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  Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 24. September 2002; 15:54
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  Asyl/Beamte/Pressefreiheit:
 > Die Hand, die einen fuettert
  
  Innenministerium weigert sich, Foerderung auszuzahlen -- Begruendung: ein
  kritischer Artikel ueber das Bundesasylamt
  
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  Asyl in Not soll im Jahr 2002 vom Europaeischen Fluechtlingsfonds (EFF) --
  dessen Gelder seit einigen Jahren von den nationalen Regierungen verwaltet
  werden -- eine Foerderung in Hoehe von 20.000 Euro bekommen. So lautet der
  Beschluss der Auswahlkommission vom 20.2.2002; das Geld ist zur
  Kofinanzierung unserer (groesstenteils aus Eigenmitteln bezahlten)
  Rechtsberatung fuer Asylwerber bestimmt.
  
  Der Vertrag wurde -- spaet, aber doch -- im Juni 2002 an uns geschickt, von
  uns unterschrieben und retourniert; vom Geld haben wir bis heute nichts
  gesehen. Nun erfuhren wir, das Innenministerium -- genauer gesagt:
  Sektionschef Szymanski -- verweigere die Unterschrift. Es bestehe kein
  Vertrauens mehr zu uns. Man habe naemlich soeben im Internet einen Artikel
  entdeckt, den ich am 25. Dezember 2000 (!) in der elektronischen
  Tageszeitung "MUND" veroeffentlichte.
  
  In diesem Artikel ("Fall des Jahres 2000 - Frau K. hat Asyl") berichtete ich
  ueber das Schicksal einer Frau aus dem Irak, die in Saddam Husseins
  Gefaengnissen jahrelang eingekerkert gewesen, von den Waechtern immer wieder
  vergewaltigt worden war und in der Haft ein Kind zur Welt gebracht hatte,
  das ihr sofort nach der Geburt weggenommen worden war.
  
  Als sie in Oesterreich Asyl beantragte, traf Frau K. auf den Beamten
  Aschauer, der ihren Antrag als "unglaubwuerdig" abwies. In unserer Berufung
  griffen wir Aschauer direkt an und warfen ihm Befangenheit vor. Wir legten
  ein Gutachten eines bekannten Psychotherapeuten vor, der bezeugte, dass Frau
  K. ein Vergewaltigungsopfer sei. Der Unabhaengige Bundesasylsenat (UBAS) -
  die Berufungsinstanz im Asylverfahren - gab unserer Berufung Folge und
  gewaehrte Frau K. Asyl.
  
  Darueber schrieb ich in unserer Weihnachtsaussendung am 25. Dezember 2000
  und berichtete zugleich ueber vier weitere Fluechtlinge, deren Antraege
  Aschauer abgewiesen hatte.
  
  Drei von ihnen erhielten im Berufungsverfahren Asyl (einer nach acht Jahren,
  eine andere nach zehn Jahren quaelender, nervenzermuerbender Wartezeit; der
  dritte war in Schubhaft gesessen, waere beinahe in den Tod geschickt worden
  und kam nur durch Proteste von Asyl in Not, SOS-Mitmensch und Amnesty
  international frei). In diesen Faellen (und so manchen anderen auch) wurden
  Aschauers Bescheide von der Berufungsinstanz fuer rechtswidrig erklaert.
  
  Die vierte Betroffene (eine junge Kurdin, ebenfalls ein schrecklich
  zugerichtetes Vergewaltigungsopfer) hatte das Verfahren nicht abgewartet,
  sondern war in die Tuerkei zurueckgekehrt, wo sie neuerlich verhaftet wurde.
  
  In meinem Rundbrief nannte ich Herrn Aschauer einen "Schreibtischtaeter, wie
  es viele gab in der blutigen Geschichte dieses Landes". Er habe "das Leben
  vieler Menschen zerstoert". Ich schloss den Artikel mit den Worten: "Herr
  Aschauer muss aus dem Bundesasylamt hinaus. Sein Mass ist voll."
  
  Herr Aschauer tut auch immer seinen Dienst. Das Bundesasylamt hat gegen mich
  eine Anzeige wegen "uebler Nachrede" erstattet. Das Innenministerium nimmt
  nun diese Anzeige zum Vorwand, um unsere Foerderung nicht auszuzahlen.
  Sektionschef Szymanski verlangt allen Ernstes, der Artikel ueber Frau K. -
  der im Archiv des "MUND" nachgelesen werden kann -- muesse "aus dem Netz
  genommen werden".
  
  Unser Versuch, Szymanski begreiflich zu machen, dass Asyl in Not - selbst
  wenn wir es wollten -- nicht ins Archiv des "MUND" eingreifen kann, weil der
  "MUND" von uns voellig unabhaengig ist, schlug fehl. Auch dass die 20.000
  Euro zur Foerderung unserer Rechtsberatung und nicht unserer
  Oeffentlichkeitsarbeit bestimmt sind, wollte Szymanski nicht verstehen. Er
  beharrte darauf, nur dann zu zahlen, wenn der Artikel aus dem Netz
  verschwindet.
  
  Herr Szymanski wird lernen muessen, dass er von einem Vertrag, den er uns
  angeboten und den wir angenommen haben, nicht so einfach zuruecktreten kann.
  Unser Anwalt hat ihn aufgefordert, den Betrag binnen vierzehn Tagen zu
  ueberweisen; sonst muessten wir den Rechtsweg beschreiten. Michael Genner,
  Asyl in Not (gek.)
  
  Kontakt: office@asyl-in-not.org
  
  
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