**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. Dezember 2001; 05:19
**********************************************************

Protestbrief:

> An den Vorstand von ERSTE BANK und Allgemeine Sparkasse

Als kritische KonsumentInnen muessen wir unserer tiefen Empoerung
ueber Ihre gaenzlich unakzeptable Werbelinie "Best of Fonds"
sowie ueber Ihren Umgang mit der von vielen Seiten geaeusserten
Kritik Ausdruck verleihen:

Die Darstellung einer Frau, die aufgrund der Ausfuehrungen
unscheinbarer Maenner ueber Fonds in orgastische Zuckungen
verfaellt, perpetuiert saemtliche ueberholt geglaubte
Geschlechtsstereotypen: Frauen waeren voellig von ihrem Koerper
bestimmt, waehrend Maenner kuehl und rational argumentieren und
handeln. Weiters suggeriert Ihr Spot, dass attraktive Frauen von
jedem beliebigen Mann zu haben waeren, allein der Gedanke an Geld
macht sie schwach. Es handelt sich bei Ihrem Spot um die mit
Abstand rueckschrittlichste und frauenfeindlichste Werbung der
letzten Jahre. Offensichtlich sind Sie nicht an Frauen als
Kundinnen interessiert - Frauen stellen fuer Sie lediglich
Werbe-Objekte dar. Mit dem Image, welches Sie mit dieser Werbung
Ihrer Bank geben, riskieren Sie, nicht nur Frauen als KundInnen
zu verlieren.

Bis heute haben Sie auf die vielfachen Proteste nur mit
oberflaechlichen Beschoenigungen reagiert. Selbst die
Aufforderung des Werberates, die Werbung zu stoppen, wurde von
Ihnen ignoriert. In Medien wurde kolportiert, dass Sie Ihren
Vertrag mit der fuer die Werbeline verantwortlichen Firma (Haus
Bárci und Partner Young & Rubicam) verlaengern.

Wir fordern Sie entschieden auf, dass Sie Ihre sexistische
Werbelinie UMGEHEND stoppen und von weiteren Kooperationen mit
der verantwortlichen Werbeagentur absehen. Ansonsten sehen wir
uns gezwungen, als einzig wirkungsvolles Protestmittel unsere
Konten bei Ihnen zu kuendigen.

*

Dieser Protestbrief ist unter
http://www.servus.at/fakultaet/FoB.htm elektronisch
unterzeichenbar

*****

Kommentar:

> Den Sexismus vor lauter Werbung nicht mehr sehen

Neineinein! So geht das nicht und ich muss mich ueber die
Empoerung einfach empoeren.

Erstens: Werbung ist geistige Umweltverschmutzung und daher als
Gesamtheit grauslich - die Nuancen sind die Empoerung viel
weniger wert als der ewige Dauerverbloedungsstrom es als solcher
waere. Das hab ich vor kurzem schon mal geschrieben, aber zweimal
erscheint mir noch lange nicht zu oft.

Zweitens ist die Hervorrufung von Empoerung eine gute
Moeglichkeit fuer den Vermarkter, der Werbung und damit seinem zu
bewerbenden Produkt besondere Beachtung zukommen zu lassen:
Eigene Political Correctness verkauft nicht; die Political
Correctness derjenigen, denen die Werbung nicht gefaellt, sorgt
aber fuer eine Gratisverbesserung der Aufmerksamkeit und der
Reichweite.

Und drittens: Ich finde die kritisierte Werbung im Kanon des
Hauptabendwerbeprogramms (oder vielleicht ueberhaupt des
Hauptabendprogramms) des ORFs nicht besonders erschuetternd. Denn
man kann diese Werbung nicht ernst nehmen. Sie spielt mit dem
Topos der pekuniaeren Potenz als Ersatz fuer die sexuelle Potenz
der Maenner, ja, natuerlich. Diese patriarchale Haltung ist
kritisierenswert, auch das stimmt. Aber die Werbung spielt eben
nur damit und ueberhoeht die Maennerphantasie in die klar
ersichtliche Satire.

Daher komme ich jetzt nicht umhin etwas zu unterstellen: Etwas
hat dann als sexistisch zu gelten, wenn es erstens mit
Sexualitaet zu tun hat und zweitens nicht bierernst ist. Das ist
eine harte Ansage, aber man sehe sich bitte die
Waschmittelwerbungen an: Da scheren sich fast immer Frauen darum,
dass ihre Waesche auch wirklich weiss wird; dass Bild von der
biederen, um ihre Lieben bemuehten Hausfrau wird da in den
schoensten Farben gemalt - das ist wirklich zutiefst sexistisch.
Protest? Keine Spur! Umweltfeindlich ist es auch und wenn man
noch etwas weiter gehen will, kann man die Sehnsucht nach
Reinheit und Weissheit unterschwellig auch als rassistisch
ankreiden. Kein Protest. Warum? Weil wir es gewohnt sind. Seit
Jahrzehnten. Weil diese Spots eben nicht so uebertrieben sind,
dass man darueber zu gruebeln anfangen koennte. Kein Sex, keine
Ironie. Was diese Werbungen machen, ist nichts anderes als die
Fortschreibung reaktionaerer Heile-Welt-Selbstverstaendlichkeit -
ohne satirischer Uebertreibung - und damit auch in dieser
Fortschreibung aeusserst wirksam. Wenn wir uns schon empoeren
wollen und glauben, es sei sinnvoll, dann doch bitte in diesen
Faellen.

Die "Best of Fonds"-Werbung verkauft ihr Produkt, das ist schlimm
genug: Jeder sein eigener Kleinkapitalist. Aber daran reibt sich
keine Kritik. Die Kritik ist, dass eine Werbung die Zuschreibung,
dass Geld sexy sei, schlichtweg verarscht. Dass die politisch
Kkoreckkten das nicht verstehen, wundert mich gar nicht. Aber es
ist halt schad um so viel gut gemeinte Empoerung.
*Bernhard Redl*


**********************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1010 wien, wipplingerstrasze 23/20
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000, 223-102-976/00, Zweck: akin