**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 29.01.2002
**********************************************************
EU/Polizei:
>Im Lande Francos
Massive Nebenwirkungen der
EU-Ratspraesidentschaft in Spanien
Ministerpraesident Jose
Maria Aznar (PP, Volkspartei) nennt
dieser Tage als oberste
Prioritaet seiner Amtszeit die
Bekaempfung des Terrorismus.
Dabei soll die im letzten Jahr
geschaffenen Grundlage wie die
gemeinsame Terrorismusdefinition,
das europaeische
Auslieferungsabkommen und die am 27.
Dezember
verabschiedete Liste terroristischer Organisation
und deren
UnterstuetzerInnen auch erstmals massiv gegen die sich
immer
weiter formierende Globale Ausserparlamentarische
Opposition
eingesetzt werden. Dazu kommen noch erweiterte
Befugnisse fuer
Europol und der Start von Eurojust, der
europaeische
RichterInnenkoordination. Spanien moechte nebenbei
aber auch die
Ueberwachung der Festung Europa
zentralisieren und eine zentrale
europaeische Stelle fuer
Visavergabe einrichten.
Schon letztes Jahr wusste die
spanische Polizei zu zeigen was sie
von der neu
entstehenden Globalen Ausserparlamentarischen
Opposition
haelt. Am 25. Juni 2001 demonstrierten 30.000 Menschen
gegen die
Weltbank, die ihr Treffen "BM Barcelona 2001"
kurzfristig ins
Internet verlegt hatte. Nachdem vermutlich als
Aktivisten
verkleidete Zivilpolizisten die
DemonstrantInnen
koerperlich provoziert hatten nutzen
Sondereinheiten zur
Aufstandsbekaempfung diesen Vorwand und
griffen mit
Schlagstoecken die Demo an.
Gleich im
Anschluss an die Proteste wurden von der lokalen
Rechtshilfe
Beweismaterial gegen die Polizei gesammelt und vor
Gericht
eingereicht. Der von den AktivistInnen angestrebte
Prozess
richtete sich dabei gegen einen "Polizeiplan der
darin
bestand, dass Zivilpolizisten Uebergriffe auf die
Demonstration
auszufuehren, mit dem Ziel die Polizeirepression
zu
rechtfertigen". Am 7. Jaenner 2002 hat der zustaendige
Richter
nun die Strafantraege gegen die betroffenen
Behoerden
fallengelassen.
Doch da Bilder von pruegelnden
PolizistInnen auf der einen,
blutueberstroemten DemonstrantInnen
auf der anderen Seite fuer
viele BuergerInnen einen doch eher
schalen Beigeschmack haben,
versuchen die spanischen Behoerden
heuer schon im Vorfeld der
kommenden Proteste gegen die
diversen EU-Gipfel in Spanien, die
neu erstarkende
antikapitalistische Bewegung zu zerschlagen und
unter
Vergleichen mit der ETA eine massive Aufruestung der
Polizei zu
rechtfertigen.
Eine Einsatztruppe speziell fuer die
Ueberwachung der
elektronischen Kommunikation der
EU-Kritikerinnen soll
darueberhinaus "Kommunikationsorgane der
TerroristInnen"
systematisch ueberwachen: Indymedia Barcelona,
Observatorio
Global, International Protest Action, Nodo50,
Acción
Internacional de Estudiantes, Rebelion Org, Lahaine und
Sin
Dominio.
Gleichzeitig mit der Kriminalisierung
von AktivistInnen der
radikalen Linken, wird es auch fuer
politische
Gefangenhilfsorganisationen immer enger. Die
Organisation
Gestoras pro-Amnistia war den Behoerden wiederholt
unangenehm
Aufgefallen, da sie wiederholt Folter und
Misshandlungen durch
die Guardia Civil und andere Polizeikraefte
oeffentlich machte.
Konsequenter Weise wurde sie dieser
Tage daher schlicht und
einfach verboten.
Dabei ist
Spanien ist eines der Laender, die nach den Anschlaegen
in den
USA keine uebereilten Anti-Terror-Gesetze verabschiedet
haben.
Allerdings nur deswegen, weil es solche Gesetze schon zur
Genuege
hat.
Denn Was in vielen Laendern nach den verheerenden
Anschlaegen vom
11.September noch immer undenkbar ist, gibt es in
Spanien noch
immer. Madrid hat keine Scheu, missliebige Medien zu
schliessen
oder eine Parteifuehrung zwei Jahre lang
unrechtmaessig zu
inhaftieren. Bei Terrorismus-Anklagen wird
die
"Incomunicado-Haft" angewendet, die aus
Militaerdiktaturen
bekannt ist. Bis zu einer Frist von vier
Tagen, sie kann auch
verlaengert werden, hat der Gefangene keinen
Beistand durch
seinen Anwalt und keinen Kontakt zur Aussenwelt.
