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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 14. Mai 2002; 15:00
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Balkan/Frauen:

> Verschleppt und verkauft

Beim Menschenhandel in Ex-Jugoslawien sieht die UNO zumindest zu

Mehr als 200.000 Frauen und Maedchen aus Ost- und Suedosteuropa,
manche erst 14 Jahre alt, werden jedes Jahr in die Prostitution
gezwungen. Insbesondere in den Balkanstaaten, wo ueber 60.000
NATO-Soldaten stationiert sind, werden sie unter unmenschlichen
Bedingungen ausgebeutet. Tausende Frauen werden von den Haendlern
aber auch nach Westeuropa, in den Mittleren Osten und die USA
verkauft.

Zu diesem Ergebnis kommt eine letzte Woche ausgestrahlte
Dokumentation des US-amerikanischen Fernsehsenders MSNBC, fuer
die ein Team mit dem langjaehrigen New York Times
Balkankorrespondenten David Binder vier Monate lang recherchiert
hat. Die Reporter interviewten unter anderem zur Prostitution
gezwungene Frauen in Velesta, einem Ort im Westen Mazedoniens,
nicht weit von der Grenze zum internationalen Protektorat Kosovo.
Dort betreibt der von Interpol als einer der bedeutendsten
internationalen Frauenhaendler gesuchte Bojku Dilaver unter dem
Schutz der offiziell aufgeloesten albanischen Terrororganisation
UCK zahlreiche Bordelle.

Frauen, die aus Velesta fliehen wollten, sollen von Zuhaeltern
ermordet worden sein. Eine Frau, die entkommen konnten, erzaehlte
dem Fernsehteam, dass ihre Klienten unter anderem in Mazedonien
stationierte Soldaten aus Deutschland, Frankreich,
Grossbritannien und USA gewesen seien. Viele der in Velesta und
anderen Orten auf dem Balkan versklavten Frauen kommen aus
Rumaenien, der Ukraine, Bulgarien und Moldawien.

Korrupte Behoerden decken den Handel und verdienen mit. "Zehn
Kriegsjahre auf dem Balkan haben die Region in eine mit
Gesetzlosigkeit und Korruption geplasterte Schmuggelautobahn
verwandelt, die fruehere Feinde verbindet. Bosnische Muslime,
Serben und Albaner legen ihre ethnischen Rivalitaeten bei Seite,
wenn es um grosse Profite geht", stellen die MSNBC-Reporter fest.
Eine herausragende Stellung naehmen albanische Banden ein, bei
den sich Kriminalitaet und politische Forderungen vermischten.
"Ethnisch albanische Rebellen in Kosovo, Mazedonien und
Sued-Serbien - lange die Herren des Drogenschmuggels auf dem
Balkan - sind tief verstrickt in den Menschenhandel, den sie zur
Finanzierung ihrer separatistischen Bewegungen nutzen", erklaeren
die Reporter. Selbst UCK-Chef Ali Ahmeti schliesst vor der Kamera
nicht aus, dass seine Truppe von den Maedchenhaendlern finanziert
wird.

Nachdem die MSNBC-Mitarbeiter den mazedonischen Innenminister
Ljube Boskovski mit den in Mazedonien allgemein bekannten
Vorgaengen in Velesta konfrontierten, setzte dieser die Polizei
in Marsch. Doch die Razzia brachte nur magere Ergebnisse. Die
Bordellbesitzer waren vorgewarnt worden und hatten die Frauen in
die nahegelegenen Waelder gebracht.

In Bosnien-Herzegovina, dem zweiten grossen UN-Protektorat,
schaetzen internationale Organisationen die Zahl der entfuehrten
Frauen auf etwa 5.000. Viele werden in Bordellen in der Naehe der
Kasernen der 21.000 NATO-Soldaten und der 2.100 internationalen
Polizeikraeften festgehalten. Allein in Sarajevo gibt es 40 nur
oberflaechlich als Nachtclubs getarnte Bordelle. Zwar gibt die
UN-Verwaltung wie im Kosovo vor, den Frauenhandel und die
sexuelle Ausbeutung zu bekaempfen. So wurden von der
internationalen Polizeitruppe seit vergangenem August fast
hundert Bordelle geschlossen. Gleichzeitig tauchen aber immer
wieder Anzeichen fuer die Verstrickung von Mitarbeitern der
UN-Verwaltung in das lukrative Geschaeft auf. Wie zuvor im
Kosovo, wurden im Februar zwei internationale Polizisten
suspendiert, weil sie im Frauenhandel involviert waren. *Boris
Kanzleiter, Telepolis / gek.*
 

Quelle: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/12492/1.html

Links:
http://www.msnbc.com/news/725802.asp?0dm=V1BQN
http://www.unmikonline.org/pub/features/fr007.html
http://www.iom.int (Internationale Organisation fuer Migration,
IOM)
 

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