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Aussendungszeitpunkt: 27.03.2001 -15:21
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PolitischeKultur:

> liebe OWO!

Zu "sie riefen und wir kamen..." akin 9/01

das ist endlich mal fundierte kritik an verhaltensweisen und
aktionen der linken, die so selten kommt, vor allem in der akin,
denn ansonsten werden meinungsverschiedenheiten und kritiken
lieber als schimpforgien ausgetragen. das ist das problem
oesterreichischer politik: viel wird ueber mehr oder weniger dumme
aussagen mancher politiker "diskutiert", immer wieder stehen
"personen" im mittelpunkt, und dazu gibt es eine gleichgeschaltete
presse, die immer unfaehiger wird, komplizierte sachverhalte und
themen auf einfache weise darzustellen und zu diskutieren. was die
linke szene bis dato nicht beachtet hat: das ist das problem der
"oesterreichischen mentalitaet", mehr oder weniger typisch fuer
dieses land. und die macht weder vor links noch vor rechts halt,
und es waere angebracht, die linke szene wuerde sich endlich
einmal auch politisch mit ihr befassen. viele politische inhalte
und konflikte haben sehr viel mit diesen mentalitaeten und
kulturell gewachsenen verhaltensweisen zu tun. tagtaeglich leide
ich z.b. darunter, dass es in diesem land vorwiegend zwei sorten
von leuten gibt:

-- die einen, die "besserwisser", die arrogant nach "unten"
treten, den/die anderen immer wieder schlechtmachen, lange danach
suchen, bis sie etwas finden, das schlimm genug ist, um es
herabzuwerten (aber immer beim anderen) und

-- die anderen, die sich entweder nix trauen, immer brav und
anstaendig sind und/oder eben "lecki-lecki-..." sind, wie du ganz
richtig bemerkt hast.

tagtaeglich bemerke ich, dass es - voellig egal wie links- oder
rechtsdenkend die entsprechende person ist - nicht des
oesterreichers sache ist, flexibel auf eintreffende ereignisse zu
reagieren, vielleicht einen plan ein wenig umwerfen zu muessen. da
wundert es nicht, wenn es eben nicht moeglich ist, jemand reden zu
lassen, der nicht in "basisdemokratischer" eintracht zuvor auf
eine rednerliste gesetzt worden ist unflexibel und starr ist der
oesterreicher unflexibel und starr ist seine politik falls einmal
irgendetwas nicht so rennt, wie es geplant wurde, dann geht der
oesterreicher in die luft, reagiert boese, emotional, voellig
unfaehig, damit umzugehen, der plan muss unbedingt eingehalten
werden, koste es was es wolle. wenn besserwissertum und mangelnde
flexibilitaet zusammenkommen wie z.b. in diskussionen, dann
reagiert der oesterreicher besonders scharf: "lass mich endlich
ausreden, du/Sie laesst/lassen mich nie ausreden!" ich kenne keine
talkshow aus der ganzen welt und ich kann mich an keine diskussion
in irgendeinem anderen europaeischen land erinnern, wo auch nur
annaehernd so oft und so wuetend so ein satz ausgesprochen - oder
besser herausgeschrien wurde.

ein typisches beispiel wo diese mentalitaeten eine besondere rolle
spielen: der schwierige und falsche umgang mit haider. haider ist
so ein typischer oesterreicher: unflexibel und besserwisserisch,
tritt gerne nach unten bzw. nach links, nicht um etwas zu sagen,
sondern um sich darzustellen, dieses pausenlose sich selbst in
szene setzen "muessen" (wollen?), worauf beruht es? vielleicht
darauf, dass oesterreich einmal ein groszes bedeutungsvolles land
war (kaiserreich, anhaengsel des deutschen reiches,...) und jetzt
nur noch ganz klein und voellig unbedeutend (gott sei dank!!!)
ist, also muessen viele ununterbrochen herausstreichen, wie
bedeutend und wichtig sie doch sind. wie schoen waere es, wuerde
die politik mit haider auf coole, kreative und vor allem flexible
art umgehen, aber immer wieder reagiert sie auf die besserwisserei
mit besserwisserei und auf die kritik mit moralischer arroganz
("gutmenschentum"). besserwisserei und mangelnde flexibilitaet
paart sich auch noch mit oberflaechlichkeit. der oesterreicher ist
oberflaechlich, egal ob links oder rechts, denn er befasst sich
nicht wirklich mit der sache, sondern viel eher damit, was das
fuer ein typ ist, der da ueber die sache spricht, deshalb wird im
parlament nie so abgestimmt wie es der meinung des abgeordneten
entspricht, sondern so, wie es sich "gehoert" deshalb ist der
oesterreicher "neutral", weil es in der verfassung steht und hat
fuer die EU gestimmt, weil OeVP und SPOe dafuer waren deshalb
kopiert der oesterreicher alles, was im ausland erfunden wurde: ob
ORF-Talkshows oder architektur, ob sticker oder plakat - parolen,
ob gruene parteiprogramme oder amerikanische musikstile,  v oe l l
i g  egal. er braucht immer jemand, der ihm sagt, was er zu tun
hat und es gibt auch immer jemanden, der glaubt zu wissen, dass er
"g`scheit gnua is", um ihm sagen zu koennen, was er zu tun hat.

so kann er am besten mit sich allein, er passt mit sich selbst
zusammen wie ein "goldener" schluessel mit einem "goldenen"
schloss, und so ist er auch oft allein, deshalb nimmt er sich
einen hund und deshalb passt der hund so gut zu ihm, denn der ist
ein hervorragendes spiegelbild (unterwuerfig, speichelleckerisch,
bellend) und macht immer brav das, was man ihm sagt.

also alles wie gehabt: die einen treten und die anderen lassen
sich treten, egal ob mann, ob frau, ob linksdenkend, ob
rechtsdenkend, ob irgendwas. das ist beziehungsspielchen a la
oesterreich. das ist oesterreichische mentalitaet. das ist der
oesterreichische urtypus das ist oesterreichische kultur

und so wird es, egal wie ehrlich es die politik meint, wie recht
sie hat und wie gut sie sich auch organisiert, noch lange dauern,
bis sich da was aendert. *thomas herzel* (gek.)

Anm.d.Korr.leserin: T.H.'s Beobachtungen moegen richtig sein, in
ihrer Verallgemeinerung ("der Oesterreicher") sind sie falsch. L.F.

Anm.d.LOers.: Also unflexibel ist das einfachste Parteimitglied aller
Zeiten nur insofern, dasz es sich unabaenderlich fuer den Groeszten
haelt. Aber sonst? -br-

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