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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12.02.2002
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Australien/Asyl:
>Verteufelung braucht den Medienausschluss
Zwei Stunden mit
einem schnellen Auto suedlich des jetzt
wohlbekannten
"Asylanten-Lagers Woomera" liegt Port Augusta. Die
naechste Stadt
zum Lager, 14.500 Einwohner, fuer diese Gegend
eine Grossstadt.
Ich fragte Joy Baluch, 70, Buergermeisterin seit
1981, ueber das
Lager, die Asylanten, deren Hungerstreik:
"Hoffentlich werden die
bald krepieren! Zurueckschicken! Solche
Leute brauchen wir hier
nicht!" Ihrer Meinung nach sind diese
Asylanten reich und von der
Australischen Regierung verwoehnt,
mit Klimaanlage im Lager. Drin
war sie natuerlich nie, gesprochen
hat sie mit
keinem.
Baluch, ihr Mann, seit sieben Jahren verstorben, kam
aus der
Ukraine. Ob er nicht auch einmal ein "bloody reffo" war,
fragte
ich nicht. Fuer Frau Baluch waren diese "boat people"
etwas ganz
anders, fremd, unbekannt. Nicht zufaellig.
Seit
Ende August, als der Norwegische Frachter Tampa der
Howard
Regierung eine Rettungsboie, 450 Asylsucher aus
Afghanistan,
Irak, Palaestina, zuwarf, den Konservativen die
Moeglichkeit gab,
eine fast verlorene Wahl mit einer
aufgebauschten
"Fremdenfeindlichkeit" doch noch zu gewinnen, war
den "Liberalen"
(so heisst die Konservative Partei in Australien)
eines klar: Um
das Schreckgespenst der dunklen Horden
aufrechtzuhalten, mussten
die Asylanten systematisch verteufelt
werden. Die - fuer Howard,
Ruddock und ihre Mannschaft - nicht
ausgeschlossene Gefahr, dass
der Australische
Durchschnittsbuerger diese "Asylanten" als
Menschen erkennt,
musste abgewehrt werden. Um diese Verteuflung
aufzubauen und zu
erhalten, wurde hierzulande die
Presse-Freiheit - jedenfalls in
diesem Bereich - abgeschaft.
Jeder Kontakt zwischen
Journalisten, Kameraleuten, und den
Maennern, Frauen und Kindern
in den ueberfuellten, morschen,
sinkenden Holzbooten, auf der
Tampa, der Weihnachtsinsel, den
Australischen Kriegsschiffen, die
sie danach nach Nauru und
Papua-NeuGuinea brachten, denen, die
schon seit vielen Monaten,
manchmal Jahren, in Wuestenlagern wie
Woomera und Port Hedland
hinter Stacheldraht sassen, musste
verhindert werden.
Manchmal platzte doch eine Luege: "Diese
Unmenschen werfen ihre
eigenen Kinder ins Meer, um "uns" (d.h.
uns brave Australier,
unsere Kriegsmarine) zu erpressen - wir
haben einen Film der dies
beweisst". Sagte Howard. Aber "brave"
Australische Matrosen
machten da nicht mit, der Film beweist
etwas ganz anderes, er ist
auch schnell verschwunden Macht nix,
Ruddock geht weiter zur
naechsten Verteufelung: Die Asylanten
sind so reich, dass sie den
Schmugglern Vermoegen zahlen
(koennen), sie waren in keiner
Gefahr, sie haetten sich ruhig auf
Immigrationslisten (in Kabul,
Bagdad, Teheran, wo's in der
Wirklichkeit keine gab!)
einschreiben koennen, und sind nur
"Queue Jumpers" (wollen sich
bloss nicht anreihen), die anderen,
wuerdigen Fluechtlingen ihren
Platz wegnehmen.
Und jetzt,
wo (einige) da sind, leben sie (so ist Frau
Buergermeisterin
Baluch fest ueberzeugt) im groessten Luxus - in
diesen Lagern
mit "Air Conditioning".
Warum darf die Presse nicht in
die Lager hinein? Dann koennte sie
doch diesen Luxus beschreiben!
Warum werden jetzt Journalisten
sogar in Woomera, in Australien,
weggescheucht, verhaftet,
"Mindestens ein Kilometer weg vom
Zaun"! Reden wir nicht von
Nauru, oder Manus (eine entfernte
Insel Papua Neu Guineas, wo
jetzt schon 500 Asylbewerber
eingesperrt hocken, bald sollen es
1000 sein). Den Regierungen
Naurus und PNG's wurde schnell von
Canberra klargemacht, dass
diese Fluechtlinge keine
Medienkontakte brauchen, und dass Howard
sich darauf verlassen
kann, dass Port Moresby und Nauru das
verstehen. Ein
Verstaendnis, das mit 20 Millionen Australischen
Dollars fuer
PNG, etwas weniger fuer Nauru, gekauft
wird.
Heute bekam ich eine Erklaerung fuer das Verbot
von
Medienkontakten zu den Fluechtlingen von
einem
Regierungssprecher: "Sobald die "Detainees" (die
Festgehaltenen)
die Medien sehen, regen sie sich auf,
demonstrieren, springen von
den Daechern in den "Razor Wire"
hinein (Rasierklingen-scharfer
Stacheldraht, der um die Lager
gezogen ist). Wir muessen die
Journalisten entfernen, um die
Festgehaltene vor sich selbst zu
schuetzen." Ploetzlich erinerte
ich mich das an die Nazi, die
1933 Juden nach Dachau schickten -
in "Schutzhaft". Um sie zu
schuetzen..
Aber irgendetwas in
diesem Verteuflungsplan der Howard Regierung
faengt an zu
wackeln. Obwohl Howard sich weiterhin bruestet "Wir
werden uns
nicht von diesen Menschen erpressen lassen", fangen
mehr und mehr
Australier an, "dumme Fragen" zu stellen.
Manche "Fuehrer"
der Labor Partei (ALP) fragen sich, ob sie noch
immer das Maul
halten sollen, oder vielleicht doch etwas ueber
Prinzipien,
Menschlichkeit, Solidaritaet, fluestern koennten. Und
links von
Labor wird der Angriff auf die Regierungspolitik
schaerfer,
offener. Und mehr und mehr "einfache Australier"
hoeren da
zu.
Sogar Buergermeisterin Baluch, am Ende unseres
Gespraechs:
"Vielleicht sollten sie doch die Kinder, die sind
etwas anderes,
rauslassen. "Wenn die 'Dogooding Bastards'
(Wohltaetige) in
Canberra sie aufnehmen wollen"
Und dann,
unerwartet: "Eigentlich koennten man alle rauslassen,
solange die
nur nicht hier in Port Augusta bleiben. "Ich habe mit
meinen 3000
"Aborigines" schon genuegend Probleme." Leider konnte
ich bis
jetzt keine dieser Ureinwohner um ihre Meinung ueber die
neuesten
"Boot Leute" fragen, ob die so viel schlimmer waeren als
die
vorherigen.
*Max Watts (Annandale,
AUS)*
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