**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
 **********************************************************
 Aussendungszeitpunkt:  Dienstag, 18. September 2001 17:04;
**********************************************************
USA/Glosse:
>Schurken vs. Schurken
            
Im Fernsehen herrscht
            Krieg.
Zynische Notizen aus der
            Bildschirmperspektive
*
Es ist unertraeglich. George
            Bush junior: "Der Kampf des Guten gegen das Boese" sei
das, was
            da jetzt auf uns zukomme und es gelte, "das Boese von der Welt
            zu
vertreiben" - das haette Saddam Hussein auch nicht anders
            formuliert. Und dann beruft
sich dieser "Fuehrer der freien Welt"
            auch noch staendig auf Gott. Ich weiss nicht,
aber moralisch
            haben sich Kapitalisten und moslemische Amerikafeinde
            nichts
vorzuwerfen: Beide sind der Meinung, die
            alleinseligmachende Religion zu besitzen und
das Recht und die
            Pflicht zu haben, sie mit allen Mitteln durchzusetzen, da der
            Zweck
diese ja sowieso heiligt. Man hoere sich islamistische
            Fuehrer im Interview an und
Fernsehreden des US-Praesidenten. Man
            ersetze in Bushs Meldungen das Wort
"Demokratie" durch das Wort
            "Islam", uebersetze das ganze ins Arabische und jene
Leute, die
            Amerika fuer das Reich des Boesen halten, werden glauben, da haette
            einer
der ihren gesprochen.
*
Ein ORF-Sprecher
            nannte die Attacke einen "feigen Anschlag". Also einmal
            abgesehen
davon, dass es mir scheissegal ist, ob ich von einem
            feigen oder einem mutigen
Moerder umgebracht werde, glaube ich
            auch nicht, dass das Wort "feig" bei einem
Selbstmordattentaeter
            angebracht ist. Oder ist es mutiger, irgendwo wahllos Bomben
aus
            grosser Hoehe abzulassen, nur damit ein westlicher Kampfpilot ja
            nicht in
Abschussgefahr kommt? Oder eine pharmazeutische Fabrik
            zu bombardieren, weil man zu
feig und zu faul war, genauer zu
            ueberpruefen, was man da attackiert?
*
"NATO
            beschliesst erstmals das Inkrafttreten des Beistandsfalls". Jetzt
            wird es
endlich klar ersichtlich, wozu die NATO gut ist -
            naemlich, um die Interessen der USA
zu
            schuetzen.
*
Und die US-Buerger wissen jetzt, was
            "gezielte Luftschlaege" sind - und
            was
"Kollateralschaeden"...
*
Meine Betroffenheit
            ueber ein eingestuerztes WTC oder gar ein brennendes
            Pentagon
haelt sich in Grenzen. Taeglich sterben Menschen an
            Hunger, Krieg oder vergiftetem
Trinkwasser - oder vielleicht auch
            Medikamentenmangel, weil die WTO die billige
Produktion ohne
            Lizenzgebuehren an die Pharmaindustrie unterbindet.
            Hunderttausende
Kriegstote in Rwanda und Burundi, ueber 15.000 in
            Tschetschenien, ungeklaerte
Totenzahlen bei den Bombardements auf
            Belgrad und Bagdad - gab es da in Wien
irgendwelche
            Schweigeminuten oder eine medienwirksam betroppezt
            dreinschauende
Bundesregierung?
Nein, denn Afrika und
            Tschetschenien gehen uns ja nix an - und CNN liefert auch
            keine
so tollen Bilder - und in Belgrad und Bagdad wurden ja die
            Boesen von den Guten im
Namen der Menschenrechte und der
            Demokratie bombardiert; na dann... Dann muessen wir
ja nicht
            schwarz beflaggen und die Glocken laeuten. Das koennen wir
            ignorieren oder
als Kollateralschaeden
            abtun.
*
US-Kommentatoren reden schon vom
            "3.Weltkrieg". Das ist vielleicht wirklich ein Grund
betroffen zu
            sein: Denn die USA tun so, als koennte man Menschen, die
            zu
Selbstmordattentaten bereit sind, irgendwie einschuechtern.
            Und nachdem sie sowieso
nicht wirklich wissen, wer an der Sache
            schuld ist, werden sie bombardieren, was
ihnen gerade so
            einfaellt und was sie eh schon lange wiedermal bombardieren
            wollten:
Afghanistan, vielleicht den Irak oder Libyen. Vielleicht
            alle ein bisserl. Ganz nach
der Methode: "Hilfts nix, dann
            schadts nix". Und 100 Auslaender fuer einen Ami. Und
die
            Fernsehkameras werden uns wieder Bilder von "gezielten Luftschlaege
            auf
militaerische Ziele" á la americain
            liefern.
