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Aussendungszeitpunkt:   Dienstag, 20. November 2001;16:15
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Nachruf:

>Unsere liebe Nelly ist tot.
Noch vor wenigen Wochen haben wir gemeinsam in der Belvederegasse den Hunderter von
Hans Fraenkel und den zweiundneunzigsten Geburtstag von Theo Fischhaber gefeiert.
Mit Nelly Bohl haben eine unserer treuesten WeggefaehrtInnen verloren. Nelly kam
1914, in jenem Jahr, als der 1. Weltkrieg ausbrach, zur Welt. Obwohl aus einer
relativ wohlhabenden, buergerlichen Familie stammend, hat sie fruehzeitig
Verstaendnis fuer das Elend der armen, unterdrueckten Menschen bekundet. Mit 17
Jahren, als sie noch die Gartenbauschule in Klosterneuburg besuchte, kam sie in
Beruehrung mit der Kommunistischen  Partei Oesterreichs. Sie war damals ueberzeugt
davon, dass diese Partei die Interessen der armen Menschen am konsequentesten
vertritt. Sie betreute Fluechtlinge aus Rumaenien; Kommunisten, die vor den
Verfolgungen der koeniglichen Regierung fluechteten. Bis sie 1938 selber nach Prag
fluechten musste. Von dort gelang ihr im letzten Moment die Flucht vor den
einrueckenden deutschen Truppen nach England. 1941 heiratete sie Rudi, einen
kommunistischen Arbeiter, politischer Emigrant aus St.Poelten.

Nach Kriegsende kehrten beide in das vom Krieg verstoerten Oesterreich zurueck und
beteiligten sich gemeinsam am Wiederaufbau. Nelly arbeitete vor allem in der
Kulturabteilung der KPOe, die lange Zeit unter der Leitung von Ernst Fischer stand.

Wer das zutiefst menschliche Wesen Nellys kannte, fand es daher folgerichtig, dass
sie sich fuer die Ideen des "Prager Fruehlings", fuer einen Sozialismus mit
menschlichem Antlitz, begeisterte. 1967 wechselte Nelly zum Reisebuero IBUSZ. Als der
"Prager Fruehling" durch die Invasion der Staaten des Warschauer Paktes zerstoert
wurde, was in spaeterer Folge auch die KPOe akzeptierte, konnte Nelly nicht mehr in
dieser Partei bleiben.

Aber sie resignierte nicht. Bei IBUSZ wurde sie Vorsitzende des Betriebsrates und
uebernahm Funktionen in der GPA, sowie in der neugegruendeten "Gewerkschaftlichen
Einheit". 1974, mit 60 Jahren, erfolgte die Pensionierung, aber keineswegs der
Ruhestand. Sie beteiligte sich aktiv bei der Gruendung der Bezirksgruppe Doebling der
"Gruenen" und war vor jeder Wahl an den Informationstischen der Gruen-Bewegung zu
finden. Sie war ebenso aktiv am Versand der "alternative" beteiligt. Dafuer sind wir
ihr unendlich dankbar.

So war unsere Nelly. Wenn sie einen Weg als richtig erkannt hat, dann setzte sie sich
mit aller Konsequenz dafuer ein.

Sie liebte die Natur, die Blumen, aber vor allem die Menschen.

Wenn Nelly noch zu Euch sprechen koennte, dann weiss ich, was sie sagen wuerde: "Seid
zueinander gut und helft euch, wo immer es moeglich ist."

Nelly, wir werden Dich sehr vermissen!

*Walter Stern*


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