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akin-Pressedienst.
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nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 25. Maerz 2003; 17:48
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In eigener Sache:
> Einfach zum Nachdenken
akin und die "Kids"
Bei aller noetigen Skepsis ueber die Sinnhaftigkeit von irgendwelchen Demos
war die aktuelle vom Samstag doch sehr erfreulich. Natuerlich hat sich
niemand - auch nur halbwegs bei Sinnen seiend - erwartet, dass Bush aufgrund
der Manifestationen den Krieg beendet. Die weltweiten Proteste sind von den
kriegstreibenden Parteien einkalkuliert und werden sozusagen als
Beigeraeusch in Kauf genommen. Die Kaempfe wirken dadurch noch um einiges
martialischer, unterstreichen das Grauen und die Macht derer, die das Grauen
verursachen koennen. Dies nimmt nichts von der Bedeutung und der
Legitimation der Friedensdemos - fuer die politische Hygiene im sozialen
Umfeld und in den betreffenden Laendern. Zynisch ausgedrueckt, kommt eine
derartige Eskalation einer politischen Initialzuendung fuer ansonst kaum
politisierbare Kreise und Bevoelkerungsgruppen gleich.
Die jeweiligen Politisierungstrends sind nicht auf die juengste
Zeitgeschichte, also auf Vietnam, Korea oder Prag zu beschraenken. Nach
Belieben lassen sie sich auf die Oktober-Revolution, auf 1848, auf die
Franzoesische Revolution, auf die Hussitenkriege und so fort
zurueckverfolgen. Aeussere Initialzuendungen und/oder soziooekonomische
Umwaelzungen sind stets ein hochwirksames Rezept fuer aktives politisches
Interesse, fuer Engagement. Selbst wenn die Ursachen der jeweiligen
Ereignisse voellig anders geartet sind, in den Auswirkungen auf die Eliten
und auf die demokratischen Institutionen herrschen Uebereinstimmungen. Eine
dieser "Initialzuendungen" hat Wien bei der Demo am Samstag so ziemlich die
groesste Anzahl an SchuelerInnen und Jugendlichen seit etlichen Jahren
beschert. In den bislang relativ politikfreien Zonen der Internet-Chats
tauchen ploetzlich Diskussionen ueber Politik, ueber die USA auf.
Diese Politisierung vieler Jugendlicher erzeugt trendige Radikalitaet, die
sich ohne weiters auf die sonstigen Ereignisse im Inland beziehen kann. Zum
Beispiel, was sich so in der Koalition, im Parlament, im sozialen Bereich,
bei den Umwaelzungen im Arbeitsmarkt abspielt. By the way, sozusagen. Als
Folgeprozess der US-Intervention bieten sich, weltweit einmal in Schwung
geraten, Massendemonstrationen gegen die WTO, gegen die neoliberale
Weltwirtschaftsordnung, gegen die Monopolkonzerne fast zwingend an. In
Oesterreich beschaeftigen sich gerade der oeffentliche Dienst und die
Gewerkschaften intensiv mit den GATS-Auswirkungen. Fast jeder Bereich ist
von massiven Einsparungen betroffen oder zumindest bedroht, die real
eingetroffene Postpostmoderne stellt sich den Jugendlichen in ihrer
Lebensplanung als absolutes Horrorspektakel mit potenzierten Unsicherheiten
dar. Es herrschen Betroffenheit, Unsicherheit, Angst und Wut vor. Die Kids
wissen sehr wohl, worum es geht und was sich abspielt. Und - sie verfuegen
fuer eine noetige Politisierung ueber eine aeusserst guenstige
Voraussetzung: bei den allermeisten herrscht eine tiefe Aversion gegen diese
Regierung vor.
Wir sollten zumindest dabei helfen, die Politisierung nicht in Strohfeuer
verglimmen zu lassen. Was "wir" den Kids jedoch keinesfalls anbieten
sollten, sind paternalistische oder oede Politszene-Herumwichsereien derer,
die das ja schon immer gewusst haben. [Anm.d.Red.: Als abschreckendes
Beispiel siehe "Das Letzte" in dieser Ausgabe.] Wir sollten ihnen Zugang zu
Infrastruktur ermoeglichen, Plattformen, jede Art von Medienmoeglichkeiten -
in ihrer Sprache, in ihren Strukturen, so weit es geht, unzensuriert. Zum
Beispiel koennte die AKIN eine Art Internet-Plattform fuer Jugendliche
eroeffnen. Ueber die noetige Betreuung liesse sich sicher ein Weg finden.
