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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. Maerz 2003; 19:06
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Fuenf Jahre "Philosophisches Café" des Aktionsradius Augarten

"Wenn wir um 13 Uhr die absolute Antwort haetten", sagt ein
Diskussionsteilnehmer, "waere das das Ende. Wir braeuchten uns nicht mehr
treffen. Das waere, wie tot zu sein. Tot sein und im Besitz der absoluten
Wahrheit sein ist dasselbe." Um 13 Uhr, nach dreistuendiger Debatte, endet
gewoehnlich das "Philosophische Café", das der Aktionsradius Augarten jeden
letzten Sonntag im Monat veranstaltet.

Die Angst vor der endgueltigen Loesung, so pathetisch formuliert, ist
natuerlich einmal mehr unbegruendet. Universitaetsprofessor Dr. Josef
Rhemann blickt auf die Uhr, versucht, den vormittaeglichen Palaver in
wenigen Saetzen zusammenzufassen und kommt zum Schluss. "Erwartungsgemaess
sind wir wieder nicht zur befuerchteten Antwort auf unsere Frage, was denn
der Mensch sei, gekommen." Ohne fertige Lebensrezepte zum Mitnehmen, aber in
Heiterkeit loest sich die 25koepfige Runde auf. Manche Wortmeldungen haben
auch schon waehrend der Diskussion fuer Spass gesorgt.

Das Philocafé ist kein trockenes Gruebeln - sonst wuerden die Frauen und
Maenner, die immer wieder kommen, laengst andere Sonntagmorgenunterhaltungen
vorziehen. Weil die "Stammgaeste" hier jedesmal auf NeueinsteigerInnen
treffen, die aus neuen Erfahrungswelten kommen, geraet das Debattieren nie
auf eingefahrene Bahnen.

Manche der "Stammgaeste" sind fuenf Jahre dabei. Exakt so alt ist das
"Philosophische Café" des Aktionsradius Augarten in diesen Tagen geworden.
"Es gibt aeltere Philocafés in Wien - aber unseres ist moeglicherweise das
pariserischte", vermutet Philosoph Rhemann, der von Beginn an die Diskussion
moderiert. Pariserisch? Damit ist jener Typ des "Philosophischen Cafés
angesprochen, den der franzoesische Philosoph Marc Sautet 1992 ins Leben
rief. Bis zu seinem Tod im Jahr 1998 moderierte Sautet jede Woche im "Café
des Phares" vor gemischtestem Publikum philosophische Diskussionen ueber
Gott und die Welt. Sautet achtete darauf, dass es weder vorgegebene Themen
noch vorbereitete Einleitungsreferate gab, sorgte fuer ein Klima, das auch
NichtexpertInnen die Lust am Mitreden bewahrte, und aechtete akademischen
Eliteduenkel in diesen Stunden des Austausches. "Intellektualismus waere der
Tod des Philocafés", sagte er.

Auch Josef Rhemann ist, wie Sautet es war, in der ziemlich abgeschlossenen
Welt des akademischen Philosophierens zuhause. Aber er liebt die
Sonntagvormittage, weil er das Debattieren in einem oeffentlich
zugaenglichen Raum auch als Test fuer die universitaere Philosophie
betrachtet. Den TeilnehmerInnen hat er zumindest e i n Wissen voraus: es
gibt kein Thema, das sich nicht philosophisch behandeln laesst. Kein
Philocafé-Besucher braucht deshalb Angst zu haben, dass das Thema, das er
das naechste Mal vorschlagen wird, als unpassend uebergangen wird.

(Aussendung Augustin)

Das naechste und uebernaechste "Philosophische Café" findet im Sperlhof
statt (30.3. und 27.4., 10-13 Uhr, Wien 2, Grosse Sperlgasse 41), ab Mai
steht wieder das renovierte Lokal des Aktionsradius Augarten am Gaussplatz
zur Verfuegung.



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