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Aussendungszeitpunkt: 29.5.2001 -16:08
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Medien/FPOe:

>Der Kampf gegen die Journaille
Boehmdorfers Kuschbestimmungen


Unter der optimistischen Annahme, dasz ein nicht zu kleiner
Bevoelkerungsanteil seine Informationen durch Qualitaetsmedien
bezieht, dienen die Kontrolle durch die Medien und die
Berichterstattung der Erweiterung des demokratischen Bewusztseins.
In Oesterreich hingegen verschleiert die
duestere Boulevardmediendominanz saemtliche
Herrschaftsverhaeltnisse, dient in einem relevanten Verhaeltnis
kaum als Kontrollinstitution und noch viel weniger als
demokratiepolitisch bildende Instanz. Zumal auch
Qualitaetskriterien etwas genauer betrachtet werden sollten. Die
'Krone' und 'Die Presse' bedienen zwar durchaus divergierende
Segmente, unterscheiden sich aber bezueglich Revisionismus,
Patriotismus und Nationalismus des oefteren nur in Sprache und
Ausfuehrlichkeit. Der Zustand der Medienszene eines Landes ist
meist der Indikator des Demokratiezustandes.

Diese recht duestere Medienszene geht hierzulande systemisch Hand
in Hand mit einem ueberwiegend hierarchiebetonten kollektiven
Untertanenbewusztsein. Also wuerde man meinen, es braeuchte
notwendigerweise eine mediale Qualitaetsexpansion, Transparenz,
Klarheit, Kritik, Auseinandersetzung, Streit. Nicht bei uns in
Bagdad. Medienpolitisch faehrt der Zug mit voller Geschwindigkeit
zurueck.

In den meisten skandinavischen Laendern ist jede amtliche
Unterlage allgemein zugaenglich. Auch Untersuchungsberichte.
Buerokratische Machenschaften oder jene politischer Funktionaere
wuerden in Schweden am selben Abend noch in den Zeitungen
erscheinen. Der Ruecktritt einer ganzen Reihe belgischer Minister
erfolgte ausschlieszlich aufgrund massiver Medienpraesenz. Der
CDU-Spendenskandal in der BRD waere ohne die konzertierten
Medienaktionen nie aufgedeckt worden. Als Dario Fo in Italien von
der Buehne verhaftet wurde, entstand eine derartige
Medienkampagne, dasz seine baldige Freilassung zu einer Blamage
des gesamten Behoerdenapparates fuehrte.

Aber auch in Oesterreich wurden der AKH-Skandal, die
Androsch-Affaere, Lucona und derartige Nettigkeiten mehr durch
investigative Journalisten aufgedeckt. Zuletzt waren es aber die
Polizei-Spitzelaffaeren mit hauptsaechlich munterer Beteiligung
der FP. Damit war Schlusz mit lustig. Boehmdorfer ist
Justizminister, die FP in der Regierung samt einer VP, die alles
tut, dasz ihr nicht der Koalitionspartner abhanden kommt. Nun gibt
es Berichtsverbote. Es darf aus 'geheimen' Prozeszakten nicht
zitiert werden. Oesterreich benoetige keinen investigativen
Journalismus, so Boehmdorfer. Die unlaengst erfolgte illegale
Datenverknuepfung der Sicherheitsbehoerden im Rahmen der
"Operation Spring" - im Standard ausfuehrlich dargelegt - war eine
Dokumentation aus einem nicht oeffentlichen Verfahren. Laut
Boehmdorfer duerfte dies in Zukunft nicht mehr medial
aufgearbeitet werden: Schutz der Interessen Dritter.

