EU/Initiativen:
> Neutralitaet als Anti-These
Bericht ueber die Konferenz der Plattform "Nein zur EU" gegen das
Europa der Konzerne und Generaele
Rund 60 Leute kamen am 1.Juni ins Linzer Kandl-heim zur
Konferenz. In der Begruessung der Konferenzteilnehmer strich
Gernot Zeiler fuer die Plattform heraus, was auch Motto der
Konferenz war: Ziel ist es, in Oesterreich einen
fortschrittlichen Widerstand "gegen das Europa der Konzerne und
Generaele" zu organisieren. Dafuer soll diese Konferenz ein
erster Startschuss und eine Einladung zur Mitarbeit sein. Im
ersten Teil der Konferenz stand die Bestandsaufnahme der
EU-Entwicklung im Vordergrund.
Erwin Bader betonte, dass die Regierung die Volksabstimmung ueber
den EU-Beitritt nur deshalb gewonnen hatte, weil sie der
Bevoelkerung suggerierte, dass die EU-Mitgliedschaft mit der
Neutralitaet vereinbar sei. Tatsaechlich aber geht die EU in eine
ganz andere Richtung und die Neutralitaet wird seit dem
EU-Beitritt Schritt fuer Schritt ausgehoehlt.
Dies betonte auch Andreas Pecha von der Wiener Friedensbewegung.
"Mit dem Vertrag von Nizza ist die EU zu einem Militaerpakt
geworden, der nun eine eigene Armee aufbaut. Neutralitaet und
EU-Mitgliedschaft sind daher nicht mehr miteinander vereinbar."
Seine Thesen stuetzen sich dabei auch auf Erkenntnisse des
Salzburger Voelkerrechtlers Michael Geistlinger.
Gerald Oberansmayr von der Friedenswerkstatt Linz arbeitete die
Schritte der EU-Militarisierung heraus. "Die EU wird mehr und
mehr zu einer Hochruestungsgemeinschaft. Hauptziel des
EU-Konventes ist es, die Militaerpolitik zu zentralisieren. Am
Ende dieser Entwicklung stehen die europaeische Atombombe und
Militaereinsaetze rund um die Welt. Die EU ist keine Alternative
zur USA, sie ist die Kopie der USA, die mit dem Original in die
neue Supermachtkonkurrenz eintreten will."
Hannes Hofbauer, Historiker und Journalist, beschaeftigte sich
mit der EU-Osterweiterung. Seine Quintessenz: "Die
EU-Osterweiterung ist ein klassisch neokoloniales Projekt: Die
Oeffnung der Guetermaerkte, die Deregulierung der Arbeitsmaerkte
und hemmungslose Privatisierung zerstoeren regionale Kreislaeufe
und heimische Industrien. In Polen etwa sind hunderttausende
Kohle- und Stahlarbeiter vom Verlust ihrer Arbeitsplaetze
bedroht, da die EU rigorose Privatisierungs- und
Schliessungsplaene fordert; Millionen Bauern droht der Verlust
ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlagen."
Werner Murgg, Gemeinderat in Leoben, beleuchtete die konkreten
Auswirkungen der EU auf die Gemeinden. Die EU bringt nicht nur
den Entgang von Einnahmen fuer die Gemeinden und die Unterordnung
unter den Maastricht-Sparzwang, sondern insgesamt den zunehmenden
Verlust der politischen Autonomie und wirtschaftlichen
Gestaltungsmacht der Kommunen. Ab 2005 soll der oeffentliche
Nahverkehr liberalisiert werden. Damit droht sowohl Druck auf die
Kollektivvertraege der Beschaeftigten als auch der Verlust von
Qualitaet fuer die Fahrgaeste. Im Rahmen der GATS-Verhandlungen
der WTO erweise sich die EU-Kommission als Motor der
Deregulierung, um die oeffentlichen Dienstleistungen im
Gesundheits-, Bildungs- und Grundversorgungsbereich zur
Kapitalanlage fuer die transnationalen Konzerne zu machen.
