**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: 27.03.2001 - 15:18
**********************************************************
Naher Osten:
> Der langsame Genozid
Israels
Palaestinenser-Politik
Zu: "Wir sahen nicht, wir hoerten nicht",
akin 9/01
Tanya Reinharts zieht am Schlusz ihres Briefes aus
Israel
Vergleiche von Nazi-Deutschland mit dem heutigen Israel.
Die
Bevoelkerungsmehrheit haette damals geschwiegen und es
vorgezogen,
nichts zu wissen - ebenso wie dies die Mehrheit der
Bevoelkerung
Israels heute zu tun pflege. Es gebe auch nicht
sechs Millionen
Palaestinenser, und die Ideologie des Boesen sei
nicht dieselbe
wie die der Nazi-Ideologie. Vergleiche dieser
Groeszenordnung sind
ohne Zweifel aeuszerst schwierig mit
analytischer Konsequenz
durchzufuehren, voellig von der Hand zu
weisen sind sie nicht.
Reinhart beschreibt die Rueckkehr zum
Konzept der israelischen
Militaerverwaltung vor dem
Oslo-Abkommen: Isolation der
palaestinensischen Bevoelkerung in
territorialen Zellen. Wie sehen
diese territorialen Zellen aus?
Ueber ganze Regionen wird nach
Belieben Ausgangssperre verhaengt,
und die Armee schneidet sie von
der politischen und sozialen
Kommunikation untereinander ab. Die
palaestinensische
Infrastruktur in den besetzten Gebieten wird
zerstoert, aufgrund
militaerischer und politischer Willkuer werden
die freie
Beweglichkeit und damit die Arbeitsmoeglichkeiten,
aber
auch der gesamte Handel und damit die Lebensadern in
diesen
Gebieten abgeschnitten. Die Konsequenz sind exorbitant
hohe
Arbeitslosenzahlen, kaum Perspektiven, Repressalien - dies
alles
in klimatisch meist halbwuestenaehnlichen Territorien
mit
dementsprechendem Wassermangel und Folgekrankheiten.
Keinen
Wassermangel haben hingegen oft in Blickweite die aus dem
Boden
gestampften juedischen Siedlungen, die unter militaerischem
Schutz
der israelischen Armee mit puenktlichen Wassertransporten
rechnen
koennen. Wer sollte hier nicht auf die Idee des
Steinewerfens auf
die Armee oder die Siedler kommen - allerdings
wird von der Armee
scharf zurueckgeschossen. Wundern wen
Attentate?
Saemtliche feierlich verkuendete Abkommen von
Seiten des
israelischen Staates wurden bisher gebrochen oder je
nach
politischer Konstellation ueber Nacht zur
Unkenntlichkeit
zurechtgeschrumpft. Die derzeitige israelische
Koalition samt dem
neuen Bosz der Schutzmacht USA verspricht eher
eine Wende zumSchlechteren, falls dies fuer die Palaestinenser
noch moeglich
erscheint. Die arabischen Staaten stehen teils
selbst unter (nicht
immer ganz unverschuldeten) Sanktionen oder
sind oekonomisch und
damit politisch an die Industriestaaten
gebunden. Die derzeitige
israelische Blockademethode funktioniert
einwandfrei, es erscheint
nicht mehr noetig, juedische Terror-
und Widerstandsbewegungen wie
Hagana und Irgun Zwai Leumi
einzusetzen. Isolation, Ab- und
Aussperren der marginalisierten
arabischen Bevoelkerung reicht
voellig. Und marginalisiert wurden
sie radikalst. Im 1.Israelisch-
Arabischen Krieg muszten 1948/49
852.000 Araber aus ihrem Land
fluechten, das nun Israel hiesz. Im
Land blieben blosz 156.000. Im
Gegenzug kam es in den naechsten
Jahrzehnten zu kontinuierlichen
Masseneinwanderungen juedischer
Immigranten, die in der
Gesellschaftshierarchie auf zweiter Stufe
stehend, schnell die
wenigen Sektoren besetzt hatten, die den
Palaestinensern noch
verblieben waren.
Der
Friedensvertrag von 1979(!) sah unter anderem
israelische
Verhandlungen ueber den Autonomiestatus der
Palaestinenser vor.
Geschehen ist das Gegenteil von dem in diesem
Abkommen Bezweckten.
Die Siedlungen wurden noch mehr in die
palaestinensischen
Kerngebiete hineingebaut, diesmal wurde ganz
Jerusalem 1980 per
Gesetz einfach zur israelischen Hauptstadt
erklaert. 1982
marschierte die israelische Armee im Libanon ein,
wenig spaeter
kam es zu den Massakern an den Palaestinensern in
den
libanesischen Fluechtlingslagern Sabra und Schatila
durch
christliche Phalange-Milizen. Verwundert es sehr, wenn
die
Gruendung der Dschihad Islami (Islamischer Heiliger Krieg)
dann
1983 stattfindet? Es ist fast erstaunlich, dasz sich die
Hamas
erst 1987 aufgrund der Intifada in den besetzten
Gebieten
radikalisiert hatte. Jeder Bruch und jede Verzoegerung
des
Autonomieabkommens hatte die Stellung Arafats geschwaecht und
die
radikalen Fluegel der Hamas stets gestaerkt. So provoziert
Israel
durch Repressalien die palaestinensischen Attentate
selbst. Und
der Siedlungsbau wird massiver denn je fortgesetzt -
sowohl im
Westjordanland, als auch im Gaza-Streifen oder
Ostjerusalem. Wie
gesagt, der Vergleich von Tanya Reinhart
Israels mit Nazi-
Deutschland ist eine Geschmacksfrage - einen
Genozid auf Raten
betreibt die israelische Politik mit der
palaestinensischen
Bevoelkerung allemal.
Fritz
Pletzl
**********************************************************
'akin - aktuelle informationen'
wipplingerstrasze 23/20
a-1010 wien
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
http://www45.gmx.net/v4/derefer?DEST=http%3A%2F%2Fakin%2Emediaweb%2Eat
Bank Austria, BLZ 12000,223-102-976/00, Zweck: akin