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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 19. Maerz 2002; 19:57
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Papua-Neuguinea:

> Soldaten-Aufstand gegen neoliberalen Ausverkauf

Am Sonntag, den 10.3., uebernahmen Gefreite und Feldwebel der
Armee Papua-Neuguineas die Kontrolle ueber ihre Kaserne sowie die
50.000 Einwohner-Stadt Wewak. Den Offizieren blieb nur die
Flucht.


Dass die Angelegenheit lokal begrenzt bleibt, scheint eher eine
vage Hoffnung der Regierung zu sein. Die Soldaten fordern ein
Ende der Entlassungen in der Armee, den Ruecktritt der Regierung
und ein Ende der neoliberalen Politik.

*

Die Soldaten des 2. Royal Pacific Infantry Regiments hatten in
der Nacht vom 9. auf den 10.Maerz gemeutert, Teile ihrer Kaserne
verbrannt, ihre Offiziere weggejagt, die Waffenkammern
aufgebrochen und eine Reihe von Forderungen an die Regierung
gestellt. Es ist bis jetzt unmoeglich. die genaue Anzahl der
beteiligten Soldaten festzustellen - Australische und Port
Moresby Quellen, die versuchen, die Sache herunterzuspielen,
reden von "48 Raedelsfuehrern"; aber unsere Quellen in Wewak
behaupten, dass fast alle Soldaten und Unteroffiziere der 800
Mann grossen Garnison des 2. RPIR (Royal Pacific Infantry
Regiment) im Aufstand sind.

Ungefaehr 30 Offiziere wurden aus der Kaserne "rausgeworfen".
Einigen unpopulaeren Kommandanten, darunter auch dem Kommandanten
der Moem-Kaserne Oberstleutnant John Rakatani, geschah dies unter
etwas demuetigenden Umstaenden. Zumindest drei Offiziere mussten
ins Meer laufen und wegschwimmen. Sonst wurde den Offizieren (bis
jetzt) keine Gewalt angetan - ausser einigen erlebten
"Schrecken".

Die Soldaten und Unteroffiziere haben durch den Fuehrer der
Parlaments-Opposition, Sir Michael Somare, eine
13-Punkte-"Petition" an die Regierung Morauta geschickt. Die
Hauptpunkte sind:

* Der Ruecktritt der pro-australischen Regierung von Mekere
Morauta und deren Ersatz durch eine provisiorische Regierung bis
zu den im Juni faelligen Wahlen.

* Das sofortige Ende der Entlassungen - die die
Freiwilligen-Armee von 4100 Mann auf ca 1900 verkleinern sollten,
und die, wie manche befuerchten - der Vorwand fuer die totale
Aufloesung der Armee sein koennten. Mit der finanziellen
Unterstuetzung der Australischen Regierung (die der PNG Regierung
zwischen Aus $ 20 und Aus $ 34 Millionen dafuer gezahlt haben
soll), sollte die PNG Armee, der weder die Australische noch die
jetzige PNG Regierung vertrauen koennen, durch eine weit
rechts-stehende Polizei ersetzt werden.
Schon Ende Juni 2001 wurde es klar, dass "auf dieser Armee kein
Verlass" sei. Als die Studenten der Universitaet PNG in Port
Moresby gegen die Weltbank, den IWF, die Privatisierung und den
Ausverkauf des Landes friedlich protestierten, kamen ihnen mehr
als 60 Soldaten zu Hilfe. Die Port Moresby Polizei, von der
Regierung aufgefordert, auf die Studenten zu schiessen,
verweigerte diese Befehle.
Darauf hin wurde eine der Sondertruppen der
"Bereitschafts-Polizei" von Mount Hagen nach Port Moresby
geflogen. Diese Polizei, von Australischen Offizieren trainiert,
bekommt eine zusaetzliche Bezahlung von den auslaendischen
Gruben-Gesellschaften. Am 25. Juni 2001 schossen die
eingeflogenen Bereitschaftspolizisten auf die Studenten sowohl
auf der Strasse als auf dem Uni Gelaende, und toeteten 4
Studenten und eine noch immer unbekannte Anzahl von
Stadt-Bewohnern, die zu den Studenten stiessen. Mehrere Dutzend
Studenten und "andere" wurden z.T. schwer verwundet.

* Eine laengere gerichtliche Untersuchung dieser Vorfaelle endete
im Dezember 2001, aber das Ergebnis dieser Untersuchung blieb bis
heute geheim. Eine der Forderungen der Soldaten ist die
Veroeffentlichung dieser Untersuchung, die, wie man annimmt, die
Morauta Regierung schwer belastet.