Der Knackpunkt ist eine Reform der Strafprozeszordnung mit dem
Zusatz, der als Journalistenparagraph beruechtigt wurde.
Aktenveroeffentlichung soll demnach mit Strafe bedroht werden.
Dezenterweise hatte Boehmdorfer der Oeffentlichkeit am 'Tag der
Pressefreiheit' angekuendigt, dasz derleit Medienarbeit in Zukunft
mit Haft belangt werden koennte. Nach heftigen Protesten wurde die
Haft dann auf Geldstrafe 'abgemildert'. Die Bestimmung soll ab
Herbst in Kraft treten, plant Boehmdorfer. Und es gehe
ausschlieszlich um die schuetzenswerten Interessen Dritter, meint
er. Ab wann ist wer schutzwuerdig? Die aeuszerst schwammige
Definition 'schuetzenswert' laeszt alles offen. Sind FP-Politiker
schutzwuerdig, wenn sie sie sich illegal Daten verschaffen, um
damit Minderheitenverhetzung zu betreiben? Fuer Boehmdorfer
offensichtlich.

Wuerde die Bestimmung im Herbst wirklich in Kraft treten, koennten
es sich nur aeuszerst finanzstarke Medien leisten,
Behoerdenwillkuer oder Schlamperei aufgrund zugespielter Akten
oder Informationen aus Voruntersuchungen anzuprangern. Fuer die
betreffenden Journalisten und die Medienverantwortlichen wuerde es
allerdings nach dem Strafrecht Vorstrafen setzen. Was im
Prozeszfall eine hoechst brisante Interessenskollision mit dem
Prinzip des Redaktionsgeheimnis geben wuerde. Das heiszt zuerst
einmal: Drohung. Jegliche Berichterstattung, die sich aufgrund
nicht offiziell verfuegbaren Materials gegen Regierungs- oder
Behoerdenvertreter richten koennte, kann mit Sanktionen eingedeckt
werden. Die Palette geht von Einschuechterungen und Drohungen bis
zu Urteilen und demgemaeszen Bestrafungen. Das Ziel ist mit oder
ohne Sanktionen klar - ein regierungskonformer, patriotischer
Journalismus, der sich zumindest der FP gegenueber zahm verhaelt.

Boehmdorfers Zick-Zack-Kurs hinsichtlich der Medienverflechtung
marktbeherrschender Medienkonzerne laeuft auf derselben
Bandbreite, sich Medien gefuegig zu machen. Wuerde er tatsaechlich
seinen geplanten Einspruch gegenueber der 'News-Magazingruppe'
taetigen, die nach Eigenangaben der Auflagen ueber eine Leserzahl
von ueber 5,5 Mill. (!) verfuegt, mueszte er dies auch gegen die
KroKuWAZ machen. Die auch wesentlich mehr als die Hoechstgrenze
von 30% Medienkonzentration aufweist. Damit waere wiederum die
'Krone' gefaehrdet - fuer die FP ein gefaehrliches Vorhaben. Womit
sich der oeffentliche Eiertanz Boehmdorfers erklaert - einmal ja,
einmal nein.

Ein unentbehrliches Instrument im Zuge der realen Machtergreifung
der FP sind die Klagen der Kanzlei Boehmdorfer-Gheneff gegen
unliebsame Kritiker. Es reichten geringfuegige Anlaesse, um vor
den Kadi gezerrt zu werden. Angeklagt wurden Anton Pelinka, Hans
Rauscher, Andre Heller, aber auch voellig unbekannte Leserbrief-
Schreiber, die die FP kritisierten. Die massive Infiltrierung der
Medien-Einrichtungen durch FP-Leute ist die andere Schiene. Ein
haeufiger Vertreter Haiders in Verfahren, Michael Rami, wurde
jetzt von der FP in den Medienbeirat entsendet. Richter Maurer vom
OLG sitzt bereits im ORF-Kuratorium. Boehmdorfers Festhalten am
Weisungsrecht gegenueber Staatsanwaelten laeszt die
Unabhaengigkeit der Justiz in FP-Prozessen etwas alt aussehen.
Eine Verlagerung der Kontrollen ins Parlament wuerde zwar
angesichts der Koalitionsmehrheit dieselben Ergebnisse zeitigen -
dies waere aber immerhin oeffentlich. *Fritz Pletzl*

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