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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Dezember 2001; 17:02
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Justizvollzug:

> Alltag im Haefn

Menschen, die den entwuerdigenden Bedingungen in den
oesterreichischen Gefaengnissen, insbesondere im Wiener
Landesgericht ausgesetzt werden, bekommen schon so die
alltaeglichen Auswirkungen der repressiven Strafgesetze zu
spueren. Wer es dann noch wagt, sich gegen unzumutbare Behandlung
durch VollzugsbeamtInnen aufzulehnen, wird zusaetzlichen
Repressalien ausgesetzt, um sie oder ihn mundtot zu machen.

Gerade MigrantInnen und Fluechtlinge werden in den Gefaengnissen
durch den bei Anstaltsleitung und Personal vorherrschenden
Rassismus stark diskriminiert. Das zeigt sich etwa an den
systematischen Schikanen gegenueber afrikanischen Gefangenen: so
die Weigerung der Anstaltsleitung im Wiener Landesgericht,
AfrikanerInnen - sofern jemand es wuenscht - als
HausarbeiterInnen anzustellen, womit sie vollkommen abhaengig von
Geldsendungen ihnen nahestehender Personen oder
Solidaritaetsgruppen gemacht werden (wenn ihre Verhaftung
ueberhaupt bekannt und sie von jemandem betreut werden).

Zudem sind Lebensmittel und Gebrauchsartikel, die fast
ausschliesslich drinnen gekauft werden muessen, nur zu extrem
ueberhoehten Preisen zu bekommen. Seit einer Woche wird allen
Gefangenen ausserdem von der Justizanstalt weniger Essen
zugeteilt: bekamen sie bisher die ohnehin geringe Zahl von vier
Semmeln, so sind es jetzt nur noch drei.

Auch die rassistischen Angriffe durch das Wachpersonal haeufen
sich, so geschehen vor mehreren Tagen im Landesgericht: Als ein
Waerter den afrikanischen Insassen einer Zelle das Fruehstueck
bringt, waehrend einige von ihnen noch schlafen, verweigert der
Waerter die Uebergabe des Fruehstuecks mit der Begruendung, dass
alle Insassen wach sein muessten. Derselbe Waerter faellt auch
dadurch auf, dass er den Gefangenen dieser Zelle weit weniger
Klopapier als ueblich zuteilt und sie rassistisch beschimpft.

Einer der Gefangenen laesst sich diese diskriminierende
Behandlung nicht gefallen und protestiert dagegen - als Antwort
bekommt er zunaechst nur ignorantes Schweigen. Doch wenige Tage
spaeter ist klar, was "aufsaessige" Menschen im Landesgericht zu
erwarten haben: der Gefangene wird in der Frueh ohne
Vorankuendigung aus dem Bett geholt und ohne irgendeine
Begruendung in eine andere Zelle verlegt.

Es handelt sich hier um keinen Einzelfall. Wie mit Menschen
umgegangen wird, die sich dagegen wehren, zeigt dieser Vorfall -
sie werden noch mehr bestraft. Es ist naemlich auch eine Form der
Zermuerbung, Gefangene aus den begrenzt aufgebauten sozialen
Beziehungen herauszureissen und in eine andere Zelle zu stecken -
Fragen nach dem "warum" werden einfach ignoriert! Nicht zu
vergessen ist die Isolationsfolter im Keller des Landesgerichts
("Kaefig"), dessen Existenz sich die Gefaengnisleitung beharrlich
zuzugeben weigert!

Diese alltaegliche repressive und rassistische Praxis steht in
einem Zusammenhang mit den anderen (mitunter auch gesetzlichen)
Verschaerfungen der letzten Monate in den Gefaengnissen - so etwa
die Beschraenkungen bei der Vermittlung von Waeschepaketen und
Zeitschriften an die Gefangenen und die willkuerliche
Ruecksendung solcher Pakete. Wir erinnern auch daran, dass vor
nicht allzu langer Zeit die Betreuung von afrikanischen
Gefangenen der "Operation Spring" durch die Verhaengung von
Besuchsverboten bewusst zu verhindern versucht wurde.
*GEMMI/gek.*

Kontakt: GEMMI, Stiftgasse 8, A-1070 Wien

Protestbriefe an: Dr. Michael Neider, Sektionschef Abteilung V -
Strafvollzug, Bundesmin.f.Justiz, Neustiftg. 2, 1070 Wien, Tel.:
521 52 / 2204, Fax: 52152 / 2500; Dr. Dieter Boehmdorfer, BM f.
Justiz, Museumstr.7, 1070 Wien, Fax: 52152 / 2828; Mag. Friedrich
Nowak, Leiter JVA Josefstadt, Wickenburgg. 18-20, 1090 Wien, Fax
40403 / 2379

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