Hier finden die
Misshandlungen statt, fuer die Spanien sowohl von
Amnesty
International als auch vom Antifolterkomitee des
Europarates
geruegt wird.
Ganz im Sinne der Spanier hat
sich dabei das Verhaeltnis zu
Frankreich seit dem 11. September
gebessert. Genau einen Monat
danach wurde ein bilaterales
Auslieferungsabkommen beschlossen,
mit dem beide Laendern sich
ohne Aufwand gegenseitig Gefangene
ausleihen koennen. Es bietet
so einen Ausblick auf den
europaeischen Haftbefehl ab
2004.
Am 11. Dezember gab die franzoesische Regierung
bekannt, sie
werde erstmals ein in Frankreich inhaftiertes
Mitglied der
baskischen Separatistenorganisation ETA an Spanien
ausleihen. Es
handelte sich um Josetxo Arizkuren. Er wurde
inzwischen
ueberstellt, obwohl er in Frankreich noch eine
Haftstrafe bis
2006 verbuesst. Bisher hatten sich vor allem die
kommunistischen
und gruenen Koalitionspartner der Sozialisten
gegen
Auslieferungen nach Spanien gestraeubt. Doch moegliche
Folter ist
fuer das Land der Menschenrechte offenbar kein Thema
mehr. Die
Iberer sollen bei Arizkuren nur fuer die Sicherheit
des
Transports, dessen Kosten und die zeitige Ruecksendung
Sorge
tragen. Ein Schutz vor Misshandlungen wird nicht
gefordert.
Laestige Fragen, wie in nur vier Monaten ein
rechtstaatlicher
Prozess gefuehrt werden soll, bleiben aus. Die
Verteidiger von
Arizkuren koennen sich kaum in so kurzer Zeit in
die komplexe
Materie und die zweisprachigen Akten einarbeiten.
Vorgeworfen
werden ihm mehr als zwanzig Vergehen, die zum Teil
fast 20 Jahre
zurueckliegen.
Rueckenwind bekam Madrid auch
aus der EU ueber deren Liste der
terroristischen Gruppen. Auf der
Ende Dezember veroeffentlichten
Liste werden der ETA fuenf
Organisationen zugeordnet. Dazu
reichte es der EU aus, dass zuvor
ein Richter diese baskischen
Strukturen, wie Ekin oder Txaki
verboten hat, um sie ohne
Pruefung als terroristisch einzustufen.
Doch die fuenf wurden vom
Ermittlungsrichter Baltasar Garzón
verboten, der dazu eigentlich
nicht befugt ist und dem es bisher
in keinem der Faelle gelungen
ist, eine Verbindung zur ETA zu
beweisen. Erst kurz vor der
Bekanntgabe der EU-Liste hatte der
Nationale Gerichtshof seine
Vorwuerfe gegen Ekin zerpflueckt. Die
Richter urteilten, Garzón
habe keine Beweise erbracht, dass EKIN
"der ETA untergeordnet
ist". Sechs Menschen kamen nach 15 Monaten
aus dem Gefaengnis.
Aehnlich war es Garzón auch mit Xaki oder
anderen Gruppen
ergangen.
Auffaellig ist, das Frankreich
keine Organisationen auf die Liste
setzen liess, nicht einmal die
bewaffnet fuer die Unabhaengigkeit
kaempfenden Korsen oder
Bretonen. Es spricht fuer sich, dass
ausgerechnet Al-Qaida fehlt,
wegen deren mutmasslichen
Anschlaegen sie angeblich erstellt
wurde. Verabschiedet wurde die
Liste nicht wie geplant von der
Versammlung der Innen- und
Justizminister, vom Parlament gar
nicht zu reden, sondern
letztlich von der Instution der
"Gemeinsamen Aussen- und
Sicherheitspolitik". Der steht mit
Javier Solana ein Spanier vor.
(Indymedia, Telepolis /
akin)
Quellen mit vielen Links:
URL W³.telepolis.de
URL W³.austria.indymedia.org
**********************************************************
'akin - aktuelle informationen'
wipplingerstrasze 23/20
a-1010 wien
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
e-mail:akin.büro@gmx.at
Domain:http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000,223-102-976/00, Zweck: akin