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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Dezember 2001; 16:29
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Schwulesbisch/Recht:

Paragraph 209: Gerichte wollen nimmer

Ohne rechte Ueberzeugung wies der VfGH den Antrag auf Aufhebung
des unterschiedlichen Schutzalter zurueck. Es wird vielleicht das
letzte Mal gewesen sein

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat den Antrag des
Oberlandesgerichtes (OLG) Innsbruck auf Aufhebung des
umstrittenen Par. 209 StGB ("Gleichgeschlechtliche Unzucht mit
Personen unter achtzehn Jahren") zurueckgewiesen. Man habe schon
1989 entschieden, dass der Par. 209 nicht verfassungswidrig sei,
so die Begruendung des Hoechstgerichtes.

Der VfGH verweist allerdings ausdruecklich darauf, dass er nur
auf die vom OLG eingebrachten Bedenken habe eingehen koennen. "Ob
andere als die bisher an den VfGH herangetragenen Bedenken zu
einem anderen Ergebnis fuehren wuerden, muss daher offen bleiben.
Es koenne daher nicht gesagt werden, dass die Gesetzesbestimmung
"unter jedem Gesichtspunkt geprueft und als verfassungskonform
beurteilt worden sei". "Mit dieser Entscheidung sagt der
Gerichtshof ja nichts anderes, als dass das Oberlandesgericht
Innsbruck seinen Antrag in einer zweiten Runde besser begruenden
moege", kommentierte Helmut Graupner, Sprecher der Plattform
gegen Par. 209 und Verteidiger des im Anlassverfahren angeklagten
Mannes. Womit ein prinzipielle Skepsis des VfGH aehnlich wie beim
Innsbrucker OLG wohl naheliegt.

Die vom OLG vorgebrachten Bedenken bezogen sich darauf, dass das
unterschiedliche Schutzalter fuer maennliche (achtzehn Jahre) und
weibliche (vierzehn Jahre) Homosexuelle gleichheitswidrig sei und
gegen das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 EMRK)
verstosse. Eine neuerliche Befassung mit denselben Bedenken sei
laut VfGH nicht zulaessig, solange nicht dargelegt wuerde, "dass
sich jene massgebende Gesetzesmeinungen und Erfahrungstatsachen,
auf die sich der Gesetzgeber bei seiner Regelung gestuetzt hat",
deutlich geaendert haetten.

Die zeitgleich am Europaeische Gerichtshof fuer Menschenrechte
gefaellten Entscheidungen koennten dem vielleicht zuvorkommen.
Einstimmig erklaerte das Gericht die Beschwerden zweier nach Par.
209 verurteilter Maenner sowie eines 17jaehrigen Jugendlichen
fuer zulaessig, der selbst ueber seine Intimpartner entscheiden
moechte. Die Argumente der Bundesregierung, wonach keine
Verletzung der Menschenrechte vorliege, weil der
Verfassungsgerichtshof 1989 und das Parlament in Abstimmungen
1996 und 1998 Par. 209 aufrechterhalten haben, hat der
Menschenrechtsgerichtshof zurueckgewiesen.

"Da der Menschenrechtsgerichtshof auch noch erkennen liess, dass
die Sache fuer ihn entscheidungsreif sei und er nicht einmal mehr
eine muendliche Verhandlung fuer erforderlich erachte, erwarten
wir das endgueltige Urteil Mitte naechsten Jahres" so Graupner.
Was wohl das Aus fuer den letzten der Homosexuellen-Paragraphen
im Strafgesetzbuch bedeuten sollte. (Rechtskomitee Lamda/akin)

Weitere Infos:
http://www.rklambda.at/news
http://www.paragraph209.at/
http://www.vfgh.gv.at/
http://www.rdb.at


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