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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Oktober 2001 23:58
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FPOeVP/Geschichte:
>"Nicht archivierungswuerdig"
Regierung wuetet in den
Archiven
Unter Oesterreichs Zeithistorikern herrscht derzeit
grosse Besorgnis. Denn das
Kanzleramt will mit 1. Jaenner 2002
eine Verordnung erlassen, die genau definiert,
welches Schriftgut
unter Schutz steht und aufbewahrt werden muss. Alles andere
aber,
was seit dem 1. November 1955 anfiel und anfaellt, habe
demnach skartiert
(vernichtet) zu werden.
Aufbewahrenswert
sind laut Entwurf vor allem Akten der Zentralstellen des
Bundes
sowie Schriftgut ueber "Personen des oeffentlichen
Lebens". Juliane Mikoletzky,
Leiterin des Archivs der TU Wien,
spricht von einem Skandal: Die Auswahlkriterien
seien "von einem
recht eingeschraenkten Geschichtsverstaendnis" getragen, sehr
oft
sei die spaetere historische Bedeutung eines Vorgangs noch
nicht zu erkennen. Zudem
befuerchtet sie, dass bei
Aktenvernichtung an Ort und Stelle "durch mangelnde
Kompetenz
oder mit Absicht" die historische Ueberlieferung "durch
entsprechende
Selektion bewusst oder unbewusst manipuliert"
werde.
Auch Eva Blimlinger von der Historikerkommission ist
erschuettert. Schliesslich
waeren viele Bestaende, die fuer die
derzeit laufenden Forschungen fundamental sind
(wie die rund
600.000 Akten des Kriegs- und Verfolgungssachschaedengesetzes),
nicht
mehr archivierungswuerdig. Sie weist auf "ein besonderes
Apercu der
Vernichtungsbestimmung" hin: "Nach Ende der Arbeit
muesste saemtliches nicht
publizierte Schriftgut der
Historikerkommission vernichtet werden!"
Historiker Robert
Holzbauer sieht nur einen aufwendigen Ausweg: Das
Bundesdenkmalamt
muesste Bestaende zu Archivgut erklaeren, also
unter Schutz stellen. Er hofft wie
viele Kollegen, dass der
Entwurf stark ueberarbeitet wird - um
"historische
Forschungsarbeiten nicht vollkommen unmoeglich" zu
machen.
Ministerialrat Alois Schittengruber, der den
"positiven Abgrenzungsvorschlag"
erstellte, will, weil er selbst
Historiker sei, fuer die Anliegen der Kollegen
Verstaendnis
haben. Und gesteht gerne ein, dass es sich um eine Gratwanderung
handle.
Denn es gebe sehr wohl Akten, die erst mit der Zeit
Bedeutung erlangen. Dennoch: "Wir
verbrauchen viel Platz fuer
nicht archivwuerdiges Gut." Durch die rasant wachsende
Zunahme
des "ganzen Wusts" wuerden die Kapazitaeten im Staatsarchiv "in
naher
Zukunft" erschoepft sein.
Doch Lorenz Mikoletzky,
der Generaldirektor des Staatsarchivs, widerspricht
energisch:
Platz gebe es bis ins Jahr 2010 - wenn nicht laenger (aufgrund des
neuen
"elektronischen Akts"). Wuerde skartiert, was die
Verordnung vorschreibt, waere sein
Haus fast leer. Er werde daher
eine dezidierte Stellungnahme abgeben. Die
Begutachtungsfrist
fuer die "Bundesarchivgutverordnung" endet am 25.
Oktober.
(Thomas Trenkler im "Standard", 20.10.2001 /
gek)
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