*
Die Zahl der Toten in den USA wird jetzt
            mit um die 5000 angegeben. Die Zahl der
Toten, die der Racheakt
            fordern wird, wird uns wahrscheinlich wieder nicht
uebermittelt
            werden. Und die Zahl der islamischen Gotteskrieger werden so sicher
            auch
nicht weniger.
*
Die Attentaeter haben nicht
            irgendwas angegriffen. Sie haben Schaltstellen der
            Macht
attackiert - aber auch Symbole. Sie wollten, dass das alles
            schoen im Fernsehen zu
sehen ist. Und die amerikanische
            veroeffentlichte Meinung verhaelt sich wie der
Pawlowsche Hund.
            Die koennen gar nicht anders, die muessen so reagieren. Die
            US-Elite
und weite Teile des Volkes kommen sich jetzt alle vor
            wie in "Independence Day" -
jetzt wird in die Schlacht gezogen!
            Die Alliens koennen was erleben! Die Amis machen
jetzt brav genau
            das, was die Angreifer wollten. Das ist die wahre Demuetigung
            einer
"Nation" - und diese begreift das nicht
            einmal.
*
Am Samstag der Film "Queimada". Die
            Handlung: Ein britischer Agent kommt Mitte des
19.Jahrhunderts
            auf eine portugiesisch kolonialisierte Antilleninsel, um sie
            unter
britischen Einfluss zu bringen. Er zettelt unter den
            Sklaven eine Revolution an. Aus
den Sklaven werden Arbeiter, die
            jetzt halt fuer die Briten Zuckerrohr schneiden.
Besser geht es
            ihnen aber deswegen nicht und sie beginnen nach zehn Jahren eine
            neue
Revolution. Der Agent kehrt im Auftrag der britischen
            Plantagenbesitzer auf die Insel
zurueck, laesst den von ihm
            damals gemachten Praesidenten absetzen und schlaegt
            die
Revolution mit Hilfe britischer Truppen nieder. Am Schluss
            wird die ganze Insel
niedergebrannt. Die Plantagen sind zwar
            zerstoert, aber fuer die
Plantagenbesitzergesellschaft zahlt es
            sich trotzdem aus. Denn das Massaker sollte
nicht nur den
            Widerstand vernichten, sondern auch die Unzufriedenen auf den
            anderen
Zuckerinseln einschuechtern. Ein Lehrstueck brechtscher
            Qualitaet zum Thema
Imperialismus. Zeitpunkt der Ausstrahlung: 1
            Uhr 30 morgens.
*
Es ist schon spannend: Die Amis
            machten in den 80er-jahren extrem schlechte
Erfahrungen mit dem
            moslemischen Religionsstaat Iran. Und trotzdem unterstuetzten
            sie
weiterhin die Islamisten in Afghanistan - und bauten sich so
            gleich ihren jetzigen
Hauptfeind auf. Ja, das ist es dann wohl
            auch: Utilitaristisch den jetzigen Feind
bekaempfen, grossartig
            von Moral und Menschenrechten salbadern und gleichzeitig fuer
das
            Feindbild der Zukunft vorsorgen.
*
Und natuerlich
            kommen jetzt auch diese ganzen Ungusteln aus ihren Loechern:
            Die
Geheimdienstbefuerworter, die Lauschangreifer, die
            Internetzensurierer, die
Sternenkrieger und die Samuel
            Huntigton-Fans. Und unsere hiesigen Arschkriecher:
"Wenn es ein
            UNO-Mandat gibt, ist die Neutralitaet aufgehoben" sagt der
            Gusenbauer
und sogar den Gruenen faellt nur mehr verzweifeltes
            Kopfnicken ein. Und by the way
wird auch gleich der Entschluss
            von neuen Abfangjaegern durchgeboxt. Mein Boersentip:
Telekom und
            Fluglinien verkaufen, Ruestungsaktien kaufen.
*
Und am
            Sonntag um zehn ist "Columbo" - schon wieder ein Ami, sogar ein
            Kibara. Aber
ein netter. Da wird das Fernsehen wieder
            ertraeglich.
*Bernhard
            Redl*
**********************************************************
            'akin - aktuelle informationen'
wipplingerstrasze 23/20
a-1010 wien
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
e-mail:akin.büro@gmx.at
Domain:http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000,223-102-976/00, Zweck: akin