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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Februar 2003; 17:39
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Gefaehrliche Liebschaften/Glosse:

> Stinkefinger und Krawatte

Ueber Wahlmotive und fade Oekos

Ueber die politische Naivitaet massgeblicher Gruenis geistert jetzt seit
Beginn der VP-Gespraeche genug herum. Die Bewertungen gehen von unfassbar
un-ideologisch bis schlicht daemlich. Die Basis ist gespalten,
Landesorganisationen wie Wien lehnen Koalitionsverhandlungen prinzipiell ab,
die Gruenen streiten mit grosser Begeisterung. Der Gedanke liegt nahe, dass
die Bundesparteifuehrung voll bescheuert ist. Aber ist sie das tatsaechlich?
Was waere, wenn sie die "linken Faxen" einfach nur satt hat, da sie schon
laengst ihre Fuehler in die politische Mitte ausgestreckt hat. Bei der VP
gibt's moeglicherweise soviele Waehlerstimmen abzusahnen, dass die
verlorenen Linken nicht so ins Gewicht fallen. Denkt sich moeglicherweise
die Spitze. Mag ja sein.

Bevor darueber zu philosophieren begonnen wird, was die Seele der Gruenen
ist, ob sie eine haben - und ob die vielleicht sogar in Wien beheimatet
ist --, koennte kurz ueberlegt werden, was die Wiener Gruenen nach ihrem
Beschluss jetzt vorhaben: Stillhalte-Abkommen, Business as usual,
wutschnaubend aus der Lindengasse rausstuermen, irgendwelche
Bundesparteifuzzis auf den naechsten Laternen aufknuepfen? Man weiss es
nicht und wird sehen. Eines duerfte klar sein: auch wenn diese Gruenen sich
nicht oeffentlich aeussern und "nur" in die gedankliche Emmigration
getrieben werden, fehlt dieser Partei dann das, wofuer sie ausser dem
oekologischen Bereich hauptsaechlich gewaehlt worden war: Der Widerstand.

Was die VP letztendlich von den Gruenen ueberlassen wird, ist eine Partei
nach Art gruener Mutter Theresa, die liebkosend -- vielleicht mit
Krawatte -- durch die Waelder streift und ansonst die Mistkuebeln nach
sorgfaeltiger Trennung durchschnueffelt. Nein, das ist gemein, natuerlich
wird sie darueber hinaus die Umweltgesetzgebung massgeblich beeinflussen.
Was fuer die Umwelt natuerlich nicht so schlecht sein wird. So nach dem
Motto koennte Schuessel meinen: "Natuerlich, Herr Professor, Sie schauen uns
aber schon darauf, dass das Klima jetzt besser wird, macht uns ja auch
grosse Sorgen -- um das Soziale kuemmern wir uns schon. Hand darauf! Hat mir
uebrigens sehr imponiert, wie Sie Ihre Basis im Griff haben. Ist ja bei uns
in der OeVP schon lange Tradition!"

Was wird mir selbst bei den Gruenen abgehen? Die Proteste, die
Widerstandstradition, das Rotzfreche, die Aufmuepfigkeit. Jemand vor sich zu
sehen, mit dem man sich ueber die Entwicklung der RAF versteht, ohne dies
unbedingt breittreten zu muessen. Das gemeinsame Grinsen ueber die auch nur
angedichtete Gewaltbereitschaft. Das Aufregen ueber soziale und sonstige
Ungerechtigkeiten, die Stinke-Finger-Mentalitaet, das
Anti-Establishment-Verhalten und vieles mehr. Mit van der Bellen sind die
Gruenen von 1968 ausgestiegen, die devote Haltung des EBV vor
Ruecktrittsdrohungen des Herrn Professor ist der Abschied der Gruenen von
dem, was sie waehlbar machte. Sie wurden als solidarisch betrachtet und
trotz ihrer beginnenden Yuppie-Oeko-Faxen trotzdem noch ernst genommen.

Leb wohl, bunter Haufen!
*Fritz Pletzl*



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