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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. November 2002; 15:30
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Irak/USA/Debatte:
> Nieder mit Saddam Hussein!
Warum wir nicht gegen einen Krieg gegen den Irak demonstrieren
Parolen wie "Krieg ist niemals eine Loesung" sind Ausdruck einer
pazifistischen Grundhaltung, die wir nicht teilen koennen und wollen. Nur
die geballte militaerische Schlagkraft der Roten Armee der Sowjetunion,
spaeter auch unterstuetzt durch die glorreichen Piloten der
US-Amerikanischen und Britischen Luftwaffe, waren faehig, den
oesterreichischen und deutschen Barbaren Einhalt zu gebieten. Deshalb
muesste gerade in Oesterreich und Deutschland der Linken bewusst sein, dass
manchmal eben nur Krieg eine Loesung ist. Ein dogmatisches Ablehnen von
Gewalt in jeder Situation kommt hingegen einer Kapitulation vor jenen
gleich, die keinerlei Skrupel vor Krieg und Vernichtung haben.
Nun ist als Konsequenz aus der Notwendigkeit der militaerischen
Niederwerfung des Nationalsozialismus aber auch nicht schon jeder Krieg ein
notwendiger und gerechtfertigter Krieg. Und Saddam Hussein ist auch nicht
Hitler. Allerdings hat Saddam Hussein und die Bath-Partei sehr viel von
Hitler und den NationalsozialistInnen gelernt.
Die ideologischen Stroemungen, aus denen die Bath-Partei Saddam Husseins
hervorging, hatten in den Dreissiger- und Vierzigerjahren des 20.
Jahrhunderts enge Beziehungen zum nationalsozialistischen Deutschland. Sie
fuehrte 1941 einen nationalistischen Putsch unter Rashid Ali durch, dessen
Regierung jedoch von den Britischen Truppen wieder abgesetzt werden konnte.
Bereits in den Vierzigerjahren kam es zu von den arabischen Nationalisten
Pogromen gegen die juedische Bevoelkerung des Irak.
Nach der Revolution der "Freien Offiziere" vom 14. Juli 1958 unter Abd
al-Karim Qasim und Abd al-Salam Arif kam es zwischen dem eher sozialistisch
orientierten Fluegel um Qasim und dem eher panarabisch-nationalistisch
orientieren Fluegel um Arif zu Auseinandersetzungen, zu denen noch das
Draengen der Irakischen Kommunistischen Partei (IKP) kam, moeglichst rasch
ein sozialistisches System im Irak zu etablieren. Die Irakische
Kommunistische Partei war die staerkste KP in der gesamten arabischen Welt.
Die Frage einer sofortigen Vereinigung des Irak mit Aegypten und Syrien
stellte einen der Hauptstreitpunkte zwischen Arif, den Nasseristen und der
nationalistischen Ba'th-Partei auf der einen und Qasim und der IKP auf der
anderen Seite dar. Auch im Irak terrorisierten Banden der Bath-Partei, denen
es aber noch nicht gelang die Macht zu erringen, die Linke und den Rest der
juedischen Bevoelkerung des Landes. Einer dieser kriminellen Bandenfuehrer
war Saddam Hussein.
Qasim, der urspruenglich als Sieger aus diesem Machtkampf hervorging, wurde
schliesslich von einer Allianz arabischer Nationalisten und Bathisten aus
dem Amt geputscht und ermordet. Der urspruenglich unterlegene Abd al-Salam
Arif wurde neuer Praesident des Irak. Unter seiner Regierung wuchs die Macht
der Bath-Partei, in der sich schliesslich Saddam Hussein und der ihm
unterstellte Geheimdienst immer mehr als Machtzentrum durchsetzen konnte.
Als die von Repression und Abwerbung geschwaechte IKP den Versuch unternahm,
in eine von der Bath-Partei gefuehrte Regierung einzutreten, war es fuer sie
bereits zu spaet. Die Reste der Partei durften nur so lange als Marionetten
fungieren, bis Saddam Hussein die alleinige Macht an sich reissen konnte.
Unter seiner Herrschaft wurde die linke Opposition und die kurdischen
Parteien im Nordirak ruecksichtslos verfolgt. Saddam Hussein schaffte es die
groesste Kommunistische Partei der arabischen Welt innerhalb weniger Jahre
fast voellig zu vernichten. Er hatte zwar in den Anfangsjahren einige
wirtschaftliche Erfolge mit der Verstaatlichung des Erdoels zu feiern und
naeherte sich trotz der Verfolgung der KommunistInnen der Sowjetunion an,
wendete sich aber bald wieder den USA zu, deren Unterstuetzung er im
Golfkrieg (1980-1988) gegen den Iran genoss. Die antiiranische Politik der
USA fuehrte dazu, dass sie ihren zukuenftigen Feind selbst mit Waffen
ausruestete. Unterstuetzung kam auch von den meisten Europaeischen Staaten.
Aus der Bundesrepublik Deutschland stammte das Giftgas mit dem Saddam
Hussein kurdische Staedte und Doerfer bombardieren liess.
