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Aussendungszeitpunkt: 24.04.2001 - 14:55
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BRD:
>Die Ehre des Nazis

Die Osterueberraschung kam schon vor den Feiertagen. Am 6.April
durchsuchte die Polizei drei Privatwohnungen sowie die Raeumlichkeiten
des Kulturzentrums Alte Pauline in der deutschen Kleinstadt Detmold
(Nordrhein-Westfalen). Computer, Dateien und mehrere Schriftstuecke
wurden beschlagnahmt. Detmolder Linke muessen schon weit
zurueckblicken, um sich an aehnliche Polizeiaktionen in ihrem
ueberschaubaren Staedtchen zu erinnern. In den 80er Jahren war die
Alte Pauline im Zusammenhang mit der Kriminalisierung von
antiimperialistischer Politik und der Autonomenzeitung radikal ins
Visier des Staatsschutzes geraten.

Die juengste Aktion aber galt offenbar Unterlagen gegen den
Rechtsanwalt Arnd Kuhlmann und dessen Mandanten Carl-Friedrich Titho.
Beide leben in der Naehe von Detmold und fuehlen sich verleumdet.
Hatte doch eine antifaschistische Gruppe Recherchen zur Vergangenheit
des Rentners angestellt und im Internet veroeffentlicht. Ergebnis:
Titho war nicht nur seit 1932 SS-Mitglied, sondern auch an zahlreichen
Verbrechen der Nazis fuehrend beteiligt. So hatte er als Lagerleiter
des Konzentrationslagers Fossoli bei Modena in Norditalien die
Mitverantwortung fuer die Deportation Tausender Juden und zahlreicher
Antifaschisten in die Vernichtungslager. Als Vergeltung fuer einen
Angriff italienischer Partisanen habe Titho 69 Gefangene erschieszen
lassen. Sein blutiges Werk hatte Titho zuvor schon in den Niederlanden
begonnen. Dort ist er 1951 wegen der Erschieszung von 70 sowjetischen
Kriegsgefangenen im Konzentrationslager Amersfoort und der
Miszhandlung niederlaendischer Haeftlinge zu einer siebenjaehrigen
Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Abschiebung aus den
Niederlanden 1953 lebte Thito in der BRD.

Durch die Aufklaerungsarbeit von antifaschistischen Initiativen in der
Region kam Tithos Vergangenheit noch einmal an die Oeffentlichkeit. In
der Regionalpresse bot der SS-Mann seinen Opfern darauf groszzuegig
Versoehnung an. Auf Worte der Reue oder gar eine Entschuldigung wartet
man aber auch im Jahr 2001 bei Titho vergeblich, kritisieren Detmolder
Antifaschisten. Fuer die Deportationen aus dem italienischen
Konzentrationslager weist Titho jede individuelle Schuld von sich.
Diese Version haelt auch die Dortmunder Zentralstelle des Landes
Nordrhein-Westfalen fuer die Verfolgung faschistischer
Massenverbrechen fuer "in hohem Masze unglaubhaft".

Auch Tithos Anwalt Arnd Kuhlmann beteilige sich an der
Entschuldigungskampagne fuer seinen Mandanten ueber den Gerichtssaal
hinaus, lautet die Kritik der Antifaschisten. Sie bewerteten die
Razzia denn auch als Einschuechterungsmasznahme und Kriminalisierung
ihrer Aufklaerungsarbeit. "In Faellen mit vermutetem Tatbestand der
Beleidigung oder Verleumdung sind weder Hausdurchsuchungen noch ein
Einschreiten des Staatsschutzes ueblich", heiszt es in einer
Presseerklaerung verschiedener Detmolder Initiativen.

(Peter Nowak, junge Welt 19.4.2001 / bearb.)

Kontakt zum Kulturzentrum: Alte Pauline, Bielefelder Strasze 3, 32756
Detmold, Fon: 0172 9908818, Fax: 05231 20101, w³.alte-pauline.de
e-mail:info@alte-pauline.de


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