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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Februar 2003; 17:49
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Letzte Worte:
> Eine neue Qualitaet
Die Auseinandersetzung innerhalb der Linken um die Fragen
Israel-Palaestina-Konflikt, Irak-Krieg und kommende Opernballdemo werden
langsam unertraeglich. Von der sich als antiimperialistisch verstehenden
Seite wird die Opernballdemo auch als Demo gegen den US-Imperialismus
gesehen. Da ist natuerlich auch die Palaestina-Debatte nicht weit und so
wird in den verschiedenen Aufrufen zur Demo implizit oder explizit auch die
israelische Regierungspolitik kritisiert. Das nehmen wiederum andere Kreise
als Grund, den Aufrufenden Antisemitismus vorzuwerfen.
Dieser Konflikt verstopft mittlerweile viele Diskussionskanaele der Linken
mit langatmigen, aber wenig differenzierten Auseinandersetzungen -- wer
beispielsweise den Mail-Dienst "Widerst@ndsMUND" liest, bekommt das fast
taeglich vor Augen gefuehrt.
Solange aber diese Dinge nur im Internet ihre Publikation fanden, herrschte
eine gewisse "Waffengleichheit" zwischen den beiden Parteien. Neulich
durften wir aber im "Standard" folgendes lesen:
"Von einer neuen Qualitaet im Zusammenhang mit der wieder erwarteten
Opernballdemonstration spricht Heribert Schiedel vom Dokumentationsarchiv
des oesterreichischen Widerstands in Wien. Ein Schulterschluss zwischen
Teilen der rechts-und der linksextremen Szene am 27. Februar scheint fuer
Schiedel moeglich.
Ich wuerde nicht ausschliessen, dass sich Rechte in die Demo einschleusen,
besonders, wenn ein Krieg gegen den Irak bereits laeuft, meint der Experte.
Denn die USA und Israel seien fuer die Extremisten beider Seiten ein
Feindbild. Wobei die Linke gespalten ist, die Mehrheit lehnt den
Anti-Israel- Kurs ab.
Bisher sei dieses Phaenomen in Oesterreich noch nicht beobachtet worden, in
Deutschland gibt es dagegen schon laenger Bestrebungen in diese Richtung.
Nun ist aber auf einer Internetseite von Rechtsextremen ein mit Pseudonym
gezeichneter Beitrag erschienen, in dem recht deutlich die Positionen linker
Antiimperalisten herausgearbeitet werden - die sich mit jener Rechtsextremer
decken."
Es handelt sich dabei wirklich um eine "neue Qualitaet". Allerdings um eine
neue Qualitaet innerlinker Auseinandersetzung. Denn wenn der
Standard-Bericht einigermassen dem Gesagten entspricht, wird hier mit dem
Verweis auf die Autoritaet des DOeW die radikale Linke mit der radikalen
Rechten amalgamiert -- und das ist kein guter Stil.
Denn das Nazis bei Opernballdemos auftauchen, ist nun wirklich nichts Neues.
Das war schon Ende der 80er-Jahre der Fall und passierte immer wieder.
Allerdings war auch damals nie von einem Schulterschluss zu reden gewesen,
weil Faschisten regelmaessig in dem Moment, in dem sie sich durch
Aeusserungen oder Kleidung deklarierten, genoetigt sahen, hinter der
naechsten Polizeikette in Deckung zu gehen, weil sie sonst mindestens ein
paar haertere Watschen bekommen haetten.
Es kam im Laufe der Jahre auch immer wieder vor, dass Nazis zur Demo
aufriefen. Daran konnte man sie aber nur schwer hindern. "Schulterschluss",
wie im Standard-Artikel formuliert, gab es aber nie einen zwischen Linken
und Rechten und es gibt auch diesmal keinen. Jeder, der diese Szene kennt,
weiss das.
Selbst wenn Schiedel also den Begriff "Schulterschluss" nicht selbst
verwendet hat, so muss doch bemerkt werden, dass unseres Wissens weder von
ihm noch vom DOeW eine diesbezuegliche Entgegnung oder Richtigstellung im
Standard, auf der DOeW-Site oder sonstwo stattgefunden hat.
Auch bislang schon wurde von beiden Seiten mit harten Bandagen in dieser
Auseinandersetzung gekaempft. Wenn man aber so etwas in den buergerlichen
Medien und mit dem Rueckhalt eines als antifaschistisch bekannten Instituts
behauptet, sorgt man nicht nur dafuer, dass beim liberalen Buergertum ein
Teil der Linken als verkappte Nazis dastehen, sondern macht man es der
Polizei sehr viel leichter, die gesamte Linke zu kriminalisieren. Und das
muss ja nicht unbedingt sein. *Bernhard Redl*
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