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Aussendungszeitpunkt:  Dienstag, 30. Oktober 2001;18:51
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Graz/Prozesse:
>"Unzulaessig, weiter"
Protestaktionen gegen Studiengebuehren in der Steiermark:
Wenig Chancen bei Verfahren vor dem UVS

Am 10. Oktober waren beim Unabhaengiger Verwaltungssenat Steiermark gleich zwei
Aktionen Gegenstand eines Berufungsverfahrens: Vormittags ging es um Geldstrafen in
der Hoehe von je 5000 OeS gegen vier Studierende, die am sog. "Protestspaziergang"
gegen Studiengebuehren am 25.10.2000 beteiligt waren, nachmittags um Geldstrafen in
der gleichen Hoehe gegen fuenf AktivistInnen von "Checkpoint Austria" am 5.12.2000.

Der "Protestspaziergang" war ein Treffen von etwa 40 Studierenden, die gemeinsam von
der Uni zu einer Kundgebung gegangen waren. Die Staatspolizei qualifizierte die
Aktion als illegale Versammlung und behauptete, mit den BerufungswerberInnen die
"fuehrenden" Leute angezeigt zu haben. Der Spaziergang wurde faelschlicherweise als
Aktion von "Mayday 2000" hingestellt, und zwar, weil die Ankuendigung des
"Protestspaziergangs", im Internet-Veranstaltungskalender von "Mayday" gestanden
habe, so die Aussage der Staatspolizisten. Das war offensichtlich auch dem UVS a
bisserl zu wenig und er stellte gegen zwei Berufungswerber das Verfahren ein: Einem
Aktivisten hatte die Polizei nur vorwerfen koennen, dass er fotografiert hatte, dem
anderen, dass er "Einkaufswagerl" mit Demo-Utensilien geschoben und ein paar Worte
gegen Studiengebuehren gesagt hatte.

Schwieriger war es fuer die beiden uebrigbleibenden StudentInnen: Hier behauptete die
Staatspolizei auf einmal, dass sie eine organisatorische Ansprache per Megaphon
gehalten haetten, pikanterweise zu einem Zeitpunkt, als das Megaphon nach Aussage der
AktivistInnen gar nicht betriebsfaehig gewesen war, weil um diese Uhrzeit einer von
ihnen noch damit beschaeftigt gewesen war, Batterien einzukaufen. Doch die Fragen der
BerufungswerberInnen, warum von dieser angeblichen Ansprache kein Wort in der Anzeige
vorkomme und die Staatspolizei erst jetzt nach fast einem Jahr diese angebliche
Ansprache erwaehne, liess der Vorsitzende des UVS nicht zu. Damit hatten sie keine
Moeglichkeit mehr, die Glaubwuerdigkeit der Behoerde in diesem Punkt zu erschuettern.
Dafuer wurde das Verfahren wegen einer kurzen Blockade am Kaiser-Josef-Platz
eingestellt, die zumindest drei von ihnen von Anfang an offen zugegeben hatten. Der
Grund fuer die Einstellung: Die Polizei war nicht in der Lage gewesen, im
Straferkenntnis den Tatort ausreichend genau zu beschreiben...

Praktisch keine Chance liess die Verhandlungsfuehrung des UVS dann den jungen Leuten,
die wegen ihrer Beteiligung an der bundesweiten Blockadeaktion "Checkpoint Austria"
gegen den Budgetbeschluss der Regierung Geldstrafen erhalten hatten. Alle gaben ihre
Beteiligung an den Blockadeversuchen in Graz zu, argumentierten aber, aufgrund der
Dauer von nur wenigen Minuten und dem geringen Erfolg - die Aktion hatte den Verkehr
eben kaum beeintraechtigt - sei die Strafe bei weitem zu hoch. Irrelevant fuer das
Verfahren, bescheinigte ihnen der UVS.

Alle Fragen, die die Dauer und Auswirkungen der Blockade zum Thema hatten, wurden
fuer unzulaessig erklaert. Als die Polizisten einzelnen Angezeigten Laermerregungen
oder Aktionen vorwarfen, an denen sie sich nach eigener Aussage nicht beteiligt
hatten, versuchten die Betroffenen, den Beamten Widersprueche nachzuweisen. Daraufhin
erklaerte der UVS alle Fragen fuer unzulaessig, in denen es um die Glaubwuerdigkeit
der Polizei ging. Zwischendurch war ueberhaupt nur noch "Unzulaessig, weiter.
Unzulaessig, weiter" zu hoeren, bis die ersten unter den BerufungswerberInnen es
aufgaben, ueberhaupt noch Fragen zu stellen oder Stellungnahmen abzugeben. Unmut
machte sich auch unter den ZeugInnen breit: Einige konnten nach stundenlangem Warten
doch nicht aussagen, weil der UVS die Fragen, die die AktivistInnen an sie gehabt
haetten, schon fuer unzulaessig erklaert hatte. Andere wurden angefahren, nur weil
sie sich an exakte Zeitpunkte nicht erinnern konnten. Eine wirkliche Verteidigung war
bis zum Schluss nicht moeglich, und kaum jemand - ob ZuhoererIn oder
BerufungswerberIn - hatte noch den Eindruck hier an einem unvoreingenommenen
Verfahren teilzunehmen.

Die endgueltigen Urteile stehen noch aus.

In Sachen "Protestspaziergang" sind beim Magistrat Graz noch weitere Verfahren gegen
die vier StudentInnen anhaengig. Bezueglich "Checkpoint Austria" laufen noch zwei
Verfahren (Geldstrafen in der Hoehe von je 5000 OeS gegen zwei weitere
TeilnehmerInnen). In Zusammenhang mit "Checkpoint Austria" kam es ausserdem zu zwei
gerichtlichen Anklagen, in einem Fall wegen "Beleidigung", was mit einer Diversion
endete, im zweiten Fall wegen "Verleumdung", was zur Verhaengung einer dreimonatigen,
bedingten Haftstrafe fuehrte.

(MayDay2000 Graz, via MUND, leicht gekuerzt)

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