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Aussendungszeitpunkt:   Dienstag, 20. November 2001;16:15
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Schoene neue Welt:

In der letzten Ausgabe (akin 28/01) war unter der Rubrik "Das Vorletzte" eine Kritik
an der aktuellen UPC-Werbung zu lesen. Nachstehend drei Reaktionen dazu - eine der
UPC Telekabel auf ein entsprechendes Protestmail, eine eines Lesers und eine des
LayOuters:

> Stellungnahme zu Ihrer Beschwerde

Wir beziehen uns auf die per E-mail uebermittelte Beschwerde gegen das von uns im
Rahmen der Einfuehrung "UPC Digital" konzipierte und kreierte Plakat "Holen Sie Ihren
Fernseher aus dem Tiefschlaf!" und erlauben uns, wie folgt Stellung zu nehmen. Vorweg
versichern wir Ihnen, dass wir zutiefst bestuerzt sind ueber Ihre Reaktion auf dieses
Sujet und bitten Sie in aller Form um Entschuldigung fuer die tiefe Betroffenheit die
dieses Plakat bei Ihnen ausloeste.

1) Bei der am Plakat dargestellten Dame handelt es sich definitiv NICHT um eine
Gefaengniswaerterin, die einen gefolterten Menschen mittels "Kaltwasserguss" wieder
zu Bewusstsein bringen will. Vielmehr sind wir in der Kreation von einer Art
"Heimleiterin" ausgegangen (abgeleitet vom Aufwecken eines Zoeglings, der
offensichtlich verschlafen hat). Im parallel zum Plakat laufenden TV-Spot ist dies
auch in einer Szene, bei der die "Heimleiterin" mit strengem Blick auf die 5 Minuten
nach 6 zeigende Wanduhr schaut, deutlich zu erkennen.

Die Bezeichnung "Gefaengniswaerterin" ist eine persoenliche Interpretation zu der
Darstellerin im Zweiteiler (sie traegt auch definitiv keine Uniform!) und ist jedoch
absolut keine die wir beabsichtigten und auch keine die von der Vielzahl von
Menschen, die in die Kampagnenentwicklung involviert waren, jemals gesehen wurde.

2) Selbst wenn der eine oder die andere BetrachterIn nach eingehender
Auseinandersetzung  mit dem Plakatsujet - wovon nur in Ausnahmefaellen auszugehen
ist - zur Ueberzeugung gelangt, es handle sich doch um eine Gefaengniswaerterin, ist
die Assoziation zu "Folter" und "totalitaeren Regimen" nicht schluessig: Fernseher
werden und wurden zu keinem Zeitpunkt mit Wasser gefoltert, und schon gar nicht durch
Frauen! Der Fernseher hat keinerlei Symbolcharakter, es ist was es ist, ein rein
technisches Geraet.

3) Die Inhaber und alle anderen beteiligten MitarbeiterInnen der Agentur Haslinger,
Keck verwehren sich ganz vehement gegen die Unterstellung, mit dieser Arbeit fuer UPC
Digital "moralisch bedenkliche" Werbung hergestellt und einem sorglosen Umgang mit
den Themen Menschenrechte bzw. -wuerde Vorschub geleistet zu haben. Gleiches gilt
fuer die MitarbeiterInnen der UPC Telekabel. [...]

*Gustav Soucek*
*Bereichsleiter Kommunikation & Personal*
*UPC Telekabel*


***


> Kein Zusammenhang


Vielleicht bin ich schon zu alt oder zu bloede, aber ich sehe keinen Zusammenhang
zwischen einem Fernsehapparat und einem Menschen. Und ausserdem kann mensch auch auf
ein Auto einen Kuebel Wasser schuetten. Wo liegt der Unterschied?

*Leo Graf*


***


> Persil

Mehr koennen sie fuer ihre Waesche nicht tun. Guten Abend!

Meines Erachtens ist die Kritik an der Werbung verstaendlich und die darauffolgende
Reaktion der Werbefuzzis ist eine Frechheit - auch Kinder im Heim weckt man besser
nicht mit einem Kuebel Wasser auf. Das Aufwecken mit einem Wasserschock ist
bekanntermassen eine aeusserst geeignete Methode, Traumata zu verursachen. Und ich
sehe auch einen Zusammenhang zwischen einem Fernseher und einem Menschen. Denn es
macht keinen Sinn, einen Kuebel Wasser ueber einen Fernseher zu schuetten. Der wacht
davon nicht auf, sondern wird davon eher kaputt. Einen Menschen aber kann man so
aufwecken. Die Assoziation ist damit ziemlich naheliegend.

Aber mir taugt aus ganz anderen Gruenden diese Kritik nicht. Denn die Kritik, wie sie
in den letzten Jahren an der Werbung geuebt wird, ist vollkommen in postmoderner
Oberflaechlichkeit versackt und verkennt den Zweck von Werbung. Immer wieder laufen
Debatten zur political correctness statt die Frage zu stellen, ob wir uns diese
penetranten Ueberflutungen unserer Aufmerksamkeit gefallen lassen muessen. Uns wird
ins Hirn geschissen und wir beschweren uns darueber, das die Scheisse nicht nach
Veilchen riecht.

