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Aussendungszeitpunkt: 12. Juni 2001 - 14:55
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Moderne Zeiten/Kommentar:
> Eigentlich nur logisch
Zeige
mir Deine Internet-Gesetze und ich sage Dir, wer Du
bist
*
Die Tuerkei wird modern. Oder so. Zur
Beschluszfassung durch das
Parlament legte kuerzlich die
tuerkische Regierung einen Entwurf
vor, der den gesetzlosen
Zustand im Internet fuer tuerkische
Provider regeln soll. Wenn
die tuerkische Regierung ein solches
Gesetz vorschlaegt, ahnt man
schon, dasz es nicht unbedingt zur
Sicherung der Meinungsvielfalt
gedacht ist. Und so ist es dann ja
auch: Nach den Vorstellungen
der Obrigkeit soll sich ab sofort
jede neue Website bei
Behoerdenstellen registrieren lassen. Aber
nicht nur die Site als
solche bedarf der Genehmigung: Alles was
auf die Seiten von in
der Tuerkei beheimaten Sites zu lesen sein
soll, mueszte vor der
Publikation der Staatsanwaltschaft und der
zustaendigen
Bezirksverwaltung zur Bewilligung uebergeben werden.
So einfach
ist das. Keine Tricks, keine hinterhaeltigen
Rechtsspielereien,
ganz einfach die nackte Vorzensur.
Allein, dasz ein
derartiger Gesetzesvorschlag auch nur in
Erwaegung gezogen wird,
sagt viel aus ueber ein Regime. Da braucht
es keine Berichte mehr
ueber tuerkische Gefaengnisse oder Massaker
in kurdischen
Doerfern -- allein solche Kleinigkeiten machen klar,
wie fragil
die republikanische Fassade einer solchen
Militaerdiktatur ist.
Man wird sehen, wie ernst es der EU wirklich
mit ihrer
"Gesinnungsgemeinschaft" ist.
*
Spanien ist schon in
der EU. In Spanien sind zwar auch erst 19
Jahre seit dem letzten
Putschversuch vergangen, aber dort hat man
gelernt, dasz sich
auch mit dem guten alten demokratischen
Kapitalismus ganz gut
Meinungsunterdrueckung machen laeszt. Nun
ist es ja ein alter
Hut, dasz man mit Geld Massenmanipulation
kaufen kann. Aber jetzt
gibt es das bloede Internet. Auch dieses
ist zwar schon schwer
kommerzialisiert -- wer erinnert sich heute
noch an die Kaempfe
der Community gegen den Kommerz im Netz Anfang
der 90er -- , aber
es gibt doch noch verdammt viel, was einfach
nur der
Meinungsfreiheit dient.
Da musz man doch was dagegen machen.
Und daher wirds jetzt
logisch: Im Kapitalismus macht niemand
etwas, ohne Profit dabei zu
erhoffen. Ergo ist auch das ganze Web
eine einzige Geldmaschine
und irgendwie macht sicher jede Site
ein Geschaeft -- denn wer
wuerde sich sonst die Muehe machen,
eine Website zu betreiben. Und
da fuer jede kommerzielle
Unternehmung Steuern bezahlt werden
muessen, so ist das auch bei
einer Website nicht anders. Und jedes
Link ist natuerlich eine
Werbeeinschaltung und damit ebenfalls
abgabepflichtig.
Unglaublich, aber so steht es geschrieben in dem
Entwurf zum
"Gesetz ueber die Dienste der
Informationsgesellschaft"
(LSSI).
Eigentlich sollte dieses Gesetz ja -- folgend einer
EU-Richtlinie
-- die Zustellung unerwuenschter eMail eindaemmen
und
Rechtssicherheit fuer den Internethandel schaffen. Doch
Kritiker
lesen in den Formulierungen dieses Gesetzes etwas
anders, naemlich
eben, dasz alle Homepage-Eigentuemer gesetzlich
verpflichtet
werden, sich im Handelsregister eintragen zu lassen
und Steuern zu
zahlen. Auf Zuwiderhandeln stehen Geldstrafe bis
zu umgerechnet
rund 170.000 Schilling.
Mittlerweile wurde
aufgrund zahlreicher Proteste der Entwurf zur
Ueberarbeitung von
der Regierungspartei zurueckgezogen. Man wird
sehen,was dabei
rauskommt. Sollte auszer ein biszerl Kosmetik eine
derartige
Weltsicht Gesetzesrang erhalten, ist es nur eine Frage
der Zeit,
wann die anderern Obrigkeiten der EU nachziehen: Egal,
ob
Berlusconi/Fini oder Schroeder/Fischer oder
Schuessel/Riess-
Passer -- freie Meinung hat ihren Preis und der
Markt regelt
alles. Notfalls musz man hierzulande halt wieder
einmal eine
Ausnahme fuer Herrn Dichand schaffen. Was man dann
den
oesterreichischen Weg nennt.
*Bernhard
Redl*
Quellen und weitere
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