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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 19. November 2002; 13:57
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Moderne Zeiten/Das Vorletzte:

> Gerhard Seyfried ein Nazi?

Die Realitaet ist eine Satire auf die Satire

Eine Karikatur mit einem winzigen Hakenkreuz auf seiner Webseite reichte
aus, um einen Durchsuchungsbefehl gegen einen Karlsruher zu erwirken und
seinen Rechner zu beschlagnahmen. Am Mittwochmorgen wurde der 39-jaehrige
von der Hausdurchsuchung ueberrascht: Drei Beamte der Kriminalpolizei
durchsuchten seine Wohnung auf richterlichen Beschluss ohne vorherige
Anhoerung und beschlagnahmten seinen PC. Ihm wurde vorgeworfen, Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen ins Internet eingestellt zu haben. Nach
einer Anhoerung am gleichen Tag bekam der Beschuldigte seinen Rechner
zurueckerstattet.

Offenbar bezog sich die richterliche Anordnung auf eine Karikatur, die der
Beschuldigte auf seiner Privatseite eingebunden hatte. Dieses Diagramm wurde
von dem Berliner Grafiker und Comic-Zeichner Gerhard Seyfried erstellt und
zeigt eine satirische Verknuepfung verschiedenster
Weltverschwoerungstheorien. Zu sehen sind -- in einem Netzwerk gemeinsam mit
"George Bush, The Fuehrer of the Free World", Osama Bin Laden, "Men in
Black", Microsoft, den Aliens und Schroedingers Katze -- auch ein Hakenkreuz
und ein SS-Emblem. Gezeichnet ist das Ganze mit "G.Seyfried" und den
Vermerken "DADA-UNART" sowie "Anti-Conspiracy Conspiracy". Die beiden
Nazi-Symbole in diesem todernsten Diagramm sind nur wenige Pixel gross. Seit
der Veroeffentlichung im August wurde diese Grafik auf vielen Internetseiten
zitiert. Allein von der Webseite des Grafikers wurde sie ueber 20.000 Mal
abgerufen.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Karlsruhe bestaetigte den Sachverhalt
weitgehend. Fuer die Staatsanwaelte sei der Satiregehalt der Seite jedoch
nicht klar ersichtlich gewesen. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, sei
die Justiz auf Grund der Anzeige einer oeffentlich-rechtlichen Koerperschaft
taetig geworden.

Der damals arbeitslose Netzwerkadministrator hatte bereits im August
juristischen Aerger wegen seiner Webseite. Als er bei der Industrie- und
Handelskammer eine Fortbildungsveranstaltung besuchte, veroeffentlichte er
begleitende Informationen und ein Forum fuer Kursteilnehmer. Nach einer
Abmahnung im August wurden die beanstandeten Inhalte aus dem Netz genommen.
An gleicher Stelle erschien spaeter die Seyfried-Karikatur.

Nicht nur online sorgt die Satire fuer Verwirrung bei den deutschen
Strafverfolgern. Wie der Autor Mathias Broeckers berichtet, wurde ein
Exemplar seines Buches "Verschwoerungen, Verschwoerungstheorien und die
Geheimnisse des 11.9." , das eben diese Grafik enthaelt, in einem
Ladengeschaeft des Verlages Zweitausendeins beschlagnahmt.

Jetzt stellt sich nur die Frage, wie etwas aussehen muss, damit es die
Justiz auf Anhieb und zweifelsfrei als Satire erkennt.
(Heise-Newsticker/akin)

Quelle: http://www.heise.de/newsticker/data/jk-14.11.02-011/
Das Corpus Delicti: http://www.seyfried-berlin.de/c-1.JPG


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