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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 29.01.2002
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Asylpolitik/Zahlenspiele:
>Sonderbare Bilanzen
Die Statistiken des Innenministeriums -
und die Wirklichkeit
Das Innenministerium hat die
Asylstatistik 2001 vorgelegt. Mit
Erstaunen lesen wir darin, dass
es eine Anerkennungsquote von
23,4 Prozent gegeben haben soll:
1114 positive Bescheide stehen
3642 negativen gegenueber. Ist ja
toll.
Nur - insgesamt wurden im ganzen Jahr 2001, auch wieder
laut
Statistik des Innenministeriums, 25.997 Faelle
"rechtskraeftig
erledigt". Ausser den positiv und negativ
"erledigten" Faellen
gibt es also, wieder laut Ministerium, noch
21.241 "sonstige"
Erledigungen. Wie das?
193 Antraege
wurden wegen entschiedener Sache zurueckgewiesen und
gehoeren
also eigentlich zu den negativen "Erledigungen". Aber
bitte, so
streng wollen wir nicht sein.
1459 Asylantraege wurden
zurueckgezogen. Na schoen. Das sind
Fluechtlinge, die ihren
Aufenthalt anders regeln konnten, meist
durch Heirat mit einem
Oesterreicher oder einer Oesterreicherin;
manchen Auserwaehlten
wurde auch (vorausgesetzt, sie hatten
waehrend einem jahrelangen
Asylverfahren das seltene Glueck,
legale Arbeit zu finden) der
ministerielle Gnadenakt einer
"humanitaeren Aufenthaltserlaubnis"
zuteil.
14.436 Verfahren wurden eingestellt. Das ist der
groesste
Brocken, wie jedes Jahr. Die Klienten sind nicht mehr
da. Sie
haben es nicht ausgehalten in unserem gastfreundlichen
Land.
Zermuerbt durch behoerdliche Schikanen, ohne
Bundesbetreuung,
ohne Versicherung, ohne Arbeit, ohne
Sozialleistungen, oft nach
monatelanger Schubhaft auf die Strasse
gestellt, sind sie
weitergezogen. Noch schlechter als in
Oesterreich konnte es
nirgendwo sein.
5.153 Asylantraege
wurden als "gegenstandslos abgelegt". Das sind
die Afghanen im
Iran und in Pakistan, auf der Flucht vor dem
Krieg und dem Terror
der Taliban; sie hatten versucht, den
legalen Weg zu gehen,
hatten Asylantraege gestellt bei den
oesterreichischen
Botschaften in Teheran und Islamabad -
vergebliche
Muehe!
Herr Taucher, der Leiter des Bundesasylamts, der
vorher schon als
Chefjurist der Caritas die Selektion der
Fluechtlinge in "gute"
und "schlechte" Faelle verantwortet hatte,
entschied - in
voelliger Missachtung der gesetzlichen
Bestimmungen ueber
Drittlandsicherheit: Iran und Pakistan seien
"sichere
Drittstaaten" - obwohl es dort keinerlei
rechtsstaatliche
Asylverfahren gibt und obwohl UNHCR ueber
fortdauernde
Abschiebungen afghanischer Fluechtlinge aus diesen
Laendern
berichtete.
Unsere LeserInnen erinnern sich:
Oesterreichs blauer Botschafter
Howadt liess die verzweifelten
Fluechtlinge vor der Botschaft in
Islamabad von der
pakistanischen Polizei wegpruegeln. Wie viele
von ihnen gar keine
Asylantraege stellen konnten - und daher auch
nicht einmal unter
den 5.153 als "gegenstandslos abgelegten"
Verfahren aufscheinen -
wissen wir nicht.
Die richtige Bilanz sieht also ganz anders
aus. Von 25.997
"Erledigungen" waren 1114 positiv, also: eine
Anerkennungsquote
von 4,2 Prozent.
Von den 1114 positiven
Bescheiden waren 411 inhaltliche
Anerkennungen und 703
Erstreckungen auf EhepartnerInnen und
minderjaehrige
Kinder.
411 Fluechtlinge (davon 172 in erster, 239 in zweiter
Instanz),
deren Gruende inhaltlich geprueft und fuer ausreichend
befunden
wurden - in einem ganzen Jahr! Bei 25.997
"Erledigungen". So
schaut"s aus.
Uebrigens, in eigener
Sache: von den 411 inhaltlich geprueften
"Positiven" waren 34
Klienten von Asyl in Not. Davon 5 in erster,
29 in zweiter
Instanz. War viel Arbeit fuer unser kleines Team:
Berufungen
schreiben, Beweismittel recherchieren, Einvernahmen
vorbereiten -
und dann das Entscheidende: die muendliche
Verhandlung vor dem
Unabhaengigen Bundesasylsenat. Dort gehen
immerhin 12 % der
gesamten Anerkennungen (29 von 239) auf
unser
Konto.
Diesen 34 Fluechtlingen, plus 36
Angehoerigen, also 70 Menschen
konnten wir helfen. Jeder dieser
Erfolge baut auch uns wieder auf
und hindert uns am "Burn-out".
Aber was aendert das an der
Gesamtbilanz? 96 Prozent der
Menschen, die von Oesterreich Schutz
und Hilfe erhofften, wurden
durch eine verfehlte,
konventionswidrige, fremdenfeindliche,
rassistisch motivierte
Asylpolitik und Behoerdenpraxis um ihr
Recht gebracht.
Das ist die wirkliche, skandaloese
Bilanz.
*Michael Genner, Asyl in
Not*
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