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Aussendungszeitpunkt:  Dienstag,   29.01.2002
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EU/Polizei:

>Im Lande Francos
Massive Nebenwirkungen der EU-Ratspraesidentschaft in Spanien

Ministerpraesident Jose Maria Aznar (PP, Volkspartei) nennt
dieser Tage als oberste Prioritaet  seiner Amtszeit die
Bekaempfung des Terrorismus. Dabei soll die im letzten Jahr
geschaffenen Grundlage wie die gemeinsame Terrorismusdefinition,
das europaeische  Auslieferungsabkommen und die am 27. Dezember
verabschiedete Liste terroristischer  Organisation und deren
UnterstuetzerInnen auch erstmals massiv gegen die sich immer
weiter formierende Globale Ausserparlamentarische Opposition
eingesetzt werden. Dazu  kommen noch erweiterte Befugnisse fuer
Europol und der Start von Eurojust, der europaeische
RichterInnenkoordination. Spanien moechte nebenbei aber auch die
Ueberwachung der  Festung Europa zentralisieren und eine zentrale
europaeische Stelle fuer Visavergabe  einrichten.

Schon letztes Jahr wusste die spanische Polizei zu zeigen was sie
von der neu  entstehenden Globalen Ausserparlamentarischen
Opposition haelt. Am 25. Juni 2001 demonstrierten 30.000 Menschen
gegen die Weltbank, die ihr Treffen "BM Barcelona 2001"
kurzfristig ins Internet verlegt hatte. Nachdem vermutlich als
Aktivisten  verkleidete Zivilpolizisten die DemonstrantInnen
koerperlich provoziert hatten nutzen Sondereinheiten zur
Aufstandsbekaempfung diesen Vorwand und griffen mit
Schlagstoecken die Demo an.

Gleich im Anschluss an die Proteste wurden von der lokalen
Rechtshilfe Beweismaterial gegen die Polizei gesammelt und  vor
Gericht eingereicht. Der von den AktivistInnen angestrebte
Prozess richtete sich dabei gegen einen "Polizeiplan der  darin
bestand, dass Zivilpolizisten Uebergriffe auf die Demonstration
auszufuehren, mit dem Ziel die Polizeirepression zu
rechtfertigen". Am 7. Jaenner 2002 hat der zustaendige Richter
nun die Strafantraege gegen die betroffenen Behoerden
fallengelassen.

Doch da Bilder von pruegelnden PolizistInnen auf der einen,
blutueberstroemten DemonstrantInnen auf der anderen Seite fuer
viele BuergerInnen einen doch eher schalen Beigeschmack haben,
versuchen die spanischen Behoerden heuer schon im  Vorfeld der
kommenden Proteste gegen die diversen EU-Gipfel in Spanien, die
neu erstarkende antikapitalistische  Bewegung zu zerschlagen und
unter Vergleichen mit der ETA eine massive Aufruestung der
Polizei zu rechtfertigen.

Eine Einsatztruppe speziell fuer die Ueberwachung der
elektronischen Kommunikation der EU-Kritikerinnen soll
darueberhinaus "Kommunikationsorgane der TerroristInnen"
systematisch ueberwachen: Indymedia Barcelona,  Observatorio
Global, International Protest Action, Nodo50, Acción
Internacional de Estudiantes, Rebelion Org, Lahaine und  Sin
Dominio.

Gleichzeitig mit der Kriminalisierung von AktivistInnen der
radikalen Linken, wird es auch fuer politische
Gefangenhilfsorganisationen immer enger. Die Organisation
Gestoras pro-Amnistia war den Behoerden wiederholt  unangenehm
Aufgefallen, da sie wiederholt Folter und Misshandlungen durch
die Guardia Civil und andere Polizeikraefte  oeffentlich machte.
Konsequenter Weise wurde sie dieser Tage daher schlicht und
einfach verboten.

Dabei ist Spanien ist eines der Laender, die nach den Anschlaegen
in den USA keine uebereilten Anti-Terror-Gesetze verabschiedet
haben. Allerdings nur deswegen, weil es solche Gesetze schon zur
Genuege hat.

