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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Oktober 2001:16:40
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Krieg/Glosse:
>Die Toleranz der bessern Leute
Wenn sie von Toleranz reden,
wetze ich die Messer - so ungefaehr hats einmal der
Guenther
Anders geschrieben. In den letzten Tagen musste ich haeufig an
diesen Satz
denken. "Toleranz", das ist jetzt das Wort, das
hiesige christliche, juedische und
islamische Wuerdentraeger -
also allesamt Vertreter dogmatischer Vereine mit
Allheilsanspruch
- am liebsten im Munde fuehren. Schoen, es ist vielleicht
besser,
wenn sich die Oberindianer autoritaerer Systeme nicht
alle so gebaerden wie die
Krenns dieser Welt. Aber obacht:
"Toleranz" oder auch "Dialog" sind nur die
Trademarks;
"Burgfrieden" heisst das Produkt in Wirklichkeit. Diese
netten
Klerikersprueche werden dann von unseren ach so
verantwortungsbewussten Politikern
unmittelbar in die Sprache der
Politik uebersetzt und in das
Selbstverstaendnis
westlich-kapitalistischer Praepotenz
eingefuehrt.
Belege dafuer? Zum Beispiel Thomas Klestil beim
"Dialog der Religionen, Kulturen und
Zivilisationen" letzte
Woche: Die Zukunft liege "im Miteinander von Juden,
Christen,
Muslimen und all jenen, die guten Willens sind", so
Klestil. Zum Angriff auf
Afghanistan meinte er, dass "auch wir
auf der Seite der Gerechtigkeit" stehen: "Die
Menschen, die jetzt
ihr Leben aufs Spiel setzen, kaempfen fuer uns alle."
Oder
auch zum Beispiel die SPOe Hernals in einer Einladung fuer
eine
Diskussionsveranstaltung: "Dialog der Kulturen - Wieso
brauchen wir ihn? Was ist so
schwierig daran? [...] Die
verbrecherischen Anschlaege von Terroristen am
11.September 2001
in den USA und die berechtigten Gegenmassnahmen der USA und
ihrer
Verbuendeten haben uns unter anderem deutlich vor Augen
gefuehrt, wie notwendig ein
Dialog der Kulturen ist, insbesondere
ein Dialog der westlichen Kultur mit dem
Islam."
Wenn man
so zu einem Dialog einlaedt, was erwartet man sich da? Ein Dialog,
bei dem
man von vornherein sagt, dass Kamikazeflieger auf
Menschen in den USA "Verbrechen",
Bomben auf Menschen in
Afghanistan aber "berechtigt" sind. Krepiert wurde hier wie
dort
und der Grund, warum man unbeteiligte Zivilisten umbringt, ist nun
fuer den,
dems auf den Kopf faellt, eher von sekundaerem
Interesse.
Mit hier lebenden, voll in die westliche
Gesellschaft integrierten Moslems wollen sie
einen Dialog fuehren
- na, was fuer eine Leistung ist das? Es gaebe aber auch
andere
Adressaten: Die Afghanen nach mehr als 20 Jahren Krieg und
Terrorregimen, die
Palaestinenser unter israelischer Hegemonie,
die Iraner unterm Schah - fuer all die
war und ist der Islam
idiotischerweise ein vermeintlicher Heilsbringer gegen
ihre
politische Frustration, mag diese jetzt durch den
Westimperialismus, dem
Sowjetmachtwahn oder sonst irgendwas
hervorgerufen worden sein. Und das hat recht
wenig mit Religion
zu tun, aber sehr viel mit miesen
Lebensbedingungen,
Ungerechtigkeiten und Angst, die dann eben
irgendwann zu Wut, Hass, Krieg und
autoritaeren Regimen gefuehrt
haben. Darueber muss man reden. Und nicht darueber, ob
sich
hiesige gutsituierte weltliche und kirchliche Wuerdentraeger moegen
oder nicht.
*Bernhard
Redl*
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