und
Schwulenforschung bin ich nicht bereit, Mitglied dieses
Unterstuetzungskomitee gemeinsam mit FPOe-Politikerinnen zu sein. (Dies gilt
im uebrigen auch fuer die Mitgliedschaft von OeVP-PolitikerInnen.)

Ich halte es im Gegenteil sogar fuer ausgesprochen nachteilig und
kontraproduktiv, ausgerechnet mit PolitikerInnen von jenen Parteien
zusammenarbeiten (FPOe und OeVP), die schon in der Vergangenheit zur Genuege
bewiesen haben, dass sie nicht zur politischen Umsetzung lesbisch-schwuler
Anliegen, etwa in den Bereichen der Antidiskriminierungs- sowie
Gleichstellungspolitik, bereit sind. Dies gilt auch dann, selbst wenn
einzelne PolitikerInnen moeglicherweise durchaus glaubhaft beteuern, sich
als Personen fuer unsere politischen Forderungen einzusetzen. Diese
Ueberzeugungsarbeit ist allerdings bislang keineswegs erfolgreich gewesen,
sonst waere Oesterreich nicht immer noch das europaeische Schlusslicht im
Bereich rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von Lesben und
Schwulen.

Ueberparteilichkeit und Ueberkonfessionalitaet implizieren keineswegs
politische Neutralitaet. Meiner Meinung nach sollten gerade wir als
lesbische und schwule AktivistInnen der Bewegung uns davor hueten, eine
Plattform fuer PolitikerInnen zu bieten, die es ihnen ermoeglicht, sich als
liberal, als progressiv, als lesben- und schwulenfreundlich zu
praesentieren, ohne diesen verbalen Absichtserklaerungen entsprechende
Handlungen folgen zu lassen. Fuer meine Entscheidung des Austritts sind
jedoch sehr wohl auch allgemein-politische Gruende wichtig, so die
anti-emanzipatorische Frauenpolitik, die soziale Auspluenderungspolitik und
damit verbunden die Demontage des Sozialstaates und die
Law-and-Order-Politik. Auch hier ziehe ich eindeutige politische
Trennungslinien.

Wenn ich vorab informiert worden waere, welche Personen in bezug auf einen
Beitritt zum Unterstuetzungskomitee gefragt worden sind, waere ich von
vornherein gar nicht beigetreten - aus oben genannten Gruenden.

Ich bin daher nicht bereit, auch nicht im Rahmen des Unterstuetzungskomitees
COURAGE, mit dezidierten politischen GegnerInnen zusammenarbeiten.

*Gudrun Hauer*, Lehrbeauftragte fuer Politikwissenschaft an der Universitaet
Wien (Forschungs- und Lehrschwerpunkte Lesben- und Schwulenforschung sowie
feministische Theorie und Frauenpolitik) und ehemaliges langjaehriges
Vorstandsmitglied der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien



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