Denn Was in vielen Laendern nach den verheerenden Anschlaegen vom
11.September noch immer undenkbar ist, gibt es in Spanien noch
immer. Madrid hat keine Scheu, missliebige Medien zu schliessen
oder eine Parteifuehrung zwei Jahre lang unrechtmaessig zu
inhaftieren. Bei Terrorismus-Anklagen wird die
"Incomunicado-Haft" angewendet, die aus Militaerdiktaturen
bekannt ist. Bis zu einer Frist von vier Tagen, sie kann auch
verlaengert werden, hat der Gefangene keinen Beistand durch
seinen Anwalt und keinen Kontakt zur Aussenwelt. Hier finden die
Misshandlungen statt, fuer die Spanien sowohl von Amnesty
International als auch vom Antifolterkomitee des Europarates
geruegt wird.

Ganz im Sinne der Spanier hat sich dabei das Verhaeltnis zu
Frankreich seit dem 11. September gebessert. Genau einen Monat
danach wurde ein bilaterales Auslieferungsabkommen beschlossen,
mit dem beide Laendern sich ohne Aufwand gegenseitig Gefangene
ausleihen koennen. Es bietet so einen Ausblick auf den
europaeischen Haftbefehl ab 2004.

Am 11. Dezember gab die franzoesische Regierung bekannt, sie
werde erstmals ein in Frankreich inhaftiertes Mitglied der
baskischen Separatistenorganisation ETA an Spanien ausleihen. Es
handelte sich um Josetxo Arizkuren. Er wurde inzwischen
ueberstellt, obwohl er in Frankreich noch eine Haftstrafe bis
2006 verbuesst. Bisher hatten sich vor allem die kommunistischen
und gruenen Koalitionspartner der Sozialisten gegen
Auslieferungen nach Spanien gestraeubt. Doch moegliche Folter ist
fuer das Land der Menschenrechte offenbar kein Thema mehr. Die
Iberer sollen bei Arizkuren nur fuer die Sicherheit des
Transports, dessen Kosten und die zeitige Ruecksendung Sorge
tragen. Ein Schutz vor Misshandlungen wird nicht gefordert.
Laestige Fragen, wie in nur vier Monaten ein rechtstaatlicher
Prozess gefuehrt werden soll, bleiben aus. Die Verteidiger von
Arizkuren koennen sich kaum in so kurzer Zeit in die komplexe
Materie und die zweisprachigen Akten einarbeiten. Vorgeworfen
werden ihm mehr als zwanzig Vergehen, die zum Teil fast 20 Jahre
zurueckliegen.

Rueckenwind bekam Madrid auch aus der EU ueber deren Liste der
terroristischen Gruppen. Auf der Ende Dezember veroeffentlichten
Liste werden der ETA fuenf Organisationen zugeordnet. Dazu
reichte es der EU aus, dass zuvor ein Richter diese baskischen
Strukturen, wie Ekin oder Txaki verboten hat, um sie ohne
Pruefung als terroristisch einzustufen. Doch die fuenf wurden vom
Ermittlungsrichter Baltasar Garzón verboten, der dazu eigentlich
nicht befugt ist und dem es bisher in keinem der Faelle gelungen
ist, eine Verbindung zur ETA zu beweisen. Erst kurz vor der
Bekanntgabe der EU-Liste hatte der Nationale Gerichtshof seine
Vorwuerfe gegen Ekin zerpflueckt. Die Richter urteilten, Garzón
habe keine Beweise erbracht, dass EKIN "der ETA untergeordnet
ist". Sechs Menschen kamen nach 15 Monaten aus dem Gefaengnis.
Aehnlich war es Garzón auch mit Xaki oder anderen Gruppen
ergangen.

Auffaellig ist, das Frankreich keine Organisationen auf die Liste
setzen liess, nicht einmal die bewaffnet fuer die Unabhaengigkeit
kaempfenden Korsen oder Bretonen. Es spricht fuer sich, dass
ausgerechnet Al-Qaida fehlt, wegen deren mutmasslichen
Anschlaegen sie angeblich erstellt wurde. Verabschiedet wurde die
Liste nicht wie geplant von der Versammlung der Innen- und
Justizminister, vom Parlament gar nicht zu reden, sondern
letztlich von der Instution der "Gemeinsamen Aussen- und
Sicherheitspolitik". Der steht mit Javier Solana ein Spanier vor.
(Indymedia, Telepolis / akin)

Quellen mit vielen Links:

URL W³.telepolis.de

URL W³.austria.indymedia.org

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