Wenn ich denke, dass ich schon als kleiner Bub soweit dressiert war, dass ich
"Calgon, schuetzt ihre Waschmaschine, Waschmaschine..." getraellert habe, kriege ich
eine Stinkwut. Wir "Kinder der 70er" kriegen feuchte Augen, wenn wir von einer CD
wieder die "Faserschmeichler" singen hoeren - diese geistigen Umweltverschmutzungen
erscheinen uns als unsere nettesten Kindheitserinnerungen. Wenn ich bedenke, wieviel
Gehirnkapazitaet von diesem raffinierten Schwachsinn belegt ist, wird mir uebel.

Okay, waere es nur voellig Sinnloses, haette ich kein Problem damit - wir brauchen
alle auch ein bisserl Schwachsinn, um in dieser Wahnsinnswelt nicht durchzudrehen.
Aber Werbung ist eben nicht sinnlos, nicht frei von Zweck - sie bringt uns dazu
Dinge, zu kaufen, die wir nicht brauchen, und sie bringt uns dazu, mehr zu hackeln,
damit wir uns diesen Krimskrams leisten koennen - und nicht selten genug verdienen
wir unser Geld prompt wieder damit, genau diese Dinge zu produzieren, die eigentlich
niemand braucht. Nur damit der Geldumlauf moeglichst schnell passiert und das
Wirtschaftswachstum gesichert ist - als reiner Selbstzweck eines irrwitzigen Systems.
Und ohne das Schmiermittel Werbung laeuft dieses Werkel eben nicht.

Klar, das ist alles nichts Neues. Laengst formulierte Kritik, was will denn der da
eigentlich? Sicher, alles schon gehoert. Dennoch habe ich den Eindruck, dass man
heute so etwas auch in einem linken Magazin wieder schreiben muss, da diese
naheliegende Kritik doch sehr in den Hintergrund getreten ist - sosehr haben wir uns
an diese taegliche Manipulation schon gewoehnt.

Es gibt aber wohl noch andere Gruende, warum fortschrittliche Kreise sich derart gut
mit der Werbebranche arrangiert haben - die fast vollstaendige Okkupation von
oeffentlichkeitseffektivem Kommunikations- und Kulturschaffen durch die Werbebranche.
Zum einen sind viele originell denkende Menschen selbst in der Werbebranche versackt,
um "kreativ" sein zu koennen und auch noch Geld dafuer zu kriegen. Oder sie sind
Journalisten oder arbeiten fuer eine Internetfirma - beide Branchen finanzieren sich
zum Grossteil aus Inseraten. Oder diese Progressiven organisieren kuenstlerische
Events - und brauchen Sponsoren. Und der Herr Generaldirektor kann dann im Interview
schildern, was er doch fuer ein Philantrop und Maezen ist. Wer will denn da noch
Kritik daran ueben? Schliesslich ist es ja wirklich nicht leicht, in jene Haende zu
beissen, die einen fuettern.

Jetzt verstehe ich schon, dass man in einer hochkommerzialisierten Welt irgendwie
ueberleben muss. Aber man muss (mit einem Kaestner-Wort) nicht unbedingt noch von dem
Kakao trinken, durch den man gezogen worden ist? Vielleicht sehe ich das alles auch
viel zu schwarz und uebertrieben und es ist uns ohnehin allen klar, dass Werbung ein
Schas ist. Nur: Sind wir nicht alle der Meinung, dass Werbung bei uns eh nicht
verfaengt? Gut, moeglicherweise wird die Wirkung der Werbung fuerchterlich
ueberschaetzt; aber wenn ich mir die Werbeetats grosser Firmen ansehe, kann ich mir
nicht vorstellen, dass Legionen von Konzernherren derartig in ihren eigenen
Interessen irren.

Heutzutage in einer reizueberfluteten Welt haben wir uns mit der Rundumbedudelung
abgefunden. Wir regen uns mehr uebers Wetter auf als ueber diese Dauerverbloedung.
Aber muss das so bleiben. Das kanns doch nicht gewesen sein, dass wir Briefe
schreiben, um darum zu bitten, dass die Kampagnen der Werbung doch nur nett und
menschenfreundlich und kindergerecht unsere Hirne ueberrumpeln sollen. Ich verstehe
schon, dass bestimmte Darstellungen in der Werbung besonders verletzend oder auch
bedrohend wirken koennen, und ich hab auch gar nix dagegen, die "Kriegsverbrechen" in
diesen Werbefeldzuegen zu kritisieren. Aber wars das auch schon? Wenn ja, dann haben
wir die Form unserer Werbekritik auf ein systemkompatibles Mass zurueckgeschraubt und
den Overkill an Hirnkonfektionierung in seiner Gesamtheit akzeptiert.

*Bernhard Redl*



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