**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe
erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: 27. Februar 2001 - 16:57
**********************************************************

Opernball/Debatte:

>Was war los am Donnerstag?

Es gibt verschiedene Betrachtungsmoeglichkeiten der Ereignisse von
Donnerstag. Laszt mich mit einer boesen anfangen: Zwei Affenhorden
stoszen aufeineander: Schimpansen (Freizeitrevolutionaere)
versuchen wacker gegen angreifende Raubtiere anzukaempfen und
werfen unter Gekreisch mit allen moeglichen Gegenstaenden, um
gleich wieder in Deckung zu gehen. Die Gorillas (Polizei) trommeln
sich heftigst an die Brust und zeigen wer der Staerkere ist. Im
Angriff maehen sie die Baeume (DemonstrantInnen) nieder, die den
Schimpansen Schutz bieten. Drastisch so ein Vergleich, ich gebs ja
zu.

Doch schauen wir uns das genauer an: Der revolutionaere
Kindergarten wurde ja auch von der angreifenden Polizei
unterstuetzt, naemlich erstens dadurch, dasz Verhaltensweisen
gesetzt wurden, bei denen selbst ohne Psychologiestudium nur den
duemmsten Polizisten nicht klar sein konnte, dasz sie zu solchen
Reaktionen fuehren, wenn sie sich z.B. wie eine Gorillahorde auf
die Brust, aeh, Schilde klopfen. Zweitens wurden die
gewalttaetigen Leute nicht verfolgt - sie wurden als Vorwand
benutzt den friedlichen Teil der Demo mehr oder weniger gezielt
anzugreifen, die rennenden Flaschenwerfer lies man rennen, wohl
weil sichs in voller Montur nicht so gut laeuft.

Solch Kleingeplenkel bringt nichts auszer Verhaftete und genau das
was die Kieberei erreichen will und worauf viele leider bereits
reingefallen sind: zu einer Entsolidarisierung der
RegierungskritikerInnen! Und das, wo ich mir sicher bin, dasz ein
groszer Teil der Festgenommenen - wenn nicht alle - genauso
unschuldig zum Handkusz gekommen sind wie die Person im unten
geschilderten Vorfall.

In Wirklichkeit haben also nicht nur die Pseudorevolutionaere
(echte wuerden, auch wenn sie sich fuer den Kampf als Mittel
entscheiden, ein bisserl denken und sich nicht instrumentalisieren
lassen) die Demo fuer sich instrumentalisiert, sondern die Polizei
resp. Regierung die Pseudorevolutionaere fuer sich.
Neben mir sprach ein Demonstrant, wie mal wieder ein
Altglaskontainer als Munitionsnachschub auf die Strasze rollte:
"Wahrscheinlich is der eine ein Zivilbulle und der andere ein
Trottel." Einige dieser Zivilbullen wurden beim Ueberfall aufs EKH
wiedererkannt, die Vermutung also bestaetigt. Was die Trotteln
betrifft: Auch hier will die Rosa Antifa Rapid-Hooligans erkannt
haben. Ich bin mir aber sicher, dasz ein kleinerer oder auch
groeszerer Teil der gewalttaetigen Menschen auf "unserer" Seite
auch aus der linken Szene stammen.

Einer anderen Betrachungsweise folgend musz mensch aber auch
sagen: Die Schwere der Zusammenstoesze mag ein Masz fuer die
Unertraeglichkeit der Regierung sein. Somit ist genau der von
RegierungskritikerInnen prophezeihte Unfrieden eingetreten.

Ein Uebergriff

Von den viele Uebergriffen der Polizei habe ich persoenlich nur
einen erlebt, er sei hier exemplarisch geschildert: Bei der
Sezession wurde ein bunt verkleideter Langhaariger der naiv-
deeskalierend aufzutreten versuchenden Pazifistentruppe von ca. 5
Beamten vor meiner Nase niedergeknueppelt, obwohl er schon sich
defensiv einringelnd auf dem Boden lag. Dann hat ihn ein Beamter
vom Boden hochgerissen und ist dem humpelnden mit erhobenen
Knueppel nachgegangen, zum Schlusz schon gelaufen und hat mehrfach
geschrien: "Vorwaerts, schneller, sonst derschlag i di!" Bis der
"Beamtshandelte" endlich vor die Schilderreihe kam - sie haben ihn
immerhin anstandslos durchgelassen - ist er halb heulend einer
Freundin in die Arme gefallen, hat noch ein "i verklag euch alle"
zurueckgerufen - tosendes Gelaechter - und wurde von Freundin und
einem Freund fortgeschleift. Ich hab's wohl nur deshalb gut
ueberstanden, weil ich frisch gekampelt mit Ledersakko und Kamera
einen offizielleren Eindruck gemacht hab. Aber mein
Photographierversuch wurde auch mit Kamera-aus-der-Hand-schlagen,
einem Stosz mit dem Knueppel in die Nieren und mein Hinweis "sie
behindern die freie Pressearbeit" mit einem nicht allzu kraeftigen
warnenden Schlag mit dem Knie in die Eier quittiert. Schlieszlich
wurde ich aber freundlicher vorangetrieben als mein ungluecklicher
Nachbar, ich hatte nur dauernd einen leichten Druck von der
Knueppelspitze in der Nierengegend, aber immerhin meine
persoenliche Betreuung. *Gregor Dietrich*
 

> Denunziantenstadl

Bei der Kundgebung am Samstag, den 24. 2., fuer die Freilassung
der anlaesslich des Opernballs Verhafteten wurde ein Flugblatt
verteilt, in dem es unter anderem, die "Opernballdemo" betreffend,
heiszt: "Es befanden sich vermummte PolizistInnen in der Demo, die
DemonstrantInnen zu Gewalttaten aufforderten und (nach
Augenzeugenberichten) auch selbst gegen ihre eigenen KollegInnen
gewalttaetig wurden."

Und: "Auf Grund der Vorfaelle bei der Opernballdemo werden wir
diesmal ZivilpolizistInnen in der Demo nicht akzeptieren. Wenn Ihr
PolizistInnen erkennt (vermummt oder unvermummt), teilt dies bitte
sofort den OrdnerInnen oder der Demoleitung mit."
Andererseits heiszt es, fettgedruckt: "Solidaritaet ist gerade
jetzt notwendiger denn je! Lassen wir uns nicht spalten!" Ich
finde, das widerspricht sich: Einerseits soll ich solidarisch sein
und andererseits soll ich die neben mir Demonstrierenden
verdaechtigen, Polizist-inn-en zu sein und sie denunzieren. (Ich
erkenne Polizist-inn-en im Dienst nur an ihrer Uniform, und in
Zivil, privat, haben sie das Recht zu demonstrieren.) Ich bin fuer
Spaltung. Ich bin dafuer, einander pruegelnde Polizist-inn-en
einander pruegeln zu lassen und weiterzugehen. *Liesl Fritsch*

**********************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1010 wien, wipplingerstrasze 23/20
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin