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Aussendungszeitpunkt: 27.03.2001 - 15:17
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Zwischen da und dort:

> St. Orsola Termi anno Nov. 2000


Das Innenleben einer Reise.

Die Zeiten sind schlecht und eine Moeglichkeit zu reisen ist die
Beteiligung an Gewinnspielen. Tatsaechlich gelangte ein Preis,
vergeben von einem bekannten Sex-Institut, in meinen Briefkasten.
Die Blumen sind gegossen, der kapitalistische Alltag mit seinen
Zumutungen wie Gas, Strom, Telefon und Miete zahlen ist erledigt
und fuenf Tage im spaetsommerlichen Suedtirol, in der Naehe von
Trento (Trient), auszuspannen sollte eigentlich Freude bereiten.
Puenktlich um 5h morgens fuhr ich mit einer Reisegruppe vom Wr.
Suedbahnhof los. Hiermit versuche ich eigentlich keinen typischen
Reisebericht zu skizzieren, sondern das Unbewusste der beteiligten
atomisierten Warenmonaden zu illustrieren. Es dauerte nicht lange
bis das beschreibende Gespraech in platter Kritik, eigentlich in
dumpfe "Kepplerei", muendete. Die Unzufriedenheit der Konsumenten
ist allgegenwaertig und die Erscheinung dessen erdrueckt das Wesen
des Geschehens, welche allesamt an Trivialitaeten zerschellen.
Einmal passt der Sitzplatz nicht, dann wiederum empoert die etwas
laengere Reiseroute. Auch in der Freizeit, der verlaengerten
Werkbank der Arbeitszeit, gilt das Dogma "time is money". Ein
andermal wieder erzuernt die zu langen und/oder zu kurzen Pausen
die Gemueter; kurzum, es gibt staendig Gespraechsstoff in der
Unzufriedenheit. Fetischistisch vernebelt durch nationalistische
Stammtischmentalitaeten, empoeren die Unzulaenglichkeiten der
italienischen Autobahnraststaetten, welche natuerlich kein
Vergleich zu den niveauvollen oesterreichischen sind. Zehn Meter
hinter der Landesgrenze erscheint ein und dasselbe anders und
liederlich. Penetrant ist auch die Zumutung durch die Tifosi, ihre
Geschaefte in Lire und nicht in Schilling abwickeln zu wollen,
wobei in chauvinistischer Manier zu bedenken ist, dass "uns" im
ersten Weltkrieg Suedtirol in gemeinster Art und Weise weggenommen
wurde. So aehnlich klingt dies auch in den Geschichtsbuechern und
aeuszert sich penetrant im Alltagsgewaesch der verkommenen
kapitalistischen Sprache. In Wirklichkeit kostet Krieg
"positive", gesellschaftliche Produktivkraftentwicklung der
Individuen, welche massiv "negativ" veraeussert wird. Von "alten"
Funktionseliten werden junge Burschen zu Kanonenfutter als
"Kindsmord" der menschlichen Tragoedien vehoekert. Das komplette
sozio-oekonomische Geflecht wird fuer simple Revierstreitereien
der mafiotischen Banden, am diplomierten Parkett der Werteoper,
auf Kosten emanzipatorischer Entwicklung des realen Lebens
gehandelt. Weiters erhebt sich das Klagen zur Elegie, in
Anbetracht der enormen Kosten, die sich trotz des gewonnenen
Preises anbahnen. Tatsaechlich verursachen Tagesausfluege nach
Venedig, an den Gardasee oder die Dolomiten betraechtliche
Mehrkosten und die Frustration aller entlaedt sich nicht ueber
betriebswirtschaftliche Zwangsrentabilitaet der Freizeitindustrie,
ueber taegliche Zumutungen des kapitalistischen Alltags, sondern
in Aggressionen gegen Personen, kompensiert durch
Einkaufsraeusche. Genauso verwundert die Verwertung des Wertes die
in Unmuendigkeit gehaltenen Beteiligten, dass z.B ein Abendessen
nicht nur den Preis der Speise beinhaltet, sondern fuer Gedeck,
Service und andere Dienstleistungen extra "geloehnt" werden musz.
In Verwunderung von Ausserirdischen, welche in realkapitalistische
Verhaeltnisse geworfen sind, erregt sich das Publikum ob dessen.
"Das Spektakel der Entruestung", zum geronnenen Ding verkommen,
beseelt die hohle Charaktermaske des bewusstlosen Ware-Geld-Ware
Konsumenten. Damit erhaelt die Nichtigkeit des jaemmerlichen
Subjekts einen Anschein von Autarkie. Die Trivialitaet des
Geschehens am Markusplatz, nicht mit Schilling bezahlen zu
koennen, muendet in eine stundenlange Tauschwertklage und
verleidet mir Stunden lebensfroher Zeit durch die total-ordinaere
Allgegenwaertigkeit des marktwirtschaftlichen Seins und ihrer
Propagandistinnen. Die spekulative Empoerung ueber
Unzulaenglichkeiten ist selbst zu einer Ware geworden und dient
als billiges Tauschverhaeltnis menschlicher Kommunikation.
*Heinz Blaha*

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