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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 19.02.2002
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Graz:
>70 000 OeS-Klage wegen Leserbrief
Sozialdemokratischer
Polizeigewerkschafter klagt wegen
oeffentlicher Kritik an
Polizeieinsatz
Mit allen Mitteln versucht man in der Grazer
Polizei offenbar,
oeffentliche Kritik an ihrem Vorgehen zu
verhindern: Ein
Kommandant der Sondereinheit "Taurus" - und
sozialdemokratischer
Gewerkschafter - hat gegen eine Aktivistin
von "Mayday 2000" eine
Klage auf Wideruf und Unterlassung im
Streitwert von 70 000 OeS
eingereicht, weil sie im April 2001
einen Leserbrief in der
"Neuen Zeit" mitunterzeichnet hatte. In
diesem Leserbrief hatten
zwei AktivistInnen von Mayday
Kritik an einem Polizeieinsatz
waehrend einer Wahlveranstaltung
der OeVP geuebt, bei dem es zu
Festnahmen, Uebergriffen und
massiver Behinderung der
Pressearbeit gekommen war. Der
Polizeieinsatz fand anlaesslich
des Auftritts des CDU-Politikers
Stoiber statt, als etwa 15 junge
Leute am Grazer Hauptplatz mit
einem Transparent und ein paar
Zwischenrufen protestierten
und
dafuer teilweise misshandelt, festgenommen und in
Handschellen
weggezerrt wurden. Sowohl ein Aktivist, der
versuchte zu
fotografieren, als auch ein Mitarbeiter von "Radio
Helsinki"
wurden damals von der Polizei gewaltsam an
Dokumentationen
gehindert.
Waehrend der oeffentlichen Verhandlung vor dem
Unabhaengigen
Verwaltungssenat Steiermark, bei dem einige
Betroffene Beschwerde
erhoben hatten, erschien in der "Neuen
Zeit" ein kritischer
Artikel ueber das damalige polizeiliche
Vorgehen. Daraufhin
meldeten sich mehrere Mandatare der
"Fraktion
Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen"
(Sektion
Bundessicherheitswache Graz), darunter auch einer
der
Kommandanten der Sondereinheit, zu Wort und verteidigten
den
Polizeieinsatz gegen die Kritik. Zwei
Mayday-AktivistInnen
antworteten den PolizeigewerkschafterInnen
mit einem Leserbrief,
den die "Neue Zeit" ebenfalls abdruckte: In
diesem Leserbrief
zitierten sie einen Beamten der
"Taurus"-Einheit, den
freiheitlichen Gemeinderat und Funktionaer
der AUF Robert
Bergles, der vor dem UVS ueber seinen Einsatz am
Hauptplatz
ausgesagt hatte: "Ich versuchte ihn [einen
Demonstranten, der am
Boden sass und sich bei anderen festhielt,
Anm.] loszuloesen. Ich
versuchte es mit einem Daumenhebel [weites
Um-und Zurueckbiegen
des Daumens, Anm.], da dies jedoch keinen
Erfolg zeigte, liess
ich davon ab. Danach habe ich eine
beidseitige Nervenpresse
durchgefuehrt [Zusammendruecken von
Nervenstraengen hinter dem
Ohr, Anm.]..." Weiters hiess es daher
in dem Leserbrief der
Mayday-AktivistInnen: "Wie kann sich Herr
Schuh, einer der
Gruppenkommandanten vom 6.10. als Sozialdemokrat
bezeichnen und
gleichzeitig ein solches Vorgehen eines
freiheitlichen
Polizeigewerkschafters verteidigen? Oder ist es
neuerdings
sozialdemokratisch, einen Polizeieinsatz
mitzubefehlen, bei dem
junge Leute grundlos festgenommen, zu
Boden geworfen, misshandelt
und Presse- und Fotodokumentationen
an Ort und Stelle verhindert
wurden?"
Gegen diese beiden
Saetze richtet nun der Kommandant der
"Taurus"-Einheit seine
Klage! Er forderte eine Verfasserin
zunaechst auf, diese
"Behauptungen" in einer Tageszeitung zu
widerrufen. Das geschah
nicht, und zwar aus dem einfachen Grund,
dass jedes Wort in
diesem Leserbrief den Tatsachen entspricht.
Worauf der Beamte
kurz vor Weihnachten eine Klage auf
Unterlassung und Widerruf mit
einem Streitwert von 70 000 OeS
gegen die Mayday-Aktivistin
einbrachte. Und das bedeutet: ein
langwieriges und sehr
kostspieliges Verfahren vor dem
Zivilgericht, ein
Verfahren, dessen Auswirkungen
existenzbedrohend sein koennen,
wenn der Prozess verloren geht.
Wenn ein solcher Leserbrief
nicht mehr moeglich ist, welche
Kritik an der Polizei und welche
freie Meinungsaeusserung ist
dann ueberhaupt noch erlaubt? In
einem Moment, wo autoritaere
Massnahmen seitens der
Regierungsparteien gesetzt werden, greift
nun ein Mandatar der
FSG ebenfalls zu Methoden, mit denen eine
notwendige Diskussion
erschwert wird. Wir bitten alle dringend,
die Moeglichkeiten des
Protests, die jedem/jeder zur Verfuegung
stehen, gegen ein
solches Vorgehen zu nutzen!
MayDay Graz, M@IL mayday2000graz@hotmail.com(gekuerzt)
MayDay
bittet um Proteste bei: FSG -
Sozialdemokratische
GewerkschafterInnen, Suedtirolerplatz 13,
8020 Graz, Tel.: 0316/
7071 - 0, Fax: 0316/ 71 63 28,
FSG-Landesvorsitzender Kurt
Gennaro oder FSG-Landessekretaer
Werner
Albler
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