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Aussendungszeitpunkt: 27.03.2001 - 15:46
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FPOeVPresse:

>Schwarz-blaue Luegen mit verteilten Rollen

"Toetet Haider": Journalistische Sorgfaltspflicht mit
beschraenktem Horizont

Am Freitag, dem 16. Maerz fand in der Wiener Innenstadt eine
grosze Kundgebung statt. Es war eine der froehlicheren in der
lange Reihe von Demonstrationen seit Antritt der schwarz-blauen
Regierung. Alle Zeitungen und auch der ORF berichteten
ausfuehrlich. In der Zeitung "Die Presse" findet sich anderntags
nur eine kleine Notiz, in der es heiszt, es seien Transparente mit
der Aufschrift "Toetet Haider" zu sehen gewesen.

Am Sonntag, 18. Maerz, wiederholt Helene Partik-Pabl‚ diesen
Vorwurf in der Konfrontation der Wiener Spitzenkandidaten. Einer
der Veranstalter der Demonstration fordert noch waehrend der
Sendung eine Richtigstellung, dasz es solche Transparente nicht
gegeben hat. Eine solche Richtigstellung findet nicht statt.

Am Mittwoch, 21. Maerz, wiederholt die "Presse" ihre Anschuldigung
und dreht sie ins Absurde weiter: Weil kein Sicherheitsbeamter und
keiner der anwesenden Staatspolizisten ein solches Transparent
gesehen hat, kommt jetzt nicht - wie anzunehmen waere - die
Beobachtungsgabe des "Presse"-Redakteurs ins Gerede, sondern die
mangelnde Aufmerksamkeit der Sicherheitsleute.

Am selben Nachmittag nuetzt Susanne Riess-Passer im Parlament
diese unwahre Meldung in einem ungeheuerlichen Rundumschlag gegen
die Opposition. Die ZiB-1 spielt ausgerechnet diese Passage.
Unmittelbar danach stellen die Veranstalter der Demonstration in
einer Aussendung fest, dasz Riess-Passer vor der Volksvertretung
die Unwahrheit gesagt hat - ein in einer parlamentarischen
Demokratie nicht unerhebliches Vergehen - und betonen, die
Aussagen von Riess-Passer sind "unwahr. Wahr ist vielmehr, dasz es
ein solches Transparent NICHT gegeben hat". Die ZiB-1 wird
aufgefordert, die Falschmeldung richtigzustellen - und zwar bis
zum 24. Maerz, dem Tag vor den Wiener Wahlen.

Am Mittwoch, den 21. Maerz, erscheint die Zeitschrift NEWS mit
einem Foto, auf dem der tatsaechliche Wortlaut des inkriminierten
Plakates - ca. in der Groesze A3, von einem einzelnen
Demonstranten in Kopfhoehe gehalten - zu lesen ist. Er lautet:
"Toetet Haiders (M)-Wortsspiele". Nicht von ueberbordender
Intelligenz, zweifelsohne, aber die Botschaft ist nahezu das
Gegenteil des Unterstellten - statt Hetze zu betreiben, wendet
sich das Poster gegen die chronische verbale Hetze.

Entsprechend dem Motto "Wenn die Wirklichkeit nicht mit meinen
Vorurteilen uebereinstimmen will, umso schlimmer fuer die
Wirklichkeit" schreibt die leitende Redakteurin der "Presse",
Anneliese Rohrer, einen Leitartikel fuer die Ausgabe vom 22.
Maerz. Darin heiszt es unverdrossen: "Was auf der Strasze
propagiert wird, stellt den Intellekt der Demonstranten in Frage:
,Toetet Haider'..." Am 22. Maerz wurde die Autorin mehrmals
aufgefordert, sich auf angemessene Weise in und fuer ihre Zeitung
zu entschuldigen. Auf diese Entschuldigung warten die Veranstalter
der Demonstration nunmehr ebenso wie auf die Richtigstellung in
der ZiB-1.

Neben der unausgesetzen Folge vorsaetzlicher Verleumdungen ist an
dieser Causa vor allem eines bemerkenswert: die Politiker der
schwarz-blauen Koalition und die Autoren der ihnen nahestehenden
Zeitungen werfen den Kritikern der Regierung vor, sie propagierten
"Toetet Haider". Tatsaechlich aber hat nie ein Kritiker der
Regierung diese Parole propagiert. Sie wurde von den Freunden der
Regierung erfunden. Doch nicht nur das: Von diesen wurden auch
durchaus bemerkenswerte Anstrengungen unternommen, diese Parole
mit nicht alltaeglicher Beharrlichkeit einem groeszeren Publikum
bekannt zu machen.
*Robert Misik / www.ballhausplatz.at / via MUND / gek.*

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