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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Maerz 2003; 22:49
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Asyl:

> Abschaffung des Asylrechts?

Fluechtlinge, die auf dem Landweg nach Oesterreich kommen (also fast alle,
denn wie sonst kommt man aus Afghanistan oder dem Irak bis hierher?), sollen
vom Asylverfahren ausgeschlossen sein, weil sie ueber sogenannte "sichere
Drittstaaten" kommen.

Bisher hatte der Unabhaengige Bundesasylsenat (UBAS) unsere Nachbarstaaten
Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien und Italien nach sorgfaeltigen
Ermittlungen fuer "nicht sicher" erklaert.

Herr Strasser will nun eine (gesetzlich verankerte!) Liste "sicherer
Drittstaaten" erstellen und Zurueckschiebungen in diese Laender der
rechtsstaatlichen Kontrolle durch den UBAS entziehen.

Wer an der Gruenen Grenze aufgegriffen wird, soll also nach Strassers
Plaenen ohne weiteres Verfahren ins Nachbarland zurueckgeschoben werden.
Bisher war das verboten. Bisher konnten die Fluechtlinge (mit Hilfe der
NGOs) Berufungen an den UBAS erheben. Das wird abgeschafft; der Minister
legt ohne rechtsstaatliche Kontrolle von oben fest, was "sicher" ist.

Rechtsmittel dagegen gibt es nicht mehr. Wer es trotzdem ueber die Grenze,
etwa bis nach Traiskirchen oder sonst in ein "Erstaufnahmezentrum", schafft,
kommt zunaechst in ein "Erstabklaerungsverfahren", das 48 oder 72 Stunden
dauern soll.<%10>

Wenn das Bundesasylamt (das den Weisungen des beruechtigten
Abteilungsleiters Romanoski untersteht!) in dieser kurzen Zeit feststellt,
dass er "keine Chance" hat, soll er abgeschoben werden; Berufungen sollen
keine aufschiebende Wirkung haben - abgesehen davon, dass wahrscheinlich gar
keine Berufungen moeglich sein werden, weil man uns NGOs in diese
"Aufnahmezentren" wahrscheinlich gar nicht reinlassen wird.

Abgewiesene Asylwerber, an die wir nicht rankommen sollen, wird man
vermutlich in Wien einsperren; dort wurde soeben mit Ukas des Innenministers
der Schubhaftsozialdienst abgeschafft und die "Betreuung" der
Schubhaeftlinge einem Herrn Guenter Ecker uebertragen, der wegen seiner
guten Beziehungen zum Innenministerium aus der ganzen NGO-Szene rausgeflogen
war.

Der Schubhaftsozialdienst hatte mit Asyl in Not (und anderen
rechtsberatenden NGOs) gut zusammengearbeitet. Wenn Asylwerber in Schubhaft
sassen und negative Bescheide zugestellt bekamen, konnten sie uns Vollmacht
erteilen; wir erhielten den Akt und konnten Berufungen einbringen. In der
Regel wurden unsere Klienten, sobald die Fremdenpolizei eine Kopie der
Berufung erhielt, auf freien Fuss gesetzt. Auch das soll nun anders sein.

Keine Chance fuer Folteropfer

Die wenigen Asylwerber, die das Glueck haben werden, in ein ordentliches
Verfahren zu kommen, sollen, wie wir hoeren, vor der Berufungsinstanz, dem
Unabhaengigen Bundesasylsenat, nichts Neues mehr vorbringen duerfen
("Neuerungsverbot"): Der UBAS soll nur mehr Verfahrensmaengel der
Erstinstanz feststellen, aber nicht mehr selbst ermitteln duerfen. (Anm. d.
Red.: Eine aehnliche Gesetzesbestimmung im Asylgesetz 1991 des frueheren
Innenminister Loeschnak wurde vom Verfassungsgerichtshof 1994 als
verfassungswidrig aufgehoben.)

Fluechtlinge, die dem Tod entronnen sind, die gefoltert wurden, die
traumatisiert sind, koennen aber meist nicht sofort nach ihrer Ankunft
erzaehlen, was ihnen widerfahren ist; es bedarf sorgfaeltiger Betreuung
durch erfahrene NGOs, durch Aerzte und Psychologen, bis sie imstande sind,
ueber ihre Leiden zu berichten.

Das soll kuenftig nicht mehr moeglich sein; was nicht schon bei der ersten
Einvernahme, unter Schock, im Trauma, ohne Beratung und Betreuung
vorgebracht wird, soll auch im Berufungsverfahren nicht mehr gesagt werden
duerfen.

Alle das spricht einem fairen, rechtsstaatlichen Verfahren Hohn. Wir NGOs
werden diese Massnahmen des schwarz-blauen Regime mit aller unser Kraft
bekaempfen.

Wir haben die schlimmen Jahre unter Loeschnak und Matzka ueberstanden und
vielen unserer Klientinnen und Klienten geholfen, diese schwierige Zeit zu
ueberstehen. Wir werden auch das jetzt ueberstehen.

Aber es wird hart werden. Wir rufen alle demokratischen Kraefte in
Oesterreich und Europa auf, in diesem Kampf an unserer Seite zu stehen.

*Michael Genner, Asyl in Not*



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