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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. April 2002; 13:44
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Der Polizei ist fad...:

> Grossvater-Gedenken

Der Nazi-Aufmarsch am Heldenplatz wurde sehr oesterreichisch
beamtshandelt

Die Wehrmachtsausstellung erregt immer noch hitzige Stimmung im
Lande. Wie auch in Deutschland hatten die Rechten heftigen
Protest dagegen angekuendigt. Etliche antifaschistische
Organisationen hatten zwei Buendnisse gebildet, um die
Nazi-Kundgebung zu verhindern. Laengere Zeit schwirrte das
Geruecht, dass alle Kundgebungen verboten werden sollen. Die
oesterreichische Loesung heisst: Die Polizei ueberlaesst den
Nazis den Heldenplatz und verpruegelt die Antifaschisten.

Aber der Reihe nach: Am Westbahnhof sammelten sich am Samstag,
den 13. April, um 12 Uhr viele, vor allem ganz junge und
demounerfahrene Kids. Auch bei der Oper, dem zweiten Treffpunkt,
war`s nicht viel anders. Der Heldenplatz war zu diesem Zeitpunkt
noch frei zugaenglich und - fast - menschenleer - bis auf ein
kleines Grueppchen von Glatzkoepfen, die ihre Utensilien beim
Reiterdenkmal bewachten.

Die Demo vom Westbahnhof die Mariahilferstrasse entlang war jung,
dynamisch und friedlich. Die Polizei unterliess - vorerst -
jegliche Provokation - und daher gab`s auch keine Wickel.
Irgendwann fusionierten sich die beiden Demos und es wurde
gemeinsam Richtung Ballhausplatz marschiert. Die Polizei hat den
ganzen Platz abgeriegelt - na ja, fast. Alle, die dies wirklich
wollten, fanden einen Weg hinein. Die "Helden" standen wie
aufgefaedelt um das Reiterdenkmal - Bubis um die 16,
glatzkoepfig, Transparente und Tafeln haltend mit: "Grossvater,
wir danken Dir." Die Verantwortlichen hielten sich im
Hintergrund. Als die deutsche Delegation eintraf, wurde sie von
den oesterreichischen Glatzkoepfen stuermisch begruesst. Die
meisten hielten sich an die Order und haben Hakenkreuze und
militaerische Szenebekleidung zuhause gelassen. Der rechte Spuk
war an die hundert Personen stark, ein mickriges Haeufchen
Ewiggestriger - eigentlich beruhigend wenige. Da draussen -
hinter der Polizeibarriere - demonstrierten mindestens 5000 - vor
allem Kids, auf die wir wirklich stolz sein koennen.

Die "Eingesickerten" begannen "Avanti Popolo" zu singen,
zwischendurch gab`s Schreiduelle - die Presse filmte eifrig mit
und die Polizei hielt sich zurueck.

Ploetzlich kam Bewegung in die Polizeireihen, sie stuermten
aufgeregt zum hohen Zaun des Ballhausplatzes, an dem viele Kids
hochgeklettert waren und Losungen wie "Nazis raus" riefen. Mit
Wasserwerfer, vermengt mit Traenengas, begann die Polizei, die
Kids runterzuspritzten. Gleichzeitig wurde die Antifa-Kundgebung
von Polizeieinheiten eingekreist. Ploetzlich, ohne Vorwarnung,
rannten sie in Formationen los und schlugen wahllos Menschen
nieder. Einem siebzehnjaehrigen Maedel mit roten Haaren, sie war
zu langsam unterwegs, wurde von einem "Freund und Helfer" mit dem
Schlagstock ein uebergezogen. Sie war einige Minuten bewusstlos,
die gerufene Rettung hat geschlagene 20 Minuten gebraucht, um
anzuruecken um sie ins Spital zu bringen. An allen Ecken spielten
sich aehnliche Szenen ab. Jetzt begannen die Kids, alles
Greifbare ueber den Zaun - auf die vermummte Polizei - zu werfen.