Das totalitaere System, das Saddam Hussein, sein Takriti-Clan und die
Bath-Partei im Irak errichtet haben, ist nicht nur als "normale Diktatur"
wie Syrien, Turkmenistan oder Kenia, sondern als faschistische Herrschaft zu
beschreiben und als solche zu bekaempfen. Dabei ist vor allem die irakische
Opposition zu unterstuetzen und zu beachten. Einige irakische und
irakisch-kurdische Gruppen arbeiten mit der USA zusammen, der US-Senat hat
vor einer Woche die Finanzierung der militaerischen Ausbildung von 6000
irakischen Oppositionellen gebilligt.
Doch die USA sind an der 30jaehrigen Herrschaft des Bath-Faschismus nicht
ganz unbeteiligt. Mehrfach wurde die Moeglichkeit zum Sturz Sadam Husseins
ausgelassen, mehrfach wurden Aufstaende und Rebellionen im Irak ignoriert.
E ine Friedensbewegung, die nur punktuell gegen die Vereinigten Staaten
auftritt, und auch nur in Faellen, wo es um die Unterstuetzung
faschistischer oder islamistischer Diktaturen wie im Irak, oder Afghanistan
geht, kann nicht ernstgenommen werden.
Antimilitaristische Politik verkommt beim Thema Irak zu einem
ausserparlamentarischen Arm der Standortpolitik der EU, denn es sind die
Interessen der europaeischen und deutschen Industrie, es ist der
Konkurrenzkampf zwischen der EU und der USA, der ueber das Thema Irak auch
von Teilen der Linken mitgetragen wird. Im Einklang mit Gerhard Schroeder
wird ein Ende des Embargos gefordert, und es gibt genuegend Unternehmen die
diese Forderung freundlicherweise schon umsetzen. Es sind Vertreter der FPOe
und befreundete Industrielle, die den Irak bereisten.
Unterstuetzt die Irakische Opposition und ihren Kampf gegen den
Bath-Faschismus!
Fuer den Sturz Husseins und seiner Freunde!
Empfohlene Literatur:
Farouk-Sluglett, Marion u.a.: Der Irakseit 1958, Von der Revolution zur
Diktatur, 1991, Suhrkamp
Kanan Makiya: Republic of Fear: The Politics of Modern Iraq, 1998,
University of California Press
Thomas von der Osten-Sacken u. Aras Fatah (Hg.): Saddam Husseins letztes
Gefecht? Der lange Weg in den III. Golfkrieg, 2002, Konkret Literatur Verlag
*Oekologische Linke (OeKOLI) (gek.)*
***
> Anmerkung der Kuerzerin und Korrektorin:
Liebe Okoli-Menschen! Sicher, wir verdanken unser heutiges Leben in einem
Land, das nicht Nazi-Deutschland ist, der Roten Armee und den Allierten
Truppen. Das heisst aber keineswegs, dass diese Truppen das Problem
"Faschismus" geloest haetten. Sicher, die Opposition gegen jeden
diktatorischen Herrscher ist zu unterstuetzen, klar. Aber Krieg? Ihr
versteigt euch ja nicht grad dazu, die Unterstuetzung von Bushs Politik
gegen die "Achse des Boesen" zu fordern, aber es klingt schon sehr danach.
"Krieg" wird von Bush anders verstanden als von Oppositionellen im
betroffenen Land. Kaum ein Mitglied der irakischen Opposition hat was davon,
wenn Bush Bomben fallen laesst, im Gegenteil, die Unterdrueckung wird
haerter, durch den Aussenfeind hat Saddam Hussein viel mehr Unterstuetzung
als im "Frieden".
"Antimilitaristische Politik verkommt beim Thema Irak zu einem
ausserparlamentarischen Arm der Standortpolitik der EU ...." schreibt ihr.
Also meint Ihr wirklich und ernsthaft, Europa habe sich politisch und
militaerisch ganz auf die Seite der USA zu stellen, oder was? Ich bin
verwirrt. Gehts denn den USA nicht um Wirtschaftsinteressen, sind die denn
an einem wirklich demokratischen oder gar sozialistischen Irak interessiert?
So naiv koennt Ihr doch nicht sein?
Und mir fehlt auch eine genauere Beschreibung der irakischen Opposition. Wer
ist denn das? Es koennt ja sein, dass wir dann militante Islamisten
unterstuetzen, frauenfeindlich bis dorthinaus, oder was irgendwie
nationalistisch-rassistisches, was noch aerger waer als Saddam.
Wie gesagt, ich bin verwirrt durch Euern Artikel. Es ist ein Unterschied
zwischen einer durchaus loeblichen differenzierten Betrachtungsweise, aus
der sich eine Position ergeben kann, die die Welt nicht in Schwarz und Weiss
einteilt, und einem aus dieser Position falsch abgeleiteten Schlingern hin
in die Untiefen des Bellizismus.
Nicht jeder Mensch, der den Krieg gegen den Irak ablehnt, gehoert zu denen,
die "dogmatisch Gewalt ablehnen in jeder Situation". Wenn wer auf mich
schiesst, werd ich mich wehren. Aber den Menschen im Irak Bomben auf den
Kopf zu wuenschen, nur weil sie es nicht schaffen, ihren Diktator
loszuwerden, halt ich doch fuer masslos uebertrieben. *Ilse Grusch*
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