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Aussendungszeitpunkt:  Dienstag,  19.02.2002
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ORF/Gruene:

Der Leserbrief von Thomas Herzel gelangte via elektronischer Ausgabe
in den MUND.Dort antwortete alsogleich der angegriffene
Stefan Schennach. Da es ein Leserbrief in der akin war, moechten
wir Euch das nicht vorenthalten:

> Der ORF ist zu wichtig, um ihn der FPOe zu ueberlassen

Zur Kritik von Thomas Herzel an meinen Aeusserungen in den
Salzburger Nachrichten:

Es ist richtig, dass ich meine Freude zum Ausdruck brachte, dass
FPOe-Leute wie der Westenthaler-Intimus Seledec oder der
ehemalige AULA-Redakteur Wehrschuetz nicht in die Fuehrungsetage
des ORF eingezogen sind. Immerhin wurde in den Redaktionen des
ORF fuer den Tag nach der Wahl kolportiert, dass der Tag der
Rache kommen werde und der Ausspruch Haiders, wonach er dafuer
sorgen werde, dass in den Redaktionen nicht mehr gelogen wird,
ist eine massive Bedrohung fuer die Journalisten im ORF, von
denen viele, trotz schwarz-blauer Mehrheit und der Anfaelligkeit
des Unternehmens, Regierungs- politik 'ins rechte Bild zu
setzen', die versuchen, zumindest faire Berichterstattung zu
garantieren. Angesichts der Medienwueste in Oesterreich,
fehlender Gegengewichte zum dominierenden ORF, ist dieses
Unternehmen zu wichtig, um es der FPOe zu ueber- lassen.

Dies soll man nicht verwechseln mit der berichtigten Kritik von
Herzel, dass der ORF sich der, aus der Privatwirtschaft kommenden
Quotendiktatur unterworfen hat. Er muss es aber zum Teil, weil 50
% der Einkuenfte des ORF aus Werbeerloese erzielt werden muessen.
Und fuer die Werbewirtschaft ist die Anzahl der SeherInnen, wie
fuer die Printmedien die Auflage, massgeblich fuer ihre
Einschaltungen. Ich bin ganz bei Herzel, dass die blutruenstigen
US-Action-Filme aus dem Programm ebenso verbannt gehoeren, wie
etwa die dumpfen Soap Operas, diese stumpfsinnigen Serien im
Vorabendprogramm.

Ich bin immer dafuer eingetreten, dass die Auftragsvergabe an die
oesterreichische Film- wirtschaft nicht gekuerzt wird. Durch die
juengst von blau-schwarz beschlossenen Werbebeschraenkungen fuer
den ORF, werden diese dramatisch gekuerzt, wobei gerade heimische
Filme, wie die Klavierspielerin, internationale Preise erzielen.
Das ist eine fatale Entscheidung des ORF, die durch die Kuerzung
der Filmfoerderung noch ver- schaerft wird.

Bezueglich der Millionenshow bin ich anderer Meinung, aber das
ist eine Frage des Geschmacks. Fuer mich ist das eine Art
populaere Volkshochschule, solche Sendung gab es schon immer und
finden offensichtlich grosses Interesse. Da bin ich gegen
Zwangsbeglueckung, denn die GebuehrenzahlerInnen haben auch ein
Recht auf Sendungen, die mir und Herzel weniger gefallen. Das
betrifft auch die Person Zechner und ihre Fernsehinnovationen.
Ist es besser dass 600.000 junge Leute bei RTL die reality show
big brother konsumieren oder via 'Taxi Orange', etwas
anspruchsvoller und origineller, zurueckgeholt wurden?

Ich war anfangs ein strikter Gegner von Taxi Orange, doch dann
habe ich mitbekommen, wie die die Diskussion breitgefaechert in
Familien, innerhalb von Buerogemeinschaften aber auch bei den
Gruenen sich gestalteten. Wenn Fernsehen solche
Diskussionsprozesse ausloest, Herzel und mir waeren
wahrscheinlich andere Fragen und Themen lieber, dann erfuellt
dieses Medium seine Aufgabe. Die Vertraege mit Kirch sind nicht
neu, wurden nicht von Zechner erfunden und schon gar nicht von
ihr allein unterzeichnet, genausowenig wie die Vertraege des ORF
mit Disney oder Warner, aber Herzel hat Recht, dass der ORF in
der Vergangenheit, ein Erbe der Bacher-Arae, mit dem Medienmogul
Kirch zusammen- gespannt und zu einer Abspielstation wurde. Ich
opfere mich nicht, wir mir Herzel unterstellt, dem
quotenphilosophischen Denken unter, schon gar nicht bei der
Kultur, aber ich kann es serioeserweise auch nicht negieren.

Ja, ich bleibe dabei, dass Manfred Jochum der erfolgreichste
Hoerfunkintendant war. Unter Jochum wurde Oe1 ausgebaut und
verstaerkt, Oesterreich International, das blau- schwarz
unbedingt killen wollte und noch immer will, gerettet, der
Jugendsender FM4 installiert und verteidigt. Ausserdem konnten
die RedakteurInnen im Hoerfunk arbeiten, nach dem Prinzipien des
Journalismus. Jochum hat die Wissenschaft gestaerkt. Das ist eine
Leistung und ein Arbeitsklima, das in der Schlangengrube ORF
selten ist. Die Kritik von Herzel bezieht sich offensichtlich auf
Oe3, einem weiteren Sender, der dieser Regierung ein Dorn im Auge
ist, weshalb Oe3-Chef Roscic noch gleich nach der neuen
Machtuebernahme im ORF die Flucht nach vorne antrat. Herzel hat
hier in der Kritik recht, dass auf Oe3, der Anteil heimischer
Musik, in Oesterreich beheimateter Ensembles, denn er kann ja
nicht nur Staatsbuerger- schaftsmusik gemeint haben, beschaemend
niedrig ist. Fuer Oe1, Oe2 und tw. FM 4 sowie Oe-International
geht dieser Vorwurf ins Leere; ein Umstand, der von uns Gruenen
immer wieder und nachweisbar aufgegriffen wurde und wird.

Es ist richtig, dass Plattenfirmen oesterreichisches
Musikschaffen, egal ob klassisch oder modern, ob Jazz oder
Volksmusik, im wesentlichen nur dann ins Programm nehmen, wenn
der ORF diese auch spielt. Hier muss Chancengleichheit und eine
gezielte Foerderung dieses Musikschaffens her. Das ist auch meine
Ueberzeugung.

Daher trete ich nicht als Mediensprecher zurueck, sondern kaempfe
um positive Veraenderungen und fuer eine moeglichst grosse
Unabhaengigkeit des ORF, damit der groesste Medienarbeitgeber
seinen MitarbeiterInnen jene Arbeitsmoeglichkeit bietet, dass
diese innovativ, ohne Hand- und Fussfesseln und im Sinne
gesellschaftlicher Ansprueche auch leisten koennen.

Im uebrigen bin ich der Meinung, dass durch ein
Medienfoerderungsgesetz die freien, nichtkommerziellen Radios
gefoerdert gehoeren und ein Kartellrecht geschaffen wird, dass
rueckwirkend die Medienkonzentration entflechtet. Auch das
gehoert zur Medienpolitik, nicht nur der ORF.

* M@IL  stefan.schennach@gruene.a*
Mediensprecher der Gruenen

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