**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: 28.06.2001 -15:04
**********************************************************
Papua Nueguinea/Neoliberalismus:

> Polizei erschiesst vier Studenten

Militaer unterstuetzt Proteste gegen Weltbank und Privatisierung


*

Seit fuenf Tagen protestierten die Studenten der Universitaet
Papua
Neuguineas in der Hauptstadt Port Moresby gegen "den Ausverkauf
des Landes", gegen die pro-Australische Regierung Sir Mekere
Morauta's.
Und gegen die Weltbank und den "International Monetary Fund"
(IWF,
Internationaler Waehrungsfonds). Unterstuetzt von den
Gewerkschaften
und breiten Schichten der Bevoelkerung verlangten sie, dass die
Weltbank,
sowie die australischen "Berater" - manche sagen: "Die
Befehlshaber" -
der PNG-Regierung das Land verlassen, dass die Politik der
weitgehenden
Privatisierugen, gestoppt wird. Und - auesserst wichtig fuer den
Grossteil
der Bevoelkerung die noch ihr Land kollektiv besitzt - daß die
Registrierung
der Landstuecke, von den Beratern der Weltbank empfohlen, und von
vielen als ein Schritt auf dem Weg zu der Privatisierung des
Landes, sofort
eingestellt wird.

Fuenf Tage lang verliefen die Proteste friedlich. Premier
Minister Morauta,
von australischen Regierungs- und Geschaeftskreisen als "der
beste moegliche
papuanische Regierungschef" bezeichnet, schien sogar
kompromissbereit und
kam zu den Studenten, akzeptierte ihre Petition und versprach
eine baldige,
positive, Antwort. Aber ploetzlich, Montag Nacht, als schon ein
Grossteil
der Studenten nach Hause ging, schossen Einheiten der Polizei in
die Menge.
Zu mindest vier, manche reden von sechs, Studenten wurden
getoetet, an die
zwanzig durch die Schuesse verwundet.

Wir sprachen mit Marc Roy, von "MelSol" (Melanesische
Solidaritaet), die
wichtigste landesweite linke Organisation, die eine fuehrende
Rolle in den
Protesten spielt: "Wir hatten gute Beziehungen mit der Port
Moresby-Polizei
aufgebaut, sahen zu dass alles friedlich verlaeuft. Aber dann hat
die
Regierung Riot Squads - besondere, von den Australiern trainierte
Einheiten - aus Mount Hagen, den Western Highlands, im
Landesinnern, nach
Port Moresby gebracht. Die haben sofort, ohne dem geringsten
Anlass,
losgeballert."

Merkwuerdige Koalition

Die Armee hingegen ist eher eine Gefahr fuer die Regierung als
fuer die
Oppositionellen. Denn seit laengerem formiert sich eine
merkwuerdige
Koalition zwischen "der Linken" und - vielen Soldaten der
PNG-Armee. Diese
kleine, aber fuer die australische Politik sehr wichtige
Streitkraft hat
sich in den letzten Jahren grundsaetzlich veraendert. Unter 5000
Mann
stark - in einem Land mit 5 Millionen Einwohner, flaechenmaessig
so gross
wie Deutschland - wurde diese Armee nach dem Muster australischer
Berufssoldaten aufgebaut, die Offiziere und auch viele der
Eliteeinheiten
wurden in Australien trainiert.

Acht Jahre lang - von 1989 bis 1997 - kaempfte die Armee gegen
die - anfangs
fast unbewaffnete - Partisanen der Bougainville Revolutionary
Army (BRA),
Dabei ging es in erster Linie um die Riesen-Mine Panguna im
Zentrum der
Insel Bougainville, in der Gold und Kupfer abgebaut worden war
und die fuer
fuer ihren offiziellen Besitzer, multinationalen Konzern Rio
Tinto,
zurueckgewonnen werden sollte (s.a. akin 4/2000). Vergebens.
Trotz starker
australischer Unterstuetzung verlor die PNG Armee diesen Krieg,
die
Bougainvillier blieben im Besitz der stillgelegten Grube.

Im Maerz 1997 versuchte Julius Chan, der damalige Regierungschef
von PNG,
eine letzte Karte zu spielen: Englische und suedafrikanische
Soeldner sollte
gegen die Bougainvillier eingesetzt werden. Aber das PNG-Militaer
hatte
genug, meuterte, und warf die Soeldner ruhmlos aus dem Lande.

Die Bevoelkerung, begeistert, unterstuetzte "ihre Soldaten" gegen
die
Chan-Regierung. Seit dem werden die PNG Soldaten immer
"aufmuepfiger". Und
fuer den "Grossen Bruder" Australien mehr und mehr
"unzuverlaesslich". Wie
man in der australischen Hauptstadt Canberra offen sagt, ist
"keine" Armee
besser als eine, deren Soldaten anfangen fuer sich selbst zu
denken. Und zu
handeln.

So kam es vor einigen Monaten zu einem neuen "Vorschlag"
Canberra's, den die
Port Moresby Regierung sofort versuchte, durchzufuehren. Port
Moresbys
Armee-Hauptquartier "Murray Barracks" sollten verkauft,
"privatisiert",
werden. Und die Truppenstaerke von etwa 4200 Mann auf 1900 oder
vielleicht
auch Null reduziert werden. Die Polizei, hoffentlich
verlaesslicher, wuerde
die Armee Arbeit uebernehmen.

Aber die Soldaten machten da nicht mit: Sie streikten gegen
diese, aber auch
andere, Privatisierungen. Sie nahmen auch vorsichtshalber Gewehre
und
Munition zum Streik mit. Innerhalb einigen Tagen gab die
Regierung klein
bei. Diese Privatisierung wurde abgeblasen. Andere, wo die
Betroffenen nicht
bewaffnet sind, wurden weiter gefuehrt.

Da protestierten jetzt die Studenten. Und wurden, dabei,
angeschossen.
Getoetet.

Gestern, Mitwoch, kamen neue Unterstuetzer zu den Trauermarsch
fuer
die toten Studenten Sechzig einfache Soldaten. "Bemerkenswert" -
sagte
uns Melsol-Sprecher Roy - "Soldaten, keine Offiziere". In
Uniform, aber
ohne Gewehre. Dieses Mal.

Max Watts, Sydney
**********************************************************
'akin - aktuelle informationen'
wipplingerstrasze 23/20
a-1010 wien
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
e-mail:akin.büro@gmx.at
Domain:http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000,223-102-976/00, Zweck: akin