**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: 16.5.2001 - 01.00
**********************************************************
OperationSpring:
> Im Zweifel 9 Jahre Haft
Justitia ist
blind, also gerecht?
Die Verhandlung gegen Emmanuel
Chukwujiekwu, der Ende Mai 1999 im Zug der
Operation Spring
verhaftet wurde, und der seither in U-Haft sitzt, ist in
einer
woertlichen Prozessmitschrift vom 8.5.2001 dokumentiert, die wir
im
Folgenden zusammenfassen. Dieser Prozess ist einer von vielen
gegen die
Afrikaner, denen aehnliche Dinge zur Last gelegt werden
und die in
aehnlichen Verfahren vereits verurteilt
wurden.
*
Das Plaedoyer der Staatsanwaeltin geht davon
aus, dass auf Videobaendern
Gelduebergaben des Beschuldigen zu
sehen seien, dass er in einem
China-Restaurant mit groszen Mengen
Suchtgift gehandelt haette, dass zwar
kein Suchtgift bei ihm
gefunden worden sei, dass auch nur ein Abnehmer
ausgeforscht
worden sei, dass die Beweislast aber erdrueckend waere.
Auf
Anweisung des Richters muss der Angeklagte bei der Einvernahme
der
Belastungszeugen den Saal verlassen und ist nur ueber einen
Monitor zu
sehen. Die erste Zeugin kann sich an nichts erinnern.
Der zweite Zeuge
erkennt den Beschuldigten nicht. Der dritte
Zeuge erkennt zwar sich selber
auf den gezeigten Fotos, aber
nicht den Angeklagten. Der Richter haelt dem
Zeugen vor, dass er
101 Mal in 4 Monaten im Restaurant fotografiert worden
sei. Auch
der naechste Zeuge erkennt den Angeklagten nicht, obwohl es,
wie
der Richter sagt, “Fotos gibt, die zur selben Zeit gemacht
wurden, als der
Beschuldigte sich in dem Restaurant aufgehalten
hat.”
Auch der naechste Zeuge erkennt den Angeklagten nicht,
nur der Richter hat
ihn auf saemtlichen Fotos erkannt. Als der
Anwalt des Angeklagten den
Richter fragt, ob er die Videos
vorfuehren lassen will, antwortet der
Richter: “Nein, die dienen
nicht als Beweismittel, diese Aufnahmen sind zu
schlecht. Ich
kann nichts erkennen, ich sehe schlecht.”
Der naechste Zeuge
bestaetigt seine den Angeklagten belastende erste
Aussage
nicht.
Bei der abschliessenden Feststellung der
Staatsanwaeltin wird nur auf die in
dieser Verhandlung nicht
gezeigten Telefonprotokolle, Fotos und Videobaender
verwiesen,
weil die Entlastungszeugen als verurteilte Dealer
sowieso
unglaubwuerdig seien. Dagegen sei die Aussage der Zeugin
J.
(Kronzeugenregelung) ein Beweis fuer die Schuld des
Angeklagten, ebenso
fruehere Aussagen anderer Zeugen.
Bei
der Urteilsverkuendung - 9 Jahre unbedingt - beruft sich der
Richter
darauf, dass das Verfahren urspruenglich ein gemeinsames
Verfahren gegen
zwei Angeklagte war, von denen einer bereits
rechtskraeftig verurteilt
wurde. (Nach der Logik des Gerichts ist
damit der heutige Angeklagte
automatisch schuldig). Der
Beschuldigte ist schuldig, mindestens 2,5kg
Suchtgift an
unerforschte Abnehmer weitergegeben zu haben.
O-Ton
Urteilsbegruendung: “Ueberraschenderweise wurde im Zuge der
Untersuchungen
viel mehr ueber die kriminelle Organisation
aufgedeckt .... wie die
kriminelle Organisation als Massenmoerder
unserer Jugend taetig ist. Die
kriminelle Organisation ist nicht
nachweisbar, aber Banden und
gewerbsmaeszige Inverkehrsetzung
einer uebergrossen Menge Suchtgift. Es ist
nur meinem schlechten
Augenlicht zu verdanken, dass die Videobaender nicht
herangezogen
wurden, eine Bekraeftigung der Schuld ist aber als
gegeben
anzunehmen. Grundsaetzlich ist von einer Gleichbehandlung
des bereits
verurteilten S. mit dem Beschuldigten auszugehen. S.
hat ein Kilo zugegeben,
das ist auch fuer den Beschuldigten
relevant.... Mildernd ist, dass der
Beschuldigte unbescholten
ist, jedoch hat er in seinem Asylverfahren
angegeben, dass er von
einer einflussreichen Gruppe des Mordes an seinem
Vater
beschuldigt wird und daher fluechten muszte. Deshalb ist im Falle
des
Beschuldigten von einem leichtfertigen Umgang seinerseits mit
Leib und Leben
anderer auszugehen.”
Wir ersuchen unsere
LeserInnen, sich diesen letzten Satz der
Urteilsbegruendung auf
der Zunge zergehen zu lassen. Wer immer von
irgendjemandem eines
Verbrechens beschuldigt wird, der geht mit dem Leben
anderer
leichtfertig um. Verstanden?
Verteidigung und Anklage melden
Nichtigkeit und Berufung an. Dem
Beschuldigten wird in zwei
Saetzen das Urteil mitgeteilt und eine weitere
Stellungnahme
verweigert. Er wird unter koerperlicher Gewaltanwendung
der
Polizei aus dem Gerichtssaal entfernt.
*akin / Nach einem
Prozeszprotokoll der
GEMMI*
**********************************************************
'akin - aktuelle informationen'
wipplingerstrasze 23/20
a-1010 wien
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
e-mail:akin.büro@gmx.at
Domain:http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000,223-102-976/00, Zweck: akin