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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 13. Mai 2003; 14:36
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Pensionszerform/Regierungskrise:

> Ein flotter Dreier - Ohne Schuessel!


Gusenbauer streckt der FP nicht nur seine, sondern gleich ein paar Haende
aehnlich denkender Sozialdemokraten entgegen. Das Angebot ist unmoralisch,
aber wirksam und Schuessel nicht wirklich so recht. Wie waers, Kollege
Haupt? Jetzt oder nie. So eine Chance wie die Pensionsreform wirds nie
wieder geben, Schuessel zu vertschuessen. Dies einmal oeffentlich und fuer
jeden klar erkennbar im Raum stehen lassend, rumort es in den
Parteizentralen - in allen dreien. Das Grinsen Klestils bei manchen
moeglichen Konstellationen ist leicht vorstellbar und ihm uebrigens zu
vergoennen - der nachfolgende Hoehepunkt der naechsten, vielleicht bald
anstehenden Angelobung, koennte darin bestehen, dass ein eiskalt blickender
Schuessel die Amtsgeschaefte zu uebergeben hat. Vielleicht hoert
Ferrero-Waldner bei dieser Gelegenheit noch ein letztes: "Die Republik dankt
Ihnen natuerlich, Frau Benito". Wie gesagt, das Bild klingt durchaus nett.

Das Beschaeftigungsprogramm der besagten drei Parteizentralen samt ihrer
Organisationen in und ausserhalb des Hohen Hauses scheint somit gesichert:
Die Wende. Aber nicht nur wann, sondern ob und wie und was dann. Wobei die
SP kaum ein Problem dabei haben duerfte. Bundeskanzler Gusenbauer und eine
somit radikal wieder aufgewertete Partei - in der Regierung - tragen fuer
die SPler kaum den Nimbus des Negativen. Zumal die Genossen mit den anderen
beiden Parteien, aber auch mit massgeblichen FP-Kreisen eines friedlich
einen duerfte: der Hass auf Schuessel. Weiters existiert die, wenn auch
nicht besonders mit Lorbeeren umkraenzte Erfahrung einer Zusammenarbeit mit
der FP: 1970 duldete Friedrich Peter die SP-Minderheitsregierung, und von
1983 bis 1986 gabs die Koalition mit Norbert Steger. Aber immerhin - man
hatte bereits was miteinander. Und man ist im Bilde, wie es um die Liebe der
Waehlerschaft zur FP beschaffen ist - naemlich schlecht. Was selbst der
politisch diffusen Anti-Erscheinung Haupt, aber vor allem Prinzhorn und dem
Wahlkaerntner bekannt ist.

Die FP duerfte von der neuen Bettordnung ebenfalls profitieren. Seit Haupt
erscheint sie den Waehlern durch das bedingungslose Unterstuetzen von
Schuessels Haerte zunehmend als Sado und unwaehlbar, die Partei selbst
praktiziert auf dem politischen Parkett seit laengerem Maso-Praktiken und
scheint jede Empfehlung Macchiavellis als das genaue Gegenteil aufzufassen.
Durch die nicht mehr so versteckte, neue Zaertlichkeit mit der SP, koennte
vorerst ihre Reputation beachtlich gesteigert werden. Zu bedenken gibt es
aber die Frage der Abgrenzungs- und Profilierungsmoeglichkeiten der
unseligen Polit-Rabauken. Wohin mit dem fuer die FP unbedingt notwendigen
Populismus? Natuerlich hat niemand Angst, dass ihnen diesbezueglich nichts
einfaellt, nur laesst die Gratwanderung des boesen Krokodils in einer
Dreier-Koalition dieses nur noch viel boeser aussehen. Was der SP nicht
unbedingt andauernde Kopfschmerzen bereiten muss, da sie Haupt und seine
ueblen Konsorten sowieso nur als unangenehme, aber notwendige
Steigbuegelhalter bis zu den naechsten Neuwahlen betrachten duerften.

Das Entstehen der Dreier-Kiste entscheidet sich somit durch die
Teilnahmebereitschaft der Gruenen. Sie haetten gleichermassen zu gewinnen
wie zu verlieren. Mit Recht wuerden sie sich diese voellig neue Praktik sehr
gut und lange ueberlegen. Der Gewinn liegt natuerlich in der
Regierungsbeteiligung, der Verlust in einer kontinuierlichen Zerreissprobe,
da auch die Parteileitung politisch "nicht ganz greifbar" scheint. Die
Hauptfrage duerfte lauten, ob und wie durch Diskussionsprozesse der
Parteibasis und der praesumtiven und bestehenden Waehlerschaft klar gemacht
werden kann, dass dieser Schritt nur Schuessel gewidmet ist. So nach dem
Motto: "ja stimmt, die FP ist nach wie vor das letzte, aber Schuessel ist es
auch - und der waer dadurch gleich samt der ganzen VP weg - somit waer eine
Chance, die meisten restriktiven Schritte der VP-FP-Koalition zu beseitigen.
Bei allen Grauslichkeiten des FP-Gesocks, die VP richtet den weit groesseren
Schaden an." Was uebrigens stimmt. Diese Strategie waer jedoch nur dann
halbwegs erfolgsversprechend zu verkaufen, wenn sie oeffentlich klar und
deutlich definiert wird: "Okay Freunde, wir sind jetzt voll strategisch
unterwegs. Um jenes zu erreichen, tun wir jetzt sogar dies." Ob gerade Van
der Bellen diese Klarheit zuzutrauen ist, steht auf einem anderen
politischen Blatt. Nicht nur angesichts dieses politischen Wagnisses, schon
allein aufgrund ihrer Inhomogenitaet waere die Partei gut beraten, eine
politisch markante Doppelfuehrungsspitze zu installieren. *Fritz Pletzl*



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