FPOeVP/Deren Heer/Kommentar:
> Regierungserklaerung hinterm NATO-Draht
Letzte Woche beschlossen die Koalitionsparteien einsam ihre neue
  "Sicherheitsdoktrin" im Verteidigungsausschuss
  Irgendwie ist es schon ein recht eigenartiges Dokument, diese
  "Sicherheitsdoktrin". "Verteidigungsdoktrin" hiess das frueher,
  den meisten Leuten fallen da so Begriffe ein wie
  "Raumverteidigung" oder Namen wie Spanocchi. Doch diese
  Sicherheitsdoktrin heisst nicht nur so, sie setzt auch deutlich
  andere Akzente. So wird zum Beispiel die Polizei gleichrangig in
  dieser Doktrin behandelt - was durchaus auch als eine Andeutung
  auf eine angestrebte Verschmelzung der beiden Institutionen
  hindeuten koennte (Stichwort: Sicherheitsministerium). Ueberhaupt
  geht das Papier, dessen rechtliche Bedeutung nicht nur wegen
  seiner lediglich einfachgesetzlichen Beschlussfassung aeusserst
  gering sein wird, eher in die Richtung einer
  Halbzeit-Regierungserklaerung mit dem Schwerpunkt Militaerpolitik
  als zu einer Richtlinie fuer die massgeblichen Militaerbeamten.
Vor allem die "allgemeinen Empfehlungen" gleich zu Anfang dieses
  wunderlichen Papiers wirken eher bedrohlich. Es kann kein Zufall
  sein, dass da gleich in Punkt 1 davon die Rede ist, dass die
  oesterreichische Bevoelkerung "ueber die Sicherheitslage im In-
  und Ausland umfassend und laufend informiert" werden soll. Soll
  heissen: Propaganda hat oberste Prioritaet. Punkt 7 macht
  hingegen etwas ratlos: "Zur Gewinnung und Vermittlung einer
  umfassenden sicherheitspolitischen Expertise ist die Einfuehrung
  eines postgradualen strategischen Fuehrungslehrganges fuer
  Entscheidungstraeger in Politik, Wirtschaft, Verwaltung und
  Militaer einzufuehren." Was soll das sein? Die Ausbildung zum
  Reserve- oder gar Hobbyoffizier fuer nichtausgelastete
  Fuehrungskraefte - oder vielleicht doch ein Versuch, die hoeheren
  Ebenen auch der zivilen Struktur fuer ein militaerisches Denken
  zu gewinnen? Es hat sehr den Anschein, als versuchte diese
  Bundesregierung dem Militaer mehr Bedeutung zu geben als es
  bisher hatte - mit oder ohne NATO.
Apropos NATO: Diesbezueglich wird die Salami-Taktik fortgesetzt.
  Da finden sich im Kapitel "Aussenpolitische Aspekte der
  Sicherheitspolitik"so schoene Halbsaetze wie: "Fortsetzung des
  traditionellen oesterreichischen Engagements in multilateralen
  Institutionen, wie UNO, UN-Spezialorganisationen, OSZE,
  NATO-PfP/EAPC und Europarat." Mir ist das Traditionelle an der
  Beteiligung an der NATO-"Partnerschaft fuer den Frieden" seit
  1995 bislang nicht aufgefallen. Aber vielleicht liegt diese
  Nennung weniger in unserer modernen Schnelllebigkeit, sondern
  eher daran, dass man die Einstiegsdroge PfP gerne irgendwie
  zwischen UNO und Europarat schmuggeln wollte. Das Wort
  "Neutralitaet" hingegen taucht im ganzen Dokument nicht auf -
  nicht mal mehr als ueberholtes Konzept. Man scheint einfach statt
  dem Abmurksen der Verfassungsbestimmung ein sanftes Entschlafen
  hin zu totem Recht zu befuerworten: " Der Erweiterungsprozess der
  NATO wird als ein Beitrag zur Foerderung von Sicherheit und
  Stabilitaet in Europa begruesst und liegt auch im
  sicherheitspolitischen Interesse Oesterreichs. Der sicherheits-
  und verteidigungspolitische Nutzen einer NATO-Mitgliedschaft wird
  von Oesterreich im Lichte der sicherheitspolitischen
  Entwicklungen laufend beurteilt und die Beitrittsoption im Auge
  behalten. Ein Beitritt zur NATO wuerde nur mit Zustimmung der
  Bevoelkerung (Volksabstimmung) erfolgen." Im Zusammenhang mit dem
  Vorhergesagtem wird klar, was das heisst: Hinein in die NATO,
  aber zerst muessma noch unsere Propagandamaschine hochfahren und
  dann, wenn die Umfragen guenstig sind, lassma abstimmen - Modell
  EU-Beitritt also.
