**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
 **********************************************************
 Aussendungszeitpunkt:  19. Juni 2001 -16:16
**********************************************************
Goeteborg I:
> Wie es zu den Schuessen kam
            
Augenzeugenberichte aus Schweden vom
            EU-US-Gipfel
Es begann mit einem Fest unter dem Motto
            "Reclaim the City", am
Freitag um 8 Uhr abends, nach einem Tag,
            der von Straszenkaempfen
und Tumulten gepraegt war. Nach dem
            Bericht von Augenzeugen war
der Ablauf wie folgt:
Die
            Stimmung auf der Vasastrasze war festlich und die Leute
hoerten
            der Musik zu und tanzten. Natuerlich ist es nicht
gestattet, in
            den Straszen zu tanzen und die Polizei beschlosz
einzugreifen -
            in Kampfausruestung und mit Hunden. Als der Kampf
zwischen der
            Polizei und den Festteilnehmern schon eine Zeitlang
in Gang war,
            setzte sich eine Gruppe von 5-8 Polizisten in
Kampfanzuegen in
            Bewegung - in die Reihen der Demonstranten
hinein. Das war nicht
            nur unueblich, sondern auch recht
gefaehrlich, wie sie bald
            herausfanden. Die groeszere Gruppe der
Polizisten von etwa 50
            Mann der Kampftruppe hatte sich entfernt,
ohne dasz die kleine
            Gruppe das bemerkt hatte, und als einer der
Polizisten die
            Demonstranten mit einem Steinwurf angriff, wurde
die Menge
            wuetend und warf sich auf die Polizisten, schlug und
jagte
            sie.
Die Polizisten versuchten zu fluechten, wurden aber in
            die Enge
getrieben. Als die Demonstranten sie eingeschlossen
            hatten,
begannen die Beamten zu schieszen. Nach
            verschiedenen
Augenzeugenberichten gaben sie ungefaehr 15
            Schuesse ab.
Das Endergebnis war, dasz zumindest zwei
            Demonstranten
Schuszverletzungen hatten - einer im Magen, einer
            am Bein - und es
gibt neue Berichte, dasz ein Polizist ebenfalls
            angeschossen
worden sei. Es ist unklar, ob er von Kugeln der
            eigenen Leute
getroffen worden war.
Aber was war davor
            geschehen?
Am Tag vorher, am Donnerstag um 9 Uhr frueh, hatte
            die Polizei
bereits mit ihrer deeskalierenden Strategie begonnen:
            400
Polizisten umzingelten das Organisationszentrum fuer
            die
Hauptproteste, die gegen den Besuch von George Bush und den
            EU-
Gipfel in Goeteborg geplant waren. Kurz bevor Bush durch
            Goeteborg
gefahren wurde, riegelte die Polizei eine grosze Schule
            ab - das
Hvitfeld-Gymnasium, das -- in Absprache mit der
            Stadtverwaltung --
als Versorgungszentrum und Treffpunkt von
            Demonstranten benutzt
wurde.
Carl war einer von etwa 400
            Leuten, die in der Schule
zurueckgehalten wurden: "Ich schaute
            hinaus und sah, wie die
Polizisten grosze Lastwagen um die Schule
            herum parkten und
Drahtzaeune aufstellten. Ich sprach mit dem
            Polizeikommandanten,
der behauptete, dasz sie nur beobachten
            wollten und wir alle ruhig
bleiben sollten. Er konnte aber nicht
            erklaeren, warum wir das
Zentrum nicht verlassen
            durften.
"Nach einer Weile begann die Polizei,
            Metall-Transportcontainer
auszuladen und sie in einem Wall rings
            um die Schule aufzubauen.
Die Schule besteht aus mehreren
            Einzelgebaeuden, die alle
eingeschlossen wurden."
Dann
            versuchte die Polizei, in die Gebaeude einzudringen,
            aber
Aktivisten trieben sie durch einen Regen von
            Pflastersteinen
zurueck, wie Carl berichtete.
"Etwa um 16
            Uhr erklaerte die Polizei, dasz wir innerhalb von zehn
Minuten
            mit unserem Gepaeck das Zentrum Richtung Demonstration
verlassen
            sollten. Aber sie bestanden darauf, uns vorher auf
Waffen zu
            durchsuchen. Nach einer Debatte ueber diese Forderung
wurde der
            Standpunkt der Majoritaet der Polizei mitgeteilt: alle,
die
            festgehalten wurden, sollten ohne Durchsuchung
            freigelassen
werden. Die Polizei wollte keinem erlauben, ohne
            Durchsuchung zu
gehen. Waehrenddessen hatten etwa 30 von den
            Eingeschlossenen es
geschafft, zu entkommen, dank des Protestes
            von Tausenden von
Menschen, drauszen vor der
            Absperrung."