Zumindest waere das Netz fuer die KIDS gratis, prompt und jederzeit
zugaengig. Weiters waere zu ueberlegen, ihnen eine Diskussionsseite der
Papierausgabe der AKIN inhaltlich selbst gestalten zu lassen. Unser einziges
Einschreiten waere nur bei rechtlichen Problemen. Wir koennten die AKIN fuer
Jugendliche wesentlich billiger verschicken und dafuer denjenigen Inhalt der
regulaeren AKIN bedeutend reduzieren, der sie nicht wirklich interessiert.
Die AUGE koennte den Kids nach Bedarf ihren Saal fuer Treffen zur Verfuegung
stellen. Ueber die noetige - dezente - Anwesenheit bei diesen Treffen liesse
sich sicher auch eine regelmaessige Loesung finden. Dieser "Ordnerdienst"
waere sozusagen der Sekretaer der Kids, muesste beim Kopieren helfen, bei
etwaigen Organisationsfragen zur Verfuegung stehen und darauf schauen, dass
das Lokal nicht abbrennt. (Zweimal monatlich wuerd ich dies gern
uebernehmen).
Die diesbezueglichen Fragen an Euch, liebe Leute, lauten:
Einmal prinzipieller Natur: Gibts von der AKIN diesbezueglich Einwaende? Von
der AUGE?
Falls keine triftigen Gruende dagegensprechen: Wer hat Lust, dabei mitzutun?
Wer schreibt gern Briefe und erledigt mit anderen Postverkehr? Wer wuerde
"gern" allfaellige Schnorraktionen starten und sowas wie eine Kassa fuehren?
Und last not least: Wer kann sich vorstellen, dass die KP und die Gruenen
[Anm.d.Red.: gemeint ist wohl gegen Entgelt] und andere Polit-Gruppen mehr
oder weniger regelmaessig ihre Aussendungen oder Mitteilungen der AKIN
beilegen und dadurch das Ueberleben der AKIN ermoeglichen? Gibt's welche,
die das ueberhaupt nicht moegen?
Sollten die prinzipiellen Ausschliessungsgruende geklaert sein, gibt's in
der naechsten AKIN bereits den Termin fuer das erste Treffen.
Infos an: Fritz, Tel: 0676 753 16 16, Mail: fritzP@gmx.at
*Fritz Pletzl*
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> Und es geht doch
Zu Ilse Grusch: "Emotionen und Verstand"
Liebe Ilse, Du hast ja sooo recht, es gibt solchene und solchene, und es ist
gut, wenn sie streiten; und Emotionen sind meist unterschwellig; und mir ist
auch lieber, es gibt eine Opernball-Demo als es gibt keine. Nur, dass
Organisationen von mehr als 15 Personen , die nicht hierarchisch gegliedert
sind, unmoeglich sind, will ich Dir nicht glauben.
Ich weiss nicht, ob die Demonstranten am Bauzaun in Wackersdorf was
durchgesetzt haben, weiss ich nicht, aber in AkIn (Nr. 19/1986 vom 20. 5.
1986) lese ich, es waren mehr als 15; und in Lambach in der Au auch (AkIn
Nr. 4/1996 vom 30. 1. 1996); und beim Frauenfriedenscamp Saalfelden auch
(AkIn Nr. 22/1983 vom 3. 8. 1983), aber das waren lauter Frauen, und die
sind ja angeblich friedfertiger als der Rest der Menschheit.
Aber ueber hierarhische Strukturen und Basisdemokratie wurde in AkIn schon
vor 23 Jahren gestritten: ich zitiere: "Ich glaube nicht, dass ,Eliten' ein
Naturgesetz sind und dem Genossen, der da sagte: ,Autoritaeten gibt es, mit
denen muessen wir leben!' muss ich polemisch kommen: Scheisse, es gibt
Kapitalisten, no na muessen wir mit ihnen leben - aber, bitte, wehren werden
wir uns doch noch duerfen!" (Lidia Brandstaetter in: AkIn Nr. 14/80 vom 9.
4. 1980). Vielleich kann Onkel Freud uns helfen, unsere autoritaeren
Eierschalen einmal von aussen zu betrachten oder, noch besser, sie
abzuwerfen, wuenscht sich, Dir und dem Rest der Menschheit. *Liesl Fritsch*
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