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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. April 2002; 16:31
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Moderne Zeiten/Wickel:

> Big Brother is watching you - im Flex

Clubkultur in Oesterreich

Als das Chelsea, ein Klub der vor seinem Umzug in die trendigen
U-Bahnstuetzen weithin als "links" verschrien war, und dies durch
allerhand subkulturelles Musikangebot bestaetigte, vor einiger
Zeit Tuersteher anstellte, um "arabische Diebesbanden" vom
Lokalbesuch abzuhalten, war dies sogar dem Falter einen
verwunderten Artikel wert. Doch die Aufregung legte sich schnell.
Der mittels Tuersteher institutionalisierte Rassismus wurde von
den Gaesten begruesst, die nun gut geschuetzt vor "arabischen
Diebesbanden" wie gewohnt ihren Alkohol im Stammbeisl einnehmen.

Ein anderer, ehemals von einem linken Kollektiv betriebener Club,
das Flex, ist da schon einige Schritte weiter. Dort hat man die
Tuersteher schon vor Jahren eingefuehrt, und kurz darauf auch
gleich eine umfassende Videoueberwachung des oeffentlichen Raumes
vor dem Lokal umgesetzt. Die Erklaerung klang damals aehnlich dem
Chelsea: Von bewaffneten, auslaendischen Drogendealerbanden, die
das Flexpersonal attackierten, war da die Rede, im Einklang mit
den Freiheitlichen. Die Kameras waeren also nur zum Schutz der
Gaeste und des Personals, Aufnahmen wuerden angeblich taeglich
geloescht, und es gaebe keine Weitergabe an die Polizei.

Dass das Flex die Staatsmacht gar nicht braucht um seine
Interessen durchzusetzen, beweist es mit seinem neuen
Programmheft: Dort ist unter dem an Kopfgeldjaeger und Lynchmorde
erinnernden Titel "Wanted" ein Foto eines mutmasslichen Diebes
abgebildet, das aus den hauseigenen Ueberwachungsapparaturen
stammt. Das Flex praesentiert sich damit als Tabubrecher Richtung
demokratischen Faschismus: Die Aufhebung der Unschuldsvermutung,
die soziale Stigmatisierung, die hier von Privatunternehmen als
Druckmittel verwendet wird, die Aushebelung rechtsstaatlicher
Prinzipien und der oeffentliche Aufruf zum Denunziantentum lassen
fuer die Zukunft nix gutes erwarten.

Die "Krone" veroeffentlicht ja seit einiger Zeit schon dubiose
Denunziationsapelle; wenn jetzt jeder Wirt seine Zechprellerinnen
zur Fahndung auf die Speisekarte druckt, jede Supermarktkette
ihre Werbezettel mit den Fotos erwischter Ladendiebe garniert,
und die ganze Stadt am Weg zur 3. Republik mit
Ueberwachungskameras und Privatbullen zugeschissen ist, dann kann
der Alternativklub Flex mit Fug und Recht behaupten: "Wir waren
dabei!" Und zwar von Anfang an.

*Oekologische Linke / gek.*
 

Anm. d. Red.: Der Bericht wunderte uns sehr, hatte doch im Flex
letztes Jahr immerhin die Verleihung der Big Brother Awards
stattgefunden. Von der Verwaltung des Flex wurden uns gegenueber
die Tatsachen der Kamera und des Diebesfotos nicht abgestritten,
die moralischen Vorwuerfe allerdings zurueckgewiesen. Eine
ausfuehrliche offizielle Stellungnahme ist uns versprochen
worden. Aller Voraussicht nach werden wir diese naechste Woche
veroeffentlichen koennen.

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