Der eher stiefmuetterlich behandelte, eigentlich militaerische
  Teil stellt zwar fest, dass ein "existenzbedrohender
  konventioneller militaerischer Angriff gegen Oesterreich [...]
  derzeit nicht abzusehen ist", schliesst daraus aber messerscharf,
  dass so ziemliche alle Teile des Bundesheeres ausgebaut werden
  muessen - die NATO kommt zwar in diesem Kapitel nicht explizit
  vor, aber ohne einen Beitritt wuerden dieses Ausbaumassnahmen
  nicht viel Sinn machen. Der Umbau allerdings auf ein reines
  Berufsheer, wie es viele hochtechnisierte NATO-Armeen heute schon
  kennen, ist kein Thema. War frueher immer ins Treffen gefuehrt
  worden, man koenne aus demokratiepolitischen Erwaegungen nicht
  auf den Milizgedanken verzichten, so sagt man heute: "Die
  derzeitigen Rahmenbedingungen erfordern die Abdeckung des
  gesamten militaerischen Aufgabenspektrums, was personell nur
  durch die Aufrechterhaltung der allgemeinen Wehrpflicht
  bewaeltigt werden kann." Sprich: Billige, arbeitsrechtlich nicht
  abgesicherte Zeitsklaven sind einfach billiger; was vielleicht
  endlich mal ein einigermassen ehrliches Wort dieser Regierung
  ist. Neben der Miliz soll aber sehr wohl noch der
  Berufssoldatenbereich ausgebaut werden.
Was das Kapitel "Innere Sicherheit" angeht, so kennen wir das ja
  alles schon: Innere Sicherheit ist, wenn man "der Schlepperei,
  dem Menschenhandel und der illegalen Migration" vorbeugt - was
  auch klar macht, dass der Menschenhaendler auch weiterhin auf
  eine Stufe mit dem Migranten gestellt wird und fuer beide
  gleichermassen die Polizei zustaendig ist. Auch das Begehren nach
  besserer Datenverarbeitung und auch -austausch mit anderen
  Polizeibehoerden ist nicht wirklich neu.
Bezeichnend fuer das ganze Dokument ist wohl auch der Punkt 11
  dieses Kapitels: "Vorbereitung, Schulung und gegebenenfalls
  Entsendung von zivilen Spezialisten (Verwaltungsbeamte, Richter,
  Staatsanwaelte usw.) im Rahmen des internationalen zivilen
  Krisenmanagements zur Unterstuetzung der Herstellung
  rechtsstaatlicher und demokratischer Verhaeltnisse." Tu felix
  austria, verwalte. Dass man in Krisenregionen vielleicht Menschen
  brauchen koennte, die in der Lage sind, zu unterrichten,
  psychologische Betreuung zu leisten oder sozialarbeiterisch
  taetigen zu sein, darauf kommen sie in 100 Jahren nicht.
Alles in allem: Wappnet Euch, liebe Oesterreicherinnen und
  Oesterreicher, zum Krieg, dann ist der Frieden gesichert.
Das Motto ist alt. Gut war es aber deswegen noch nie. *Bernhard
  Redl*
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