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Aussendungszeitpunkt: 13. Maerz 2001 - 15:36
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EU/FPOeVP:

Wenns die Sanktionen nicht gegeben haette...

...haette man sie erfinden muessen

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Welche gemeinsame Meinung haben der Schriftsteller Josef
Haslinger, der Philosoph Rudolf Burger und der Historiker Gerald
Stourzh mit einem betraechtlichen Teil der Polit-Szenen? Sie sind
sich einig in der Erklaerung, die EU-Sanktionen waeren verfehlt
gewesen. Haider waere noch antisemitischer, der Wiener Wahlkampf
noch rassistischer. Laut Burger habe ein verstaerktes Oesterreich-
Bewusztsein Platz gegriffen, das sich in der zunehmenden Ablehnung
gegenueber den und dem Deutschen manifestiere, da die BRD die
Sanktionen mitgetragen habe. Letzterer Punkt laeszt sich sicher
auch durch die Kompensation hierzulande herrschender kollektiver
Selbstbewusztseinsmaengel erklaeren. Die EU-Sanktionen generell
als verfehlt zu bezeichnen, duerfte hingegen zu kurz greifen.

In diesen und aehnlich gelagerten Diskussionen wird ueberraschend
pragmatisch und unethisch argumentiert. Pragmatik dahingegen, als
die Analysen sich nicht mehr um die Wertung eines Verfahrens an
sich kuemmern, sondern nur die vermeintlich ueberall
festzustellenden Folgewirkungen als Beobachtungsziel haben.
Gestattet sei dazu ein etwas banaler, aber leicht einzusehender
Vergleich: Ein aufmerksamer Badegast ertrinkt beim Versuch, einen
anderen Badenden vor dem Untergehen zu retten. Umherstehende
bewerten unmittelbar nachher die tragische Situation einzig und
allein mit den Worten: "Unnoetig, haett` er nicht machen sollen."
Es gibt einfach Handlungsablaeufe, die serioes nur im vollen
Intervall von Ursache, Anlasz, Abfolge und Wirkung begriffen
werden koennen. Die EU-Sanktionen gehoeren sicher dazu.

Ungeachtet der unterschiedlichsten Motive und der rechtlichen
Grundlagen waren die EU-Sanktionen nicht nur aus linker Sicht
zweifellos zu Recht in Kraft getreten. Eine rechtspopulistische
Partei mit rechtsextremen Agitationsformen und dementsprechenden
Sympathisantenszenen sollte an der Regierungsbeteilung in einem
Mitgliedsstaat verhindert werden. Der in diese Richtung
tendierenden Waehlerschaft der FP wurde damit hoechst
institutionell und elitaer der Stinkefinger gezeigt, der Koalition
auch. Ist schon einmal prinzipiell als hoechst begrueszenswert
einzustufen. Aber, einmal abgesehen von dem berechtigten Einleiten
der Sanktionen duerften diese doch etwas umfangreichere
Folgewirkungen gezeigt haben, als sie durch bloszes "Deutsche-
Hassen" belegt werden koennten.

Vereinbart auf nationalen Ebenen, war mittels der
Sanktionsverhaengung zweifellos eine Politisierung von EU-Organen
eingetreten, die sich unmittelbar in Richtung der Mitgliedsstaaten
auswirkte. Es trat eine ideologische Kommunikation im Rat und den
Gremien zutage, die die jahrzehntelange Vorherrschaft des
ausschlieszlich oekonomischen Blocks unterbrochen hatte. Ebenfalls
nicht uninteressant ist die Entwicklung der anderen politischen
Interaktionsebene - die von divergierendsten Interessen gepraegten
nationalen Einfluesse fuehren bezueglich der Sanktionen zu
verschiedensten Interpretationsmodellen. Dies bedeutet zwar noch
nicht unbedingt demokratische Musterstrukturen innerhalb der
Union, aber immerhin bahnt sich dadurch eine systemische
politische Kultur an.

In Oesterreich selbst bedeutet dies fuer diejenigen, die nicht an
der kollektiven und aeuszerst provinziellen "Wir-werden-
wiedereinmal-von-auszen-bedroht"-Seuche leiden, eine Erhoehung der
Attraktivitaet der Union. Auch - so wie ich meine - innerhalb
eines nicht zu kleinen Teils der Linken. Was sich positiv auf die
politischen Perspektiven und Visionen ebendieser Linken auswirken
duerfte. Bedingt durch die prinzipielle Anti-Haltung gegenueber
der Union hatten sich viele argumentativ bereits auf einem
bedenklich nationalen Kurs befunden. Die Beendigung der Sanktionen
fand  betrueblich unpolitisch unter unzaehligen Kompromissen
statt, fuer verfehlt wuerde ich sie keinesfalls halten. Uebrigens
hatten wir in Wien schon wesentlich ueblere Auslaender-
Wahlkaempfe. *Fritz Pletzl*

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