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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 1. April 2003; 16:49
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Kommentar:
> Vom Kriege (II)
Es herrscht wieder Empoerung. Verletzte Kinder, getoetete Kinder in den
Nachrichten. Diese "sinnlosen Toten"! Aber ist das alles wirklich so
"sinnlos"? Wenn wir jetzt die zivilen Opfer dieses Kriegs sehen, muss einem
doch auch klar sein, dass das Militaer nicht "sinnlos mordet", denn das
Militaer ist keine Naturkatastrophe ohne Willen, sondern ein zielgerichtete
Organisation. Auch die US-Army bringt nicht absichtlich Menschen um, wenn es
keinem politischem Ziel dient. Entweder "passiert" ihnen das, was, bei aller
Elektronik, der Unabwaegbarkeiten des Krieges und der Unberechenbarkeiten
menschlicher Psyche wegen, kaum vermeidbar ist. Oder es ist schiere Absicht:
Die Rumsfeldsche "Schock und Entsetzen"-Strategie, also ein
demoralisierendes Bombardement, ist ohne zivile Opfer nicht vorstellbar --
im Gegenteil, zivile Opfer sind militaerisch durchaus nicht unerwuenscht.
Soldaten sind darauf konditioniert, "freudig fuers Vaterland zu sterben",
Zivilisten sind viel schneller einzuschuechtern und werden damit zum
Instrument der Destabilisierung des gegnerischen Regimes. Das beste Beispiel
fuer diese Strategie war Hiroshima. Wobei Hiroshima nicht nur zur
Demoralisierung der Japaner diente -- die waren militaerisch schon laengst
am Ende --, sondern auch der uebrigen Welt zeigen sollte: Wir haben den "Big
Stick".
Wuerde eine voelkerrechtlich nicht anerkannte Gruppe so handeln, hiesse man
es "Terror", bei einem Staat heisst es "militaerische Strategie". Doch hier
berichtigt die Etymologie den falschen Massstab: "Terror" kommt vom
franzoesischen Wort "Terreur" ("Schrecken") und bezeichnete urspruenglich
die staatsterroristischen Methoden des postrevolutionaeren Pariser
"Direktoriums". Der Staat verfolgt mit diesem Terror seine Ziele -- ob zivil
oder militaerisch, ob einem wie auch immer begruendeten Rechtsempfinden
genehm oder nicht, das ist fuer die Praxis voellig egal.
Auf der anderen Seite wird das genauso gemacht: Wenn im Irak Offiziere
erschossen werden, die desertieren wollten, ist das logisch. Es ist Krieg,
man hat keine Zeit und keine Ressourcen, sie einzusperren und ihnen einen
ordentlichen Prozess zu machen; Und man muss sichergehen, dass niemand
glaubt, Desertion waere die bessere Alternative. Das ist stinknormales
Kriegsrecht und wer glaubt, dass es anders geht, glaubt wiederum nur den
Propagandisten des sauberen Krieges -- stuenden irakische Truppen vor
Washington, ginge es kampfunwilligen US-Offizieren nicht anders.
Wenn die verteidigende Armee -- aus ihrer Sicht vernuenftigerweise -- nicht
einfach in ihren bekannten Stellungen ausharrt, sondern sich anderswo
Stuetzpunkte schafft, dann werden halt diese Stuetzpunkte bombardiert. Wenn
das in einem Wohngebiet ist, umso besser fuer die Verteidiger, weil sie
wissen, dass in der Welt der angreifenden Partei das Maerchen von den
"militaerischen Zielen" existiert, und sie ein Bombardement propagandistisch
ausnuetzen koennen. Dennoch muss das den angreifenden Militaers egal sein,
denn auch sie muessen ihre militaerische Aufgabe erfuellen.
Es gibt keine Unterscheidung zwischen zivilen und militaerischen Zielen --
wenn man die militaerische Stromversorgung zerstoeren will, muss man das
auch mit der zivilen tun; sonst nehmen sich die gegnerischen Militaers den
Strom von dort. Genauso ist es mit Wasser oder Treibstoff.
Es gibt keine Kriegsverbrechen. Der Krieg ist ein Verbrechen und einmal
abgesehen von der Tatsache, dass auch Kombatanten Menschen sind, deren Leben
etwas wert ist, werden in jedem Krieg auch "zivile Opfer zu beklagen" sein,
wie das immer so schoen heisst.
Es gibt kein "sinnloses Morden" -- es liegt meist ein Interesse daran, zu
morden. Die sinnlosen Morde im Krieg sind oft sehr sinnvoll -- im Sinne des
Moerders. Oder es sind eben "Kollateralschaeden", die halt entstehen, wenn
jemand bei diesem sinnvollem Morden gerade im Weg steht.
Und es gibt kein Recht und Unrecht im Krieg -- so sehr unsere Glaeubigkeit
an Dinge wie die UNO oder den Internationalen Strafgerichtshof dadurch
erschuettert wird: Erlaubt ist, was dem politischen Ziel nuetzt; die Richter
stellt am Schluss der Sieger und der Verlierer sitzt auf der Anklagebank.
Es ist gut, wenn die Medien vom Verbrechen des Krieges berichten, denn ohne
diese Berichte koennte man den sauberen Krieg glatt glauben. Aber sich
deswegen zu empoeren, dass der Krieg nicht sauber ist, heisst, dass man an
die Moeglichkeit eines sauberen Krieges glaubt. Und beim naechsten Mal
erzaehlen uns die selben Militaerfuzzis, die uns schon im letzten Irak-Krieg
und beim Bombardement auf Belgrad und beim Krieg in Afghanistan ihre
praezisen und absolut zivilistenfreundlichen Waffen vorgefuehrt haben,
wieder die selben Luegen.
*Bernhard Redl*
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