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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 30. April 2002; 15:45
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Der Polizei ist fad und die Justiz hat anderes zu tun:

> Nur zwei Stunden Zeit

Prozess gegen Polizisten mit nervoesem Finger

Von einem Kriminalbeamten erschossen wurde in Wien in der Nacht
vom 19. auf den 20. Mai 2000 Imre B., ein des Suchtgifthandels
verdaechtigter Mann. Der toedliche Schuss soll sich laut
Polizeiangaben beim Oeffnen einer Autotuer versehentlich geloest
haben. Suchtgift wurde bei dem Mann oder in seinem Auto keines
gefunden. In einem Lokal, in dem sich der Mann zuvor aufgehalten
haben soll, sei aber Cannabis sicher gestellt worden, erklaerte
die Polizei.

Die Justiz hatte es ueberhaupt nicht eilig. Widerwillig klagte
der Staatsanwalt "fahrlaessige Toetung" an. Jetzt gibt es einen
Termin fuer die Verhandlung im Bezirksgericht Fuenfhaus: Am 4.
Juni nimmt sich eine junge Richterin zwei Stunden Zeit. (Ihre
Vorgaengerin, die krankheitsbedingt die Akten weitergeben musste,
haette im Jaenner alles in einer halben Stunde erledigen wollen.)
Auf "fahrlaessige Toetung" steht maximal ein Jahr. Bei
"fahrlaessiger Toetung unter besonders gefaehrlichen
Verhaeltnissen" wuerden bis drei Jahre drohen. Aber der Gedanke,
dies anzuklagen, wurde vom Staatsanwalt rasch verworfen.
Verteidiger Werner Tomanek interessieren Milderungsgruende nicht.
Er will einen Freispruch, denn der Todesschuss, so sagt er, sei
"ein Bedienungsfehler" gewesen.: "Der Polizist hat das gemacht,
was er gelernt hat." Er meint damit, sein Mandant habe die Waffe
nicht besser im Griff haben koennen, "weil in Oesterreich nur 250
Schuss pro Jahr vorgeschrieben sind. Mehr Schuesse sind
Privatsache. Und diese mangelhafte Ausbildung kann doch wohl
nicht zu Lasten des Einzelnen ausgelegt werden."

Laut Auskunft der Gruenen steht mittlerweile fest, dass der
Beamte, aus dessen Waffe sich der fuer Imre B. toedliche Schuss
"geloest" hatte, der Sondereinsatzgruppe Kriminaldienst (SEK)
angehoert. Diese Spezialeinheit ist seit 1. Februar 2000 in
Probebetrieb, und duerfte sich derzeit offenbar durch
spektakulaere "Erfolge" beweisen zu wollen. Sie wurde
insbesondere durch die Festnahme von DemonstrantInnen nach der
der 2.-Maerz-Demo (Opernballdemo) durch vermummte SEK-Maenner mit
gezogenen Dienstwaffen bekannt.

Wie das Magazin Falter unter Berufung auf einen "sachkundigen
Informanten" aus Polizeikreisen und einen Zeugen berichtet,
duerfte die Amtshandlung vollkommen anders abgelaufen sein, als
bisher offiziell dargestellt. Der Informant aus Polizeikreisen
wird mit den Worten zitiert: "Da wird den Medien eine Variante
praesentiert, die so nicht stimmen kann ... Glauben Sie mir,
diese Sache stinkt. Der Mann ist nicht so gestorben, wie es die
Polizei schildert. Da wurde gepfuscht. Der Erschossene
sass -linke Schulter links, rechte Schulter rechts- ganz normal
im Auto. Das wird ein ordentliches Nachspiel bei Gericht haben."
Der Zeuge habe die Abgabe des toedlichen Schusses so geschildert:
"Der Polizist hat gesagt: 'Bleib stehen Du Sau', auf das Auto
gezielt und dann abgedrueckt", so der Falter.

Imre B. hinterlaesst zwei Kinder. Deren Anwalt Thomas Prader will
erreichen, dass Oesterreich Unterhalt zahlt. Deshalb gibt es ein
Verfahren vor dem Unabhaengigen Verwaltungssenat (UVS). Wurde
Imre B. durch einen "rechtswidrigen Akt" getoetet, haftet die
Republik. Der UVS blieb bisher untaetig, weil man meinte, nur der
Tote selbst duerfte sich beschweren. Der Verfassungsgerichtshof
musste diese groteske Rechtsansicht korrigieren. (Indymedia,
Kurier, 17.1.02, 19.4.02 / akin)

Links:
http://at.indymedia.org/front.php3?article_id=7410
http://at.indymedia.org/front.php3?article_id=9822
http://www.nadir.org/nadir/periodika/tatblatt/140tod.htm
http://www.no-racism.net/staatsrassismus/20_mai_00_mord.htm
http://archiv.kurier.at/archiv/display.php3?PIC=testtextarch/j200
2/q2/m04/t19/s012/001_001.dcs
 

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