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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. Maerz 2002; 14:51
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"Integration":

> Abschiebung nach 25 Jahren?

Der oesterreichische Staat wird immer cooler. Die geplante
Abschiebung des aus der Tuerkei stammenden, von klein auf in
Oesterreich lebenden Ali A. ist angewandte
Anti-Integrations-Politk. Denn was "von klein auf" bedeutet,
bestimmt die Behoerde...

Ali A., 36 Jahre alt, seine Frau Hasibe und seine 17- bzw.
12-jaehrigen Soehne Murat und Yalcin sind ein Beispiel einer
vollstaendig integrierten Familie. Eines von Tausenden. Die
Soehne sind hier aufgewachsen - "dritte Gastarbeitergeneration".
Ali, der Vater, lebt seit seinem sechsten Lebensjahr phasenweise,
seit seinem elften Lebensjahr ununterbrochen in Oesterreich:
"zweite Gastarbeitergeneration". Alis Vater war in den 70er
Jahren aus dem Gebiet von Antalya nach St.Poelten gekommen -
"erste Gastarbeitergeneration". Eine unerhoert restriktive
Auslegung der Fremdengesetze droht nun die Familie A. zu
zerstoeren. Ein Selbstmordversuch Ali A.s in der Schubhaft und
ein Selbstmordversuch des Sohnes Murat, der seinen Vater nicht
verlieren will, waren die juengsten verzweifelten Akte, sich
gegen das Schicksal aufzubaeumen. Die juristischen Instrumente,
um die Abschiebung zu verhindern (Ali A. wird von RA Dr. Lennart
Binder vetreten) scheinen ausgeschoepft zu sein. Ali A. will sich
deshalb an die Oeffentlichkeit wenden.

Ali A. war 1999 mit dem Gesetz in Konflikt gekommen und
verbuesste eine dreijaehrige Gefaengnishaft. Deshalb wurde gegen
ihn ein Aufenthaltsverbot erlassen. Nach der Strafhaft wurde er
sofort in Schubhaft genommen. Sein Selbstmordversuch am Tag der
Einlieferung - Ali A. schluckte Batterien und Rasierklingen -
fuehrte zu einer Entlassung wegen Haftunfaehigkeit. Zur Zeit
traut sich Ali A. nicht mehr aus seiner Wohnung - jede
fremdenpolizeiliche Kontrolle kann sofort zur Abschiebung
fuehren. Zum Unterschied von seiner Frau und seinen Soehnen,
denen die oesterreichische Staatsbuergerschaft bereits
zugesichert ist, besitzt Ali. A. noch die tuerkische
Staatsbuergerschaft. In der Tuerkei kaeme der Abgeschobene in
Untersuchungshaft und haette mit einer Verurteilung wegen
Fahnenflucht zu rechnen. Sozial gesehen kaeme der Abschiebung
eine Vertreibung ins Nichts gleich - das gilt insbesondere fuer
A.s Soehne, die im Fall einer Mitreise mit dem Abgeschobenen ein
fremdes Land ohne sozialen Anschluss vorfaenden.

Laut Fremdengesetz kann fuer verurteilte Nicht-Staatsbuerger das
Aufenthaltsrecht in Oesterreich bewahrt werden, wenn der
Betroffene sich "von klein auf" im Inland aufhaelt. Laut einem
Bescheid der noe. Sicherheitsdirektion treffe dieses jedoch nicht
auf Ali A. zu. Diese restriktive Auslegung und der Umstand, dass
die Fremdenbehoerde die Zerstoerung eines Familienverhaeltnisses
in Kauf nimmt, wirft ein bezeichnendes Licht auf die
oesterreichische Fremdenpolitik. Der Anspruch der Regierung,
Integrationswilligkeit zu belohnen, sowie ihr Anspruch einer
neuen Qualitaet von Familienfreundlichkeit muessen aber an
Faellen wie Ali A. gemessen werden. *Augustin*

Infos: Tel. 01/ 587 87 90; augustin@aktiv.co.at
 
 

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