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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. April 2003; 19:39
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Glosse/Irak:
> Wie heisst der eigentlich?
Neulich am Wirtshaustisch. Debatte ueber den Irak. Was wissen wir eigentlich
ueber das Land, was wissen wir ueber seine Innenpolitik? Was wissen wir
ueber die Baath-Partei? Was wissen wir ueber Saddam Hussein? Das Ergebnis:
Wir wissen, dass wir nicht viel wissen. Nicht nur deswegen, weil dort eine
Sprache und eine Schrift verwendet werden, die uns gaenzlich fremd sind.
Auch nicht nur, weil selbst unseren serioeseren westlichen Medien Sprache
und Schrift ebenfalls fremd sind. Es ist auch so, dass aus einem Staat, der
keine Opposition in politischen Institutionen und Medien zulaesst, keine
einigermassen brauchbaren Informationen nach aussen dringen koennen -- man
kann nur entweder der Regierung oder der illegalen Opposition glauben, deren
Aussagen wegen der fehlenden offenen Auseinandersetzung so geartet sind,
dass man glauben koennte, sie spraechen ueber zwei verschiedene Laender.
So ist sogar die Antwort auf die laecherlich anmutende Frage: "Wie heisst
Saddam Hussein mit Familiennamen?" unseren Medien nicht so ohne weiteres zu
entnehmen. Sie titulieren ihn immer verkuerzt als "Saddam", aber nennen sie
ihn dabei nicht etwa beim Vornamen? Oder sagen die Iraker -- wie z.B. die
Ungarn -- Familien- und Vornamen in anderer Reihenfolge? Er heisst nicht
"Saddam Ben Hussein" oder "Saddam Ibn Hussein", also nicht "Saddam, Sohn des
Hussein", sondern es gilt wohl doch ein modernes
Vornamen-Familiennamen-Konzept im Irak. Und ein Koenig ist er auch nicht und
er entstammt auch keiner monarchischen Dynastie, was die verkuerzte Nennung
seines Vornamens rechtfertigen wuerde, daher muss wohl sein Familiennamen
"Saddam" sein; schliesslich spricht von unserem Regierungschef auch keiner
als "Bundeskanzler Wolfgang". Und Frau Ferrero-Waldner, die so gerne
"Saddam" sagt, waere doch sicher nicht so unhoeflich, schliesslich wollte
sie wohl auch nicht als "Aussenministerin Benita" tituliert werden.
Andererseits hat im arabischen Raum der Vorname vielleicht doch einen
anderen Stellenwert -- was aber wohl kaum der Beweggrund unserer mit derlei
Feinheiten wenig vertrauten Journalisten und Politiker sein kann, ihn
einfach "Saddam" zu nennen.
Oder heisst er doch "Hussein" mit Nachnamen und "Saddam" hat sich
eingebuergert, um ihn nicht mit dem mittlerweile verstorbenen Koenig Hussein
von Jordanien zu verwechseln? Oder ist "Saddam" einfach so beliebt, weil es
wie eine Kombination von "Satan" und "verdammt" resp. englisch "damned"
klingt?
Die beiden letzteren Vermutungen sind wahrscheinlich der Wahrheit am
naechsten, heisst doch "Saddam" mit vollem Namen: "Saddam Hussein
el-Takriti", wobei el-Takriti der Hinweis auf seinen Geburtsort ist und
Hussein sein Familienname.
Wenn man also seinen Namen verkuerzt, waere es wohl doch ein Gebot der
Fairness, das mit "Hussein" zu tun. Es waere zumindest ein Signal, eine
Kultur, von der wir in Wirklichkeit wohl ueberhaupt keine Ahnung haben,
ernstnehmen zu wollen. Schliesslich redet ja auch kein Nachrichtensprecher
von "US-Praesident George junior" -- obwohl dieser sehr wohl einer Dynastie
entstammt. *Bernhard Redl*
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