* Die Soldaten fordern auch die Entlassung der Weltbank- und
IWF-Berater, die - u.a. - versuchen, ein Land-Register
einzufuehren. Die Dorfbevoelkerung befuerchtet, dass diese
"Registration" die erste Stufe einer Privatisierung des Landes
werden soll, das bis jetzt noch zu 97% in kommunalem Besitz ist.
Diese Registration, sowie auch eine Privatisierung kommunalen
Landes wird von den Welt Bank- und IWF-Beratern fuer "notwendig"
gefunden, weil "sonst keine Investitionen in der Landwirtschaft
moeglich seien".
Fuer die laendliche Bevoelkerung ist dies aber eine Enteignung,
die es den Clans unmoeglich machen wird, Clan-Mitglieder, die
jetzt z.T. schon in den Staedten leben oder auch in der Armee
sind, weiterhin zu unterstuetzen.

*

Obwohl die Morauta-Regierung und die Armee-Fuehrung in Port
Moresby versuchen, die "Sache" als ein "Missverstaendnis" ueber
Entlassungspraemien herunterzuspielen und von einem baldigen Ende
des Aufstandes reden, schaut dies in Wewak ganz anders aus. Die
Soldaten haben auch die Einwohner angesprochen, und erhalten, so
weit man feststellen kann, weitgehende Unterstuetzung gegen die
sehr unpopulaere Regierung. Sie erwarten, dass die Stadt sie mit
Lebensmitteln usw versorgt, und behaupten, dass sie die Besetzung
der Kaserne bis zum Ende der kommenden Wahlperiode, im Juni,
weiterfuehren werden.

Auch in Lae, einer anderen groesseren Provinzstadt, haben
Soldaten der kleineren Igam Kaserne ihre Unterstuetzung der
Meuterei in Wewak bekanntgegeben.

Die grosse Unbekannte bleiben die Soldaten der Murray-Kaserne in
der Hauptstadt Port Moresby. Die Armee Fuehrung behauptete erst,
"alles ist ruhig", aber mittlerweile haben sich einige schon
zumindest verbal engagiert: "Unsere Gruppe vertritt den Grossteil
der Soldaten der Kasernen Taurama und Murray. Wir unterstuetzen
fast alle der Forderungen der Wewaker Soldaten - obwohl wir den
Regierungsruecktritt fuer unnotwendig halten. Schliesslich muss
sich die Regierung ja sowieso im Juni den Waehlern stellen".

Im Maerz 1997 waren die Soldaten der Murray-Kaserne an der Spitze
der damaligen Proteste, die mit dem Rausschmiss der
britisch/suedafrikanischen Soeldner anfingen und mit der
Beseitigung der "Chan"-Regierung, die den Krieg auf Bougainville
nicht aufgeben wollte, endeten.

Brigade General Singarok, damals Armee Chef, der 1997 den Protest
ausloeste, bleibt heute ein wichtiger - aber noch - unsicherer -
Faktor. Quellen in Wewak sagen, er koennte sich mit den Soldaten
der Moem-Kaserne solidarisieren und auch bei den kommenden Wahlen
in Wewak kandidieren.

Die Lage bleibt weiterhin gespannt. (Stand 13.3.2002)

*Sonja Barry, Wewak, PNG und Max Watts, Sydney, AUS*
 

***

Kokosnuesse gegen Traenengas

Nach Informationen der gestrigen Internet-Ausgaben von
PNG-Tageszeitungen, die den Konflikt eher unter "ferner liefen"
abhandeln, herrscht nach Ablauf der Frist, die die Soldaten der
Regierung zu ihrem Ruecktritt gegeben hatten, immer noch der
Status Quo in Wewak. Noch gibt es lediglich kleinere Scharmuetzel
mit Polizeieinheiten, wie zum Beispiel am Sonntag, als einige
Jugendliche, die sich mit den Soldaten solidarisiert hatten, mit
Traenengas eingenebelt wurden, waehrend sich die Polizisten mit
fliegenden Paradeisern und Kokosnuessen konfrontiert sahen.

General Peter Ilau - dessen Ruecktritt ebenfalls eine der
Forderung der Soldaten ist - erklaerte indessen, dass es keine
Amnestie fuer die Aufstaendischen geben werde: "Keine Chance. Das
ist das Militaer. Wir werden das auf militaerische Art
behandeln." *akin*
 
 
 

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