Niemand verstand, was da eigentlich ablief. Einige der
Demo-Verantwortlichen versuchten, die Kids aus dem Polizeikessel
zu lotsen. Zwischendurch wird die Menge immer wieder mit
Wasserwerfer und Traenengas besprueht.

Wahllos wurden Leute verpruegelt und verhaftet. Ploetzlich
laeutet mein Handy, ein Freund teilt mir mit, dass die Nazis mit
"Sieg Heil" und "Auslaender raus" durch die Kaerntnerstrasse
(wollen die auch keine Touris mehr???) marschieren. Kein Polizist
weit und breit, der sie dran hindert - kein Wunder auch - die
waren ja mit Kids verpruegeln beschaeftigt.

Mit der U3 fuhr der braune Haufen zum Westbahnhof, sammelt sich
dort neu und beginnt, in der aeusseren Mariahilferstrasse Leute
anzupoebeln.

Jetzt wird der Heldenplatz fuer die DemonstrantInnen geoeffnet,
die Aufraeumungsarbeiten beginnen - der Ring ist wieder
Verkehrsflaeche - der Spuk ist vorbei.

Die Berichte im ORF zeigten Jugendliche, die Polizisten mit
Farbbeutel bewerfen und Polizeibarrieren niederreissen, um auf
den Heldenplatz zu gelangen. Kein Bild von den Polizisten, die
auch direkt vor einem ORF-Wagen wahllos Menschen niederpruegeln
und verhafteten. Kein Wort davon, was sich am Ring vorm
Heldenplatz wirklich abgespielt hat - als ob der ORF bei einer
voellig anderen Veranstaltung gewesen waere.

Clevere Menschen von "Radio orange" haben die randalierenden
Nazis verfolgt und von ihnen Aufnahmen gemacht.

Gut, dass es Sender wie Radio orange gibt.

*Renate Sassmann*

***

> Noch eine rechte Demo?

Fuer den 8. Mai (Tag der Kapitulation 1945) planen
Burschenschafter der "Olympia" am Wiener Ring einen Fackelzug zum
Heldenplatz, wo sie ihrer Helden (der "Kriegsgeneration" eben)
gedenken wollen. Aehnliches soll laut http://www.widerstand.com
(sic!) in einer koordinierten Kampagne unter dem Motto "Geht an
die Graeber unserer Soldaten, reinigt und pflegt sie!" an
moeglichst vielen Orten in Deutschland und Oesterreich
stattfinden.

Zuvor soll in Wien eine Podiumsdiskussion zum Thema
"Selbstachtung statt Selbsthass - Neuer Umgang mit der
Zeitgeschichte" stattfinden. Da aber zu dieser nicht nur Ewald
Stadler (FPOe) und Josef Feldner (Kaerntner Heimatdienst),
sondern auch der in Suedafrika lebende Rechtsextremist Claus
Nordbruch eingeladen sind, wurde ihre Abhaltung an der
Universitaet Wien vom Rektor bereits untersagt. Da nicht
ausgeschlossen werden koenne, dass im Rahmen dieser Veranstaltung
rechtsradikale bzw. rassistische Meinungen geaeussert werden, sei
davon auszugehen, dass Protestkundgebungen und
Gegenveranstaltungen abgehalten werden, hiess es dazu in einer
Aussendung der Universitaet zur Begruendung der Untersagung. Die
Aufrechterhaltung der oeffentlichen Sicherheit und Ordnung im
Zuge der Veranstaltung koenne daher nicht garantiert werden.

Ob ueberhaupt und wenn, wo die Veranstaltung stattdessen
stattfinden soll, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Antifaschistischer Widerstand soll sich auf alle Faelle am 8. Mai
2002 um 18 Uhr auf der Uni-Rampe treffen. Wie sich die Polizei
diesmal verhalten wird, bleibt abzuwarten. (akin)

Laufende Infos: http://www.gegennazis.at.tf




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