Der Wirtschaftswissenschafter Erwin Weissel bezeichnete die EU
als "Vehikel des Neoliberalismus" und Spielball der grossen
Nationalstaaten. Die Waehrungsunion gruende sich auf eine strikt
monetaristische Politik, es gibt keinen solidarischen
Gewinner-Verlierer-Ausgleich.
Prominente norwegische EU-Gegnerin macht Mut
Die Konferenz diente aber auch dem Gedankenaustausch ueber die
Strategie der EU-Opposition. Besonders wichtig ist dabei die
internationale Vernetzung. Hoehepunkt der Konferenz war die
ermutigende Rede von Helle Hagenau, der Generalsekretaerin der
norwegischen "Nein zur EU"-Bewegung. Die "Nein zur EU"-Bewegung
ist in Norwegen eine richtige Volksbewegung, die waehrend der
Volksabstimmungskampagnen ueber 100.000 Mitglieder organisieren
konnte. Sie arbeitet eng mit den Gewerkschaften und Kirchen, mit
Frauen-, Umwelt- und Friedensbewegungen zusammen. "Wir sind eine
Bewegung gegen das Establishment. Die Menschen unterstuetzen uns,
weil sie sehen, dass die EU schlecht fuer die Umwelt, die
Demokratie und die internationale Solidaritaet ist. Wir wollen
nicht die staendig weitere Zentralisierung der Macht." Die
Bewegung "Nein zur EU" in Norwegen hat bereits zwei
Volksabstimmungen - 1972 und 1994 - gegen einen vom politischen
Establishment forcierten EU-Beitritt gewonnen. "Wir muessen die
Frage des EU-Austrittes auch in Oesterreich enttabuisieren",
forderte daher Franz Stephan Parteder als Redner fuer die
Plattform "Nein zur EU". "Wir lehnen die EU ab, weil sie ein
entscheidendes Hindernis auf dem Weg zu einem sozialen,
demokratischen, oekologischen und friedlichen Europa ist." Fuer
Oesterreich sei, so Parteder, der EU-Austritt von besonderer
Bedeutung. Denn die fortschrittlichen Grundlagen, auf denen die
2. Republik beruht - das Neutralitaetsgesetz mit seiner
Verpflichtung, nie wieder Krieg zu fuehren, der Staatsvertrag mit
seiner Verpflichtung zum Antifaschismus und Anschlussverbot, und
das hohe Ausmass an Gemeinwirtschaft, wie sie in den
Verstaatlichtengesetzen grundgelegt ist - werden durch die EU
systematisch ausgehoehlt und zerstoert.
Viele Ideen fuer Weiterarbeit
In der Diskussion wurden schliesslich eine Vielzahl von Ideen und
Vorschlaegen fuer die Weiterarbeit der Plattform "Nein zur EU"
entwickelt: eine Kampagne gegen die Teilnahme Oesterreichs an der
EU-Armee, die ab kommendem Jahr einsatzbereit sein soll; die
Unterstuetzung der Aktivitaeten gegen den Abfangjaegerankauf und
das Treffen von 30 Kriegsministern Mitte Juni in Wien, Teilnahme
an den Protesten gegen das WEF-Treffen in Salzburg im September.
Beim EU-Gipfel in Kopenhagen in der zweiten Jahreshaelfte will
man dafuer sorgen, dass auch eine kraeftige
Oesterreich-Delegation an den Protestmaerschen teilnehmen wird.
Vor allem will sich die Plattform auf die Auseinandersetzungen im
Gefolge des EU-Konventes im Jahr 2004 vorbereiten. Es muss
verhindert werden, dass Oesterreich unwiderruflich in die
militaerischen Grossmachtplaene eingebunden werde. Denn, so
Parteder abschliessend: "Die Neutralitaet ist die Anti-These zur
aggressiven Grossmachtpolitik". *Plattform Nein zur EU*
Kontakt: Plattform, Waltherstr. 15b, A-4020 Linz; Tel. (0732) 77
10 94, Fax (0732) 79 73 91; nein-zur-eu@servus.at ;
http://www.servus.at/neinzureu ; Die Inhalte der Konferenz werden
in Broschuerenform zusammengefasst. Bestellungen bei der
Plattform
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