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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 10. September 2002; 14:21
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Linke/Wickel:

> Israel-Palaestina-Debatte demoliert linke Strukturen

Indymedia und MUND besonders betroffen

Die Israel-Palaestina-Debatte droht jetzt zumindest die deutschsprachige
Linke in zwei unversoehnliche Lager zu spalten. Ein Konflikt der schon lange
schwelt, brach diesen Sommer voll auf.

So soll bei einer Demo anlaesslich eines no-border-camps eine Synagoge in
Strassbourg angegriffen worden sein. Was genau passiert ist, laesst sich
aufgrund der im Netz verhandenen Zeugenaussagen kaum rekonstruieren, doch
sollen ein paar Anti-Imps mit Spraydosen bewaffnet die Absicht gezeigt
haben, einen juedischen Tempel verzieren zu wollen. Nach den Berichten war
ein Teil der Angreifer sich vielleicht wirklich nicht bewusst, vor welchem
Haus er stand und wollte einfach nur sprayen gehen. Manche fuehlten sich
wohl auch magnetisch von der Polizeikette und der Ueberwachungskamera am
Haus angezogen. Dennoch scheinen einige tatsaechlich die Absicht gehabt zu
haben, ihren Protest gegen Israel auf der Synagoge anbringen, wurden aber
von einer groesseren Gruppe aus der Demo daran gehindert. Viel duerfte dabei
nicht passiert sein, aber allein, dass dieser Konflikt ausgebrochen ist,
stimmt bedenklich.

Sehr zu leiden unter diesem Konflikt haben aber die Open-Space-Medien. So
hatte vor Monaten die Schweizer Tranche des internationalen
Online-Netzwerkes Indymedia eine Klage von Holocaust-Opfern zu gewaertigen,
die sie wegen auf ihre Homepage geposteten Beitraegen in Wort und Karikatur
verklagten. Zwar wurden die Verfahren mittlerweile eingestellt. Doch es kam
zu einer Ueberflutung der indymedia-Site mit diesbezueglichen
Debattenbeitraegen. Ausserdem fuehrten diese Klagen in der Zuercher
Politikszene zu recht unerfreulichen, auch sehr persoenlichen
Auseinandersetzungen. Schliesslich sah sich die Indymedia-Redaktion
ausserstande, die Site weiterzufuehren. Seit kurzem ist Indymedia-Schweiz
wieder online, aber nach Eigendefinition immer noch "under construction",
was so gemeint ist, dass man neue Strukturen schaffen will, um derartige
Crashs in Zukunft zu verhindern. Wie das aber gehen soll, ohne jegliche
Debatten zum Thema vollends abzuwuergen, scheint den Schweizern selbst noch
nicht klar zu sein.

Durch die internationalen Vernetzung der Indymedia-Centers und natuerlich
auch durch aehnliche Debatten ist mittlerweile auch das IMC Oesterreich
schwer betroffen. Noch scheint hier ein Betrieb machbar, doch der Konflikt
schwelt weiter. Die Gruppe OeKOLI beispielsweise ruft zum Boykott von
Indymedia auf und verbittet sich, Meldungen ihrer Gruppe ins IMC-Netzwerk
weiterzuleiten.

MUND halten

Ganz schlimm erwischt hat es aber hierzulande den Widerst@nds-MUND, die
Mailingliste gegen Schwarz-Blau. Es scheint, dass der MUND noch vor dem
endgueltigen Wegsacken der Koalition schnell sich selber den Garaus machen
wollte. Seit Bestehen des MUNDs laeuft die Diskussion, welche
Debattenbeitraege von beiden Seiten gerade noch akzeptabel seien. Nach einer
Auseinandersetzung ueber eine Berichterstattung der Wiener Zeitung ueber
eine abgebrochene Israel-Diskussionsveranstaltung kam es aber dieser Tage
zum Eklat. Eine Mitarbeiterin des MUND verliess die Redaktion unter
lautstarkem Protest, dass einer der Kombattanten ein Antisemit sei. Der Rest
der Redaktion sah sich daraufhin nicht mehr in der Lage, die Arbeit
weiterzufuehren. Derzeit produziert der MUND nur sogenannte Streikausgaben,
in denen nur mehr Raum fuer die Debatten ueber die Moeglichkeiten und
Unmoeglichkeiten einer Weiterarbeit diskutiert wird. Die Zukunft dieses
Open-Space-Mediums bleibt also ebenfalls ungewiss.

*

Persoenliche Anmerkung: Der Verfasser dieser Zeilen ist ob des Stils dieser
Auseinandersetzung aeusserst betropezt, moechte an dieser Stelle ob der
Aufgeheiztheit der Diskussion aber ausnahmsweise einmal keinen Kommentar
abgeben.

*Bernhard Redl*


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