"Wir beschlossen nun, auszubrechen", sagte Carl.
            "Wir formierten
uns zu einem Demonstrationszug mit den "Ya
            Basta!"-Leuten an der
Spitze und gingen auf die Absperrung zu.
            Wir hielten 15 Meter vor
dem Zaun an. In diesem Augenblick gab
            die Polizei den Befehl, dasz
wir 'zerstreut' werden sollten.
            Versuche, mit der Polizei zu
verhandeln, schlugen fehl. Sie
            entgegneten, dasz jeder, der sich
innerhalb des Zaunes befand,
            wegen gewalttaetigen Aufruhrs
eingesperrt werden wuerde. 'Ya
            Basta!' fuehrte vier Versuche an,
die Reihen der Polizei zu
            durchbrechen, aber alle schlugen fehl.
Ein Aktivist von 'Ya
            Basta!' wurde auf den Kopf geschlagen und
erlitt eine
            Gehirnerschuetterung."
"Unter diesen Umstaenden zogen wir uns
            in das Schulgebaeude
zurueck und verbarrikadierten die
            Eingaenge", berichtete Carl.
"Die Polizei entfernte die
            Drahtzaeune und griff uns mit
Polizeihunden an, gefolgt von der
            restlichen Polizeistreitmacht.
Ich stand gerade auf einer
            Mauer und fotografierte. Ich wurde
hinuntergeworfen, und als ich
            die Haende erhob um mich zu
schuetzen, wurde ich von zwei
            Polizisten heftig mit Holzknueppeln
geschlagen. Sie hetzten auch
            ihren Hund auf mich, der mich
mehrmals gebissen hat. Danach wurde
            ich gepackt und zu einem Bus
gezerrt, der mit Demonstranten
            gefuellt und zum
Polizeihauptquartier gefahren wurde. Wir muszten
            drei Stunden
warten."
"Ich sasz neben einer Frau, die mir
            erzaehlte, dasz eine andere
ihr bekannte Frau von einem der Hunde
            ins Gesicht gebissen worden
sei, als sie am Boden lag. Sie selbst
            habe versucht, ihre Bekannte
vor dem Polizeihund zu schuetzen,
            als ein Polizist ihr heftig
gegen den Arm trat."
"Im Bus
            war eine weitere Frau, die sagte, sie habe Diabetes, aber
die
            Polizei weigerte sich, ihr zu glauben. Erst als
            sie
zusammenbrach, brachten sie sie weg."
"Schlieszlich
            wurden wir ins Polizeihauptquartier gebracht, wo ich
fotografiert
            und durchsucht wurde, bevor man mich in eine Zelle
warf, um auf
            die Vernehmung zu warten. Wir waren fuenf Personen in
der
            Zelle."
Nach der Vernehmung muszte Carl noch bis 6 Uhr frueh
            warten, bis
man ihn entliesz.
"Auszerhalb des
            Polizeigebaeudes warteten Leute mit Kaffee, die
uns in Empfang
            nahmen um ihre Solidaritaet zu zeigen," schlosz
Carl seinen
            Bericht. (Indymedia/Uebers. und Bearb.: akin)
***
Der
            Groszteil der hier und in den anderen akin-pd-Mails gesammelten
            
Informationen ueber Goeteborg stammt von der Website von
            Indymedia 
Schweden ( Homepage :http://sweden.indymedia.org ).
            Dort sind auch einige 
Standphotos und Videos der Geschehnisse
            abrufbar. Indymedia ist ein
alternatives internationales
            Medienprojekt. Fuer das Gipfeltreffen
in Salzburg ist die
            Indymedia Oesterreich-Site 
( Homepage :http://austria.indymedia.org)
            schon vorbereitet.
Naeheres zu Indymedia unter Homepage :www.indymedia.org
**********************************************************
            'akin - aktuelle informationen'
wipplingerstrasze 23/20
a-1010 wien
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
e-mail:akin.büro@gmx.at
Domain:http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000,223-102-976/00, Zweck: akin