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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. April 2002; 13:45
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Debatte:

> Antisemitische Bilder

Antwort auf Ilse Grusch: "Verboten" (akin 10/02)

Ich erspare den Lesern alle logischen Widersprueche im Artikel
von Ilse Grusch aufzuzeigen. Doch finde ich es interessant, wenn
eine so tapfere Kaempferin fuer Sozialismus und Gerechtigkeit in
ihrem Rundumschlag ein typisch antisemitisches Bild bemueht:
"Auge um Auge, Zahn um Zahn". Es sind hunderte Artikel und viele
Buecher ueber den Unsinn dieser Beschuldigung gegen die Juden
erschienen. Hier will ich nur ganz kurz erlaeutern, warum diese
Beschuldigung vollkommen falsch ist. Seinerzeit, als vor mehreren
tausend Jahren die Bibel entstand, war die Einfuehrung einer
Entschaedigung fuer Schaeden ein riesiger Fortschritt, denn bis
dahin wurde ja der Taeter gleich aus der Welt geschafft. Das
"Auge um Auge" war schon immer als Bild fuer die
Verhaeltnismaessigkeit der Strafe und der zu leistenden
Entschaedigungen zu sehen. Im uebrigen basiert darauf auch die
geltende oesterreichische Rechtsordnung.

Ich finde es aufschlussreich, wenn Frau Grusch Mitteilungen ueber
die Israelitische Kultusgemeinde macht, die vorne und hinten
nicht stimmen. Ich selbst habe vor einigen Monaten eine
Diskussion ueber den Nahen Osten im Juedischen Gemeindezentrum
gehoert, an der John Bunzl und Michel Friedmann teilnahmen und
die von Dr. Ariel Muzicant moderiert wurde. Immerhin gehoert John
Bunzl nicht zu den "Stalinisten" die keine Kritik an der Politik
des Staates Israel ueben. Diese Diskussion wurde diszipliniert
und tolerant durchgefuehrt, und es wuerde die oesterreichischen
Linken ehren, wenn sie immer so diskutieren wuerden. Ich wurde
schon von Linken in Oesterreich bei Diskussionen antisemitisch
angepoebelt. Haette Frau Grusch sich die Muehe gemacht und die
verschiedenen in Wien erscheinenden juedischen Zeitungen,
darunter auch das Blatt der IKG gelesen, dann waere sie zum
Schluss gekommen, dass ueber den Nahen Osten, Israel und die
Palaestinenser durchaus differenziert und kontroversiell
geschrieben wird.

"Schliesslich ist laut Kultusgemeinde - aber auch laut den
UnterstuetzerInnen der Intifada - jeder juedische Mensch dem
Staat Israel verpflichtet. Darum brennen wieder Synagogen." - Es
ist das alte abgedroschene Lied, das Opfer ist schuld. Wenn also
in Europa Synagogen brennen, dann sind die Juden schuld, weil sie
eventuell eine andere Meinung haben in einer politischen Frage.
Auch wenn alle Juden der Welt sich vom Staat Israel und vom
Zionismus feierlich lossagen wuerden, koennte dies die
islamischen Fundamentalisten und gewisse hirnlose Linksradikale
nicht von ihrem Hass gegen Juden abbringen. Doch sollte auch Frau
Grusch sich eine Sache hinter die Ohren schreiben. Als nach dem
Anschluss 1938 in Oesterreich die Juden verfolgt, verfemt,
ausgeraubt und ermordet wurden, da gab es leider in der Regel
keinen proletarischen Internationalismus. Aus Proletariern wurden
sehr bald Arier. Und viele Juden waeren gluecklich gewesen, wenn
sie dem Ruf ihrer oesterreichischen Mitbuerger "Juden nach
Palaestina" haetten folgen koennen. Ich kann mich noch erinnern,
als im Auditorium Maximum der Wiener Uni ueber den Film
"Holocaust" diskutiert wurde und ich darauf hinwies, wie
verzweifelt meine Eltern nach dem Anschluss ein Land suchten, das
bereit gewesen waere uns aufzunehmen und wie gerne sie nach
Palaestina gefluechtet waeren, da wurde ich von einigen
oesterreichischen Linken verspottet.

Wer also sich so wie Frau Grusch darueber beschwert, dass
oesterreichische Juden (mit wenigen Ausnahmen) keine
Antizionisten sind und mit linken Antisemiten (die sich hinter
der Maske von "Antizionisten" verstecken) nichts zu tun haben
wollen, der sollte doch den Rat Kreiskys befolgen: "Lernen Sie
Geschichte". *Karl